Henry Fielding
Die Geschichte des Tom Jones / Theil I
Henry Fielding

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Erstes Kapitel.

Drei Seiten Papier.

Wie die Wahrheit unsere Schriften von jenen albernen Romanen unterscheidet, die voll von Ungeheuern sind, den Schöpfungen nicht der Natur, sondern zerrütteten Hirns, die sich, wie mancher Kritiker schon behauptet hat, nur als Maculatur empfehlen lassen, so möchten wir auf der andern Seite auch jede Aehnlichkeit mit jener Art von Geschichte vermeiden, die, wie ein berühmter Dichter sagt, sich nur neben einem Kruge Bier lesen läßt. Denn, da dies das Getränk der neuen Schriftsteller, ja vielleicht ihre Muse ist, weil das Bier nach Butler Begeisterung geben soll, so muß es auch das Getränk ihrer Leser sein, weil jedes Buch in demselben Geiste und in derselben Art gelesen werden muß, wie es geschrieben wurde. So sagte der berühmte Verfasser von Hurlo Chrumbo zu einem gelehrten Bischofe, derselbe könne die Vortrefflichkeit des Stückes nicht fühlen, weil er es nicht mit einer Geige in der Hand gelesen, während er selbst, der Dichter, ein solches Instrument bei dem Schreiben stets in der Hand gehabt habe.

139 Damit unser Werk also nicht in die Gefahr gerathe, mit den Arbeiten solcher Schriftsteller verglichen zu werden, haben wir jede Gelegenheit benutzt, das Ganze mit Gleichnissen, Schilderungen und anderm poetischen Schmucke zu durchflechten. Diese sollen nämlich die Stelle des Bieres vertreten und den Geist erfrischen, wenn ihn der Schlummer befällt, der bei einem großen Werke bisweilen den Leser, wie den Verfasser beschleicht. Ohne Unterbrechungen der Art muß die beste Erzählung einfacher Thatsachen jeden Leser ermüden, denn nur das ewige Wachsein, das Homer allein dem Jupiter zugetheilt hat, kann es bei einer Zeitung von mehrern Bänden aushalten.

Wir überlassen es dem Leser, zu entscheiden, ob wir die verschiedenen Gelegenheiten, diese Verzierungen in unserm Werke anzubringen, zweckmäßig gewählt haben oder nicht. Gewiß wird er indeß zugeben, daß keine geeigneter sein konnte, als die gegenwärtige, wo wir eben einen bedeutenden Character auf der Bühne auftreten lassen wollen, die Heldin dieses heroischen, historischen, prosaischen Gedichtes. Wir haben es also für zweckdienlich gefunden, das Herz des Lesers für ihren Empfang vorzubereiten, indem wir dasselbe mit jedem gefälligen Bilde füllen, das wir der Natur zu entlehnen vermögen. Wir können uns wegen dieses Verfahrens auch auf manche frühere Beispiele berufen. Es ist eine unsern tragischen Dichtern wohlbekannte und von ihnen häufig angewendete Kunst. Vornehme und hohe Personen kennen dieselbe ebenfalls, indem sie Diener u. s. w. vorangehen lassen, um das Volk auf ihre eigene Ankunft gewissermaßen vorzubereiten. Wir haben indeß dabei nicht die Absicht, unsern Lesern zu imponiren; wir wollen unsere Heldin blos mit der größter Feierlichkeit einführen, die wir aufzubieten vermögen. Ja wir möchten sogar aus gewissen Gründen unsern Lesern, die ein Herz 140 haben, rathen, nicht weiter zu lesen, wären wir nicht überzeugt, daß, wie liebenswürdig auch unsere Heldin erscheine, sie doch nur eine Copie nach der Natur ist und sich unter unsern schönen Landsmänninnen manche finden werden, die der Idee von weiblicher Vollkommenheit entsprechen, welche wir hier aufstellen.

Und so gehen wir ohne weitere Vorrede zu unserm nächsten Kapitel über.


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