Johann Wilhelm Ludwig Gleim
Gedichte
Johann Wilhelm Ludwig Gleim

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Auf eine schwarze Lerche

1744

        Lerche! mit dem schwarzen Kopfe,
Mit dem glänzend schwarzen Schnabel,
Sage! bist du nicht ein Hähnchen?
Deine freie Vogelmine
Ist so männlich, wie die meine,
Und deshalb lobt dich mein Mädchen.
Sage! hast du denn kein Weibgen?
Sind dir keine Kinder ähnlich?
Oder, hast du keine Schwestern?
Wo sind deine Anverwandten?
Gleicht dein Vater dir an Farbe?
Oder, was hat ihn bewogen,
Daß er dich so schwarz gefärbet;
Denn es gleicht dir ja kein Bruder.
Vogel! schaffe mir geschwinde
Junge Lerchen, die dir gleichen;
Ja! du mußt dich gleich verlieben.
Sieh! hier ist vor dich ein Weibgen.
Sieh! mein Mädchen soll dirs geben
Nimms und schaffe mir Brünetten.
Ich will sehn, ob deine Brüder
Ebenfalls Brünetten lieben.
Mädchen sieh! er wird sich paaren,
Mädchen sieh! er ist kein Hähnchen.
Sieh! wie artig kann man irren!
Ist dein Weibgen doch ein Hähnchen.
Gleicht dir doch mein Frülingsbote,
An Geschlecht, und Lust, und Farbe
Wie er mir an Freiheit gleichet.
Da! ich schenk ihn dir, den Vogel,
Unvergleichliche Brünette!
Lieb' ihn, denn er ist dir ähnlich.
Doris! ja, du kanst ja malen,
Hurtig male mir den Vogel,
Mal' ihn zwischen andre Lerchen,
Daß man sieht, wie er sich paaret.

 


 


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