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Einundsiebenzigstes Capitel.
Von der Vergeltung der ewigen Heimath.

Es gab einst einen König, der ein großes Gastmahl hatte zurichten lassen: dann ließ er durch sein ganzes Reich Herolde ziehen, die mußten das Gastmahl laut ausrufen: daß Alle, von welchem Stande sie auch wären, zu demselben kommen könnten und nicht nur ein gutes Mahl finden sollten, sondern auch unendliche Schätze bekommen würden. Wie nun die Herolde durch die Länder und Schlösser zogen, um das Gebot des Königs zu verkünden, da waren damals zwei Männer in einer Stadt: von diesen war der eine stark und kräftig, aber blind, der andere aber lahm und schwächlich, konnte aber sehr gut sehen. Hierauf sprach der Blinde zu dem Lahmen: mein Lieber, weh uns Beiden, es ist im ganzen Lande verkündigt worden, daß der König zu der und der Zeit ein treffliches Gastmahl anstellen will, bei welchem nicht blos ein Jeder Speisen nach seinem Gelüste empfangen, sondern auch große Reichthümer erhalten soll. Du aber bist lahm, ich aber blind: folglich können wir nicht mit zu dem Schmause kommen. Darauf entgegnete der Lahme: wenn Du meinem Rathe folgen willst, werden wir Beide dahin kommen und Schätze und Schmaus wie alle Andere haben. Darauf erwiederte der Blinde: ich bin bereit jedweden Rath, welcher uns nützlich ist, zu erfüllen. Da sprach der Lahme: Du bist stark und kräftig am Körper, ich aber bin schwächlich und lahm: also wirst Du mich auf Deinem Rücken tragen, ich aber will Dich auf dem Wege leiten, weil ich ganz deutlich sehen kann, und so werden wir Beide zum Schmause kommen und unsern Lohn, wie die Andern bekommen. Darauf entgegnete der Blinde: Amen, ich sage Dir, Dein Rath ist gut, steige alsogleich auf meinen Rücken. Und also geschah es, der Lahme zeigte dem Andern den Weg und dieser trug ihn, und so kamen Beide zum Mahle und bekamen unter den Andern die versprochenen Schätze.


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