Johann Wilhelm Ludwig Gleim
Gedichte
Johann Wilhelm Ludwig Gleim

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Ueber Gottes Allgegenwart

            Du bist es! Ja, du bist,
Allgegenwärtiger,
Du bist es! Dort und hier,
Und hier, und überall,
Du Grosser, wandelst du!
Du wandelst, Heiliger!

Hier steht ein Veilchen, hier!
Und eine Sonne dort;
Und dort und hier bist du!

Du bist im Hauch, im Sturm,
In Licht, in Finsterniß!

In Licht und Finsterniß,
Du Grosser, wandelst du!
Du wandelst, Heiliger,
Auf einem Sonnenstaub,
Und einer Welt! Du bist
Allgegenwärtig hier
In diesem Blumenthal,
Und hörst mein schwaches Lied,
Und hörst, Allmächtiger,
Am Fusse deines Throns
Eloa's Harfenklang;
Eloa's! – Steig hinauf,
Gedanke, steig zu Gott,
Zu deinem Gott hinauf!

Der du Eloa's Gott,
Und meiner bist, du hörst,
Du hörest ihn, und mich,
Und diese Lerche, die
Zu deinem Himmel steigt,
Und diese Biene, die
Auf deine Rose sich
Sanftsummend nieder läßt.

Ach, wenn du denn mich hörst,
Allgegenwärtiger,
Ach, so erhöre mich,
Erhöre mich, und gieb,
Daß deine Gegenwart
In meinem Leben stets
Vor meinem Auge sey,
Daß ich geflissentlich,
Das alles, was gedacht
In meiner Seele wird,
So denk, als denk ich es
In deiner Gegenwart,
Und alles, was ich thu,
So thu, als thu ich es
In deiner Gegenwart;
Damit, Allmächtiger,
Wenn deine Geisterwelt
Vor ihrem Richter steht,
Und dann Eloa mich
Betrachtet, ich vor ihm,
Und seinem Blick in Nacht
Nicht schwinden darf; und nicht
Entfliehen darf vor dir,
Allgegenwärtiger,
In eine Felsenkluft!

 


 


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