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An die Geliebte

1812.

Heil'ger Frieden liegt in klaren Tönen
Aus der eingeschlummerten Natur,
Und des Mondes sanfte Schimmer krönen
Dort den Wald mit seinen dunklen Söhnen,
      Dort den Berg und dort die Wiesenflur.

Und ich bade mir im Windeshauche
      Meine heiße, wildbewegte Brust.
Wie ich da mich in Erinnrung tauche,
Drängen sich ins klare Seelenauge
      Alle Bilder sel'ger Liebeslust.

Wie Du mir zum ersten Mal erschienen,
      Ach, ich seh' Dich jetzt noch vor mir stehn,
Wie Du mir mit diesen Engelsmienen
Wie aus ferner Himmelswelt erschienen;
      Mädchen, Du warst gar zu wunderschön!

Wie ich dann ein still unendlich Lieben
      In der treuen Dichterbrust empfand,
Und zuletzt, von heißer Gluth getrieben,
Dir den ersten, ersten Brief geschrieben
      Und verwegen mein Gefühl gestand.

Seligkeit, nun drangen Deine Keime
      Ihre Blüthen in die volle Brust,
Lebenswarm in heitre Sonnenräume
Jubeln die entzückten Frühlingsträume
      Die Verklärung ihrer heil'gen Lust.

Denn ich sehe mich auf meinen Knien
      Liegend vor dem heiligen Altar,
Sehe Seelen in einander sprühen,
Kuß auf Kuß und Wang' an Wange glühen,
      Gottes Frieden und ein selig Paar.

Strahlenjubel leuchtet aus den Blicken,
      Der sich klar durch Nacht und Nebel webt; –
Dich ans treue, warme Herz zu drücken,
Nenne mir, Geliebte, das Entzücken,
      Das durch alle Nervenzweige bebt!

Nenne mir der Seele Wunderbeben;
      Ich bin mild und ungestüm zugleich,
Fühle sanften Frieden mich umschweben,
Und bin doch dem Sturme hingegeben,
      Bin trotz meiner Felsenkühnheit weich.

Und ich suche – – aber schweigt, Ihr Träume!
      Seht Ihr's nicht, wie's dort in Osten graut?
Liederfrühling, schließe Deine Keime,
Bis ich neu in frischen Wellen schäume.
      Gute Nacht, Du meine süße Braut!


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