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Dresden

1813.

Folge mir, liebliche Braut, auf den Schwingen des Lieds in die Heimath,
      Zu der verwandten Stadt führt Dich berauscht mein Gesang.
Lächelnd entfalte die Flur die vaterländischen Blüthen,
      Lächelnd auch breite vor Dir Leben und Lieben sich aus.
Hab' ich, die Heimath geschmäht, vergieb's dem inneren Grimme,
Das fatale Gesicht regte die Galle mir auf. –
Ach, das Herz war so voll, so glühend in Lieb' und Begeisterung,
      Wie ein gefrorner Blitz schlug die Erbärmlichkeit drein.
Sieh, da trieb mich die heimliche Wuth zur beißenden Rede,
      Und der giftige Groll warf mir die Galle hinein. –
Nein, Geliebte, so arg mein' ich's nicht mit dem heimischen Lande,
      Und ich ehre mein Volk, wie es sich selber geehrt. –
Freilich die Zeiten sind schwer, es ächzt unter fremden Tyrannen,
      Und das geduldige Land scheut die verwegene That.
Aber Männer giebt's doch und Herzen giebt's noch in Sachsen,
      Wo das deutsche Blut ehrlich und wacker sich regt.
Nicht die Heinriche brauchen sich, die Ottonen zu schämen,
      Luther und Moritz nicht und all' die Helden des Lieds.
Wol geschwächt ist das Volk; doch der Sachse ist nimmer entartet,
      Und der geerbte Ruhm soll ein errungener sein,
Wenn es der Freiheit gilt, wenn der Tag der Rache gekommen,
      Und das fränkische Blut sühnend die Elbe gefärbt.
Karl den Großen bestand mein Volk, den Weltenbezwinger,
      Sein allmächtig Gebot brach an der männlichen Kraft;
Noch bei Detmold schlugen sie gut; da tagte der Glaube,
Und was das Schwert nicht besiegt, sieh, das erwarb sich das Kreuz.
Odin stürzte herab, und Wodan wurde zertrümmert,
      Und an Kaiser und gleich knüpfte der Glaube das Volk. –
Wol mit Recht wird Dein Land das männerstolze gescholten,
      Helden und Herrscher viel hat es ins Leben geführt;
Aber auch Sachsen ist gut und nennt gepriesene Namen,
      Und das verwandte Volk grüßt Dich mit deutschem Gesang.
Doch was kümmert die Liebe sich um der Vergangenheit Stimme;
      Oft, was die Liebe zertrat, hat die Geschichte erhöht.
Anders will ich Dich preisen, Du heimisches Land meiner Väter,
      Daß der Geliebten Herz froher entgegen Dir schlägt. –
Folge mir jetzt in mein Thal. – In langen silbernen Kreisen
      Wälzt die Elbe den Strom weit aus Bohemien her.
Siehst Du die Riesen dort am Eingang? im Nebel der Lüfte
      Heben sie drohend das Haupt über die blühende Flur.
Fest geschlossen erblickst Du das Thal, es hat nur der Strom sich
      Kühn durch die Mauer gewühlt, die ihm entgegen sich thürmt.
Aber friedlicher ziehn sich die sanftern Gehänge des Thales,
      Reich mit Dörfern besät, dort an den Felsen herab;
Einzelne Villen erblickst Du, es gleiten zierliche Gondeln,
      Bunt mit Wimpeln geschmückt, über den ruhigen Strom.
Pirna liegt Dir zur Linken, das muntre, lebendige Städtchen,
      Und der Sonnenstein prangt hell noch im Scheiden des Tags.
Aber sieh gegenüber! – Erkennst Dn die heitern Gebäude
       Nah an der Elbe Strand? – Pillnitz, so nennt sich der Ort.
Freundlich hat sich der König den freundlichen Garten erzogen,
      Und von dem Borsberg herab schweift in die Ferne der Blick.
Aber nun folge mir weiter hinab an den blühenden Ufern,
      Durch Weingärten dahin, längs an den Villen vorbei.
Näher und immer näher erscheinen die Thürme der Hauptstadt,
      Viere zählst Du, es hebt stolz sich die Kuppel empor.
Doch wir hemmen den Schritt. – »Was schimmert so weiß durch die Pappeln?
      »Reben schmücken den Berg, Lindenduft flüstert mir zu!« –
Also fragst Du, Geliebte; da reiß' ich ans glühende Herz Dich,
      Küsse das liebliche Wort Dir von den Lippen hinweg.
Sieh! meinem Vater gehört's und Dir und mir; manche Stunde
      Hab' ich da fröhlich verlebt, hab' ich da muthig verpraßt.
Aber nun kommen die schönsten! – Da soll uns der Frühling begrüßen,
      Und in das niedrige Dach wandern die Götter mit ein.
Und wir steigen die Treppen hinauf, durch alle Gemächer
      Führ' ich mein glückliches Weib, zeige Dir jeglichen Platz,
Mir aus der Kindheit noch, aus der fröhlichen, wichtig geblieben,
      Wo der »Carlos« entstand, wo uns der Sänger Schiller. verließ. –
Endlich brechen wir auf, uns erwartet die lustige Gondel,
      Und im lieblichen Tanz tragen die Wellen das Schiff.
Lauschend sitzen wir Beide, die Arme liebend umschlungen,
      Horchen der Ruderer Schlag, sehen das scheidende Licht
Flimmernd im Spiegel der Fluth, und liebe Erinnrung erwacht uns,
      Wie wir das jetzige Glück nur in der Zukunft geträumt. –
Sieh, da wendet das Schiff sich um die Ecke des Ufers,
      Und nun liegt sie vor Dir, sie, meine heimische Stadt.
Ha, wie die Brücke sich stolz aus den schimmernden Wellen emporhebt,
      Wie die verwegene Kunst Bogen an Bogen gereiht!
Beide Städte erkennst Du, die Altstadt hier, dort die Neustadt,
      Und der entferntere Thurm zeigt Dir die Friedrichstadt an.
»Schiffer, Du hältst am Brühl'schen Garten!« – so ruf' ich; das Steuer
      Lenkt den schaukelnden Kahn schnell an den wimmelnden Strand.
Freudig trag' ich Dich aus der Gondel, und glühende Küsse
      Flüstern: »Willkommen, mein Weib, hier in der heimischen Stadt!«
Freudig fliegen wir jetzt durch die Gassen, schnell über den Neumarkt
      Trägt uns der rasche Fuß. Siehst Du das Haus dort am Eck?
Siehst Du die Köpfe dort, die aus dem Fenster sich neigen? –
      Ja! sie schauen nach uns; siehe, dort ist unsre Welt.
Und die Liebe giebt Flügel, wir springen ins Haus, auf der Treppe
Holt die jubelnde Schaar ihre Geliebten sich ein.
Erst fällst Du an des Vaters Brust, dann umarmt Dich die Mutter,
      Und ihre segnende Hand liegt auf dem glücklichen Paar. –
Seligkeit, wo verweilst Du? noch zwei, zwei traurige Jahre!
      Aber dann sind wir am Ziel. – Wol, ich ertrag' es mit Muth.
Wer sich das Göttliche will und das Höchste im Leben erfechten,
      Scheue nicht Arbeit und Kampf, wage sich kühn in den Sturm.
Nur ungewöhnliche Kraft darf nach Ungewöhnlichem streben,
      Und der Aleide allein hat um die Hebe gefreit.


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