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Im Prater

Es keimen die Blüthen, es knospen die Bäume,
Der Frühling bringt seine goldenen Träume,
Ein lauer Wind weht freundlich mich an,
Die Felder sind bräutlich angethan.

Dort unten flüstern die Wellen vorüber,
Zu duftigen Bergen schau' ich hinüber,
Die Vögelein singen und fliegen vorbei
Und lispeln von Sehnsucht, von Liebe und Mai.

Und jetzt erklärt sich das heimliche Beben,
Jetzt ahn' ich erst, Frühling, Dein Wirken und Weben,
Jetzt weiß ich erst, was die Nachtigall singt,
Was die Rose duftet, die Welle klingt.

Denn auch in mir ist's Frühling geworden,
Es schwelgt die Seele in Blüthenakkorden;
Der Sehnsucht Stimme, der Liebe Drang
Klingt Wellengeflüster und Lerchengesang.

Und freundlich, wie die heiligen Strahlen
Der Sonne den lieblichen Tempel malen,
so steht meine Liebe mir immer fern
Und glüht in der Seele, ein günstiger Stern.

Und jeder geschlossene Kelch meines Lebens,
Und jede Knospe des freudigen Strebens
Wird von dem Sterne zur Blüthe geküßt,
Ein Hauch, der das Todte erwecken müßt'.

Und alle Blumen, die in mir keimen,
Und alle Strahlen aus meinen Träumen
Bänd' ich gern in einen Strauß,
Der spreche mein Leben, mein Sehnen aus!

Mein Lieben, mein glühend unendliches Lieben,
Wo ist all das andere Treiben geblieben?
Versunken in Sehnsucht nach Deinem Licht,
In den einen Wunsch, der für alle spricht.

Und Du lächelst mild dem Freunde entgegen
Und pflegest die Blumen auf seinen Wegen.
O, was hat der Himmel für Seligkeit
In das kalte nüchterne Leben gestreut!

Drum mag der Herbst in den Blättern säuseln,
Der Winter die silbernen Flocken kräuseln,
Die Lerche schweigen, die Schwalbe ziehn;
In meinem Frühling bleibt's ewig grün!


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