Johann Wilhelm Ludwig Gleim
Gedichte
Johann Wilhelm Ludwig Gleim

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An Herrn Lamprecht, und Herrn Uz

    Ich will, ich muß ein Schäfer werden,
Der Schluß ist vestgestellt.
Man findet nur bey Feld und Heerden
Das Glück der alten Welt.
Ich will den Stolz der Städte meiden
Und willig meine Lämmer weiden.

Ich kan dich ohne Gram verlaßen
Unruhiges Berlin,
Wer Lust hat, sich nicht selbst zu haßen
Wird willig mit mir ziehn.
Komt, Freunde, laßt uns Wald und Buchen
Und Ruh in freyen Feldern suchen.

Ihr müßt, ihr könnt zurücke bleiben
Die ihr die Ruhe haßt;
Und, euer Glück recht hoch zu treiben
Euch keine Ruhe laßt.
Ich will euch gern vor euer Rennen
Das Glück des Staatsministers gönnen.

Nehmt, blinde Richter, Gold und Gaben
Und bleibt nur in der Stadt
Bleibt, weil wir euch nicht nöthig haben
Wo man euch nöthig hat.
Da laßt euch vor den Diebstahl dancken
Und lehrt den Bürgern beßer zancken.

Ihr fast zu Gold gewordne Seelen,
Bleibt; seyd, und werdet reich.
Denn Schaaf und Lämmer abzuzählen
Ist keine Lust vor euch.
Wir wollen keine Schächte graben,
Und dürfen folglich euch nicht haben.

Ihr, blaße Neider, bleibt zurücke
Und waget keinen Schritt.
Jedoch, ihr gönnt uns unser Glücke
Und gehet so nicht mit.
Seht ihr uns erst auf unsern Weiden
So sollt ihr uns wohl noch beneiden.

Ruf ich die Nymphen aus den Städten
Auf unsre Schäferflur?
O Nein! sie kommen ungebeten
Auf Antrieb der Natur.
Doch manche laße sich nicht blicken
Soll man sie nicht zurücke schicken.

Aus fester und erklärter Liebe
Folgt mir kein schönes Kind.
Ich suche noch die rechten Triebe
Die kaum in Städten sind.
Die Spröden machens mir zu lange,
Und vor die andern ist mir bange.

Die Nymphen in den Schäferhütten
Sind meiner Liebe Ziel;
Ich liebe ihre stillen Sitten
Sie wißen nicht zu viel.
Wenn Nymphen das, was ich weiß, wißen
Pfleg ich von mir auf sie zu schließen.

Ihr, fromme Dichter, komt geschwinde
Und eilet mit uns fort.
Durchsucht, die undurchsuchten Gründe
Und zeichnet jeden Ort,
Wo die berühmten Schäferstunden
Schon tausenden zu schnell verschwunden.

Da suchet, euch an reinen Bächen
Den rechten Musensitz.
Da lernet, wie die Schäfer sprechen,
Da prüfet ihren Witz.
Erzählet, oder laßt es lesen,
So bald ein paar allein gewesen.

Du, Tirsis, der jezt nur von Liebe
Und seiner Doris singt.
Versuch einmahl, wie deinem Triebe
Alsdenn ein Lied gelingt,
Wenn du den West im Thale fühlest
Und da mit deiner Doris spielest.

Und du, o! Dämon, deßen Flöte
Wie Pindars Flöte spielt.
Komm mit, und werd' auch ein Poete
Der unsre Triebe fühlt.
Wir wollen in den stillen Gründen
Das Band der Freundschaft fester binden.

 


 


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