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Neunundneunzigstes Capitel.
Von dem mannhaften Kampfe Christi und seinem Siege.

Einst war ein König Cäsar, in dessen Reiche ein edelmüthiger und tapferer Ritter lebte, welcher einstmals durch einen Wald ritt und eine Kröte mit einer Schlange kämpfen sah: die Kröte aber war stärker und besiegte die Schlange. Wie das der Ritter sah, half er der Schlange und verwundete die Kröte sehr schwer, diese aber entrann und begab sich auf die Flucht, indessen der Ritter von derselben selbst eine tiefe Wunde erhalten hatte. Wie das der Ritter gewahr wurde, stieg er vom Pferde, allein das Krötengift blieb in der Wunde: er begab sich hierauf nach Hause und blieb lange krank an dieser Wunde, machte sein Testament und bereitete sich zum Tode. Wie er aber einstmals am Feuer lag und gleichsam schon an seinem Wiederaufkommen verzweifelte, kam auf einmal die Schlange, welche er vom Tode gerettet hatte, herein und seine Diener sprachen, als sie die Schlange erblickten: Herr, eine Schlange ist hereingekrochen. Wie sie aber der Ritter ansah, erkannte er, daß es die Schlange war, für deren Beschützung er seine Wunde und alle seine Uebel bekommen hatte. Der Ritter sprach also: wollet sie nicht hindern, sie wird mir, wie ich meine, nichts Böses zufügen. Demnach kam die Schlange vor den Augen Aller auf ihn zu und saugte mit ihrer Zunge das Gift aus der Wunde, bis sie das ganze Maul voll hatte. Alsbald eilte sie zum Hause hinaus und gab das Gift wieder von sich: hierauf kehrte sie zurück und kam zum andern Male zu ihm, und so zwei und drei Mal, bis sie das ganze Gift aus ihm gesogen hatte. Als das geschehen war, gab der Ritter der Schlange Milch zu trinken, und als sie getrunken hatte, da kam die Kröte, von welcher der Ritter seine Wunden empfangen hatte, herein und fing an mit der Schlange zu kämpfen, wie wenn sie sich dafür rächen wollte, daß die Schlange den Ritter geheilt hatte. Wie aber der Ritter dieses sah. sprach er zu seinen Dienern: Ihr Lieben, ohne Zweifel ist das die Kröte, welche ich bei der Vertheidigung jener Schlange verwundet habe und von der alle meine Leiden herrühren. Wenn diese die Schlange besiegt, wird sie mich anfallen, und so Ihr also mein Leben lieb habt, müßt ihr sie auf der Stelle umbringen. Wie das die Diener hörten, tödteten sie sie mit Schwertern und Stöcken, die Schlange aber, als wollte sie ihre Zufriedenheit und Dank darüber zu erkennen geben, wand sich um die Füße des Herrn und kroch alsdann hinaus, der Ritter aber erlangte seine Gesundheit vollkommen wieder.


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