Johann Wilhelm Ludwig Gleim
Gedichte
Johann Wilhelm Ludwig Gleim

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Frühlings-Lied,

Nach einem strengen Winter

1772

            Da sind ja meine lieben Störche
Schon wieder hier!
Da singt ja meine liebe Lerche
Schon wieder mir!

Mir, und dem Himmel, der so linde
Geworden ist;
Du Winter, daß du so geschwinde
Geflohen bist!

Wer, so wie du, das Scepter führet,
Den siehet man
Sehr gerne fliehn! Du hast regieret
Wie ein Tyrann!

Lenz aber hat dein Eis gebrochen,
Westwinde wehn!
Nun solls mit ausgeruhten Knochen
Zur Arbeit gehn!

Die Jungen sollen mit den Alten
Sich ihrer freun;
Scharf Eisen soll die Erde spalten,
Saat soll hinein.

GOtt wird im Schooß der Erd' ihr Leben,
Uns aber Brod,
Und in dem Brodte Leben geben,
Durch ihren Tod!

So lebt und stirbt, von uns gesäet,
Graß, Blume, Laub!
Allein in GOttes Hand verwehet
Kein Sonnenstaub!

Und wer des Samens eine Menge
Gestreuet hat,
Dem singen Geister Lobgesänge
In GOttes Stadt;

Der hat Verdienste: Wiesen grünen
Durch seinen Fleiß;
Kleeblumen blühen seinen Bienen,
Durch seinen Schweiß!

Durch seine Sorge ward die Heerde
Gesätigter!
Durch seinen Kummer ward die Erde
Lebendiger!

Darum, was Hände kann bewegen,
Aufs Feld hinaus!
Hinaus, die Hand' ans Werk zu legen,
Hinaus! Hinaus!

Es ist, zum Ziel es hinzubringen,
Noch viel zu thun;
Wir wollen bey der Arbeit singen,
Und wenn wir ruhn!

 


 


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