Johann Wilhelm Ludwig Gleim
Gedichte
Johann Wilhelm Ludwig Gleim

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An den Herrn von Böhme
General in Paragey

          Das beste Mädchen ist mir hold,
Und meine Treu ist ächt;
Viel Tugend hats und wenig Gold,
Und das ist mir schon recht!

Was es, auf Munterkeit und Witz
Herausgefodert, spricht;
Das ist, wie eine Nadel, spitz,
Verwundet aber nicht!

Gleich einer kleinen Schlange schleicht
Sein Spottgemischter Scherz,
Wie eine Pflaumenfeder leicht,
Sich ein, in jedes Herz!

O welch' ein Mädchen! Solcher drey!
Zwar eine kleine Zahl;
Von Deutschland, bis in Paragey,
Find' aber sie einmal!

Wie's hören, wie's empfinden kann,
Kann's warlich kein Poet!
Und lesen kann's, wie Winkelmann,
Der's Lesen gut versteht!

Im Wieland liest, im Uz, im Gleim,
Im Kleist! im Klopstock auch;
Liests aber alles im Geheim
Von einem Brombeerstrauch!

Da sitzt's und liest, und horcht, und hört
Gedanken, sitzt, und liest,
Liest ihren Dichter, ungestört,
Und schön, und ungeküßt!

Und rauscht ein Blat, denn sieht sichs um,
Sitzt sittsam, weis von nichts,
Spricht wenig, scheint gewaltig dumm,
Und nur von Moden sprichts!

Ich aber, ihr geheimer Rath,
Und ihr geheimster wohl,
Komm ich, und treff 's auf frischer That
Bey Musen und Apoll;

Dann wird in stiller Einsamkeit
Gelesen und geküßt;
Doch, alles mit Bescheidenheit,
Bis ausgelesen ist!

Gebunden wird ein Blumenstrauß,
Und dann, und dann so springt
Der Herr geheime Rath nach Hauß,
Denkt's alles nach, und singt:

Das beste Mädchen ist mir hold,
Und meine Treu ist ächt;
Viel Tugend hat's, und wenig Gold,
Und das ist mir schon recht!

 


 


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