Johann Wilhelm Ludwig Gleim
Gedichte
Johann Wilhelm Ludwig Gleim

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Die Liebesgötter.

Nach Zappi.

              Hundert kleine Liebesgötter
Spielten einst im Rosenthal;
Einer aber fragte: »Brüder,
Fliegen wir denn nicht einmal?«

Augenblicks sah man ihn fliegen,
Wie ein Vogel flog er auf,
Flog nach Chloens Augenbrauen,
Setzte sich zurecht darauf;

Sahe sich in ihren Augen
Heller als in einem Bach;
Alle seine Brüder flogen
Wie ein Bienenschwarm ihn nach!

Auf der Stirn und auf den Lippen,
In den Augen, auf dem Haar,
Auf der kleinsten Stelle saßen
Liebesgötter, Paar bei Paar!

»Seht doch«, rief ich zu den Freunden,
»Meine liebe Chloe, seht,
Ihr Gesicht ein Thron der Götter!« –
Einer aber kam zu spät;

Suchte flatternd eine Stelle,
Fiel, als er sich Mühe gab,
Einzudringen, auf den Busen
Ueber Hals und Kopf hinab;

Raffte sich zusammen, suchte
Sich zurechte, kehrte sich
Zu den Brüdern, fragte: »Brüder,
Welcher sitzt so gut wie ich?«

 


 


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