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Aus den »Deutschen Salonliedern«.

1844.

Die ungerechten Richter.

26. Juni 1843.

Wehe dem, der eine andere Politik anerkennt als diejenige, welche die Rechtsgesetze heilig hält.
Kant, Rechtslehre S. 161.

Mel.: Sind wir vereint zur guten Stunde.

O könnten unsre Kerker sprechen,
Ihr Herrn von der Gerechtigkeit!
Da würden euere Verbrechen
Uns zeigen, wie gerecht ihr seid,
Wie ihr gefaßt von's Teufels Krallen
Euch machtet zu des Lasters Knecht
Und schnöder Willkür zu Gefallen
Vergaßet Gott und Ehr' und Recht.

Ihr habt gestempelt zum Verbrechen
Die Liebe für das Vaterland;
Ihr habt verfolgt das freie Sprechen
Und eingekerkert und verbannt.
Ihr habt gewußt in eurem Leben,
Gewußt was recht ist, wahr und gut:
Nur Gott im Himmel kann vergeben
Was ihr in seinem Namen tut.

*

Der christliche Staat.

15. Juni 1843.

Mel.: Brüder, lagert euch im Kreise.

Seht, wie schwer die Ähren schaukeln,
Wie am Baum die Äpfel gaukeln!
's wächst so viel auf Gottes Erde,
Doch für unsereinen nicht.

Vieh auf Weiden, Wild in Wäldern,
Korn und Futter auf den Feldern.

Reben an der Berge Rücken,
Gerst' und Hopfen zum Entzücken.

Fisch in Teichen, Vögel in Lüften,
Gold und Silber in den Klüften.

Wenigen gehört das Beste –
Ach, wir andern sind nur Gäste.

Nicht ein Halm, nicht eine Blume
Ward uns hier zum Eigentume.

Wird denn unser Tag nicht nahen,
Wo wir unser Teil empfahen?

Sind die Hohen und die Reichen,
Sind nicht alle unsresgleichen?

Sollen Gottes Güter werden
Nie gemeinsam hier auf Erden?
's wächst so viel auf Gottes Erde,
Nur für unsereinen nicht.

*

Das Lied vom deutschen Philister.

8. Juni 1843.

Mel.: Wohlauf, noch getrunken den funkelnden Wein.

Der deutsche Philister das bleibet der Mann,
Auf den die Regierung vertrauen noch kann,
Der passet zu ihren Beglückungsideen,
Der läßt mit sich alles gutwillig geschehn.
Juvivallera, juvivallera, juvivallerallerallera!

Befohlenermaßen ist stets er bereit,
Zu stören, zu hemmen den Fortschritt der Zeit,
Zu hassen ein jegliches freie Gemüt
Und alles was lebet, was grünet und blüht.

Sprich, deutsche Geschichte, bericht es der Welt,
Wer war doch dein größter, berühmtester Held?
Der deutsche Philister, der deutscheste Mann,
Der alles verdirbt was man Gutes begann.

Was schön und erhaben, was wahr ist und recht,
Das kann er nicht leiden, das findet er schlecht.
So ganz wie er selbst ist, so kläglich, gemein,
Hausbacken und ledern soll alles auch sein.

So lang der Philister regieret das Land,
Ist jeglicher Fortschritt daraus wie verbannt:
Denn dieses erbärmliche feige Geschlecht,
Das kennet nicht Ehre, nicht Tugend und Recht.

Du Sklav' der Gewohnheit, du Knecht der Gewalt,
O käme dein Simson, o käm' er doch bald!
Du deutscher Philister, du gräßlichste Qual,
O holte der Teufel dich endlich einmal!

Doch leider hat Belzebub keinen Geschmack
An unsern Philistern, dem lumpigen Pack,
Und wollten sie selber hinein in sein Haus,
So schmiss' er die Kerle zum Tempel hinaus.

*

Das Hohelied vom Zensor.

15. Juni 1843.

Ihr Racker, wollt ihr denn ewig leben?
Friedrich d. Große. (Preuß II, 54.)

Mel.: Seit Vater Noah in Becher goß.

Man hat besungen die ganze Welt,
Warum den Zensor noch nicht?
Er streicht ja, weil es ihm nicht gefällt,
Auf ihn ein jedes Gedicht.
Mir wurde die Preßfreiheit:
Ich singe bei aller Zensur und den Strafen der Polizei
Ganz frank und frei
Von nun bis in Ewigkeit.

Und ist der Zensor Geheimerat
Und steht er hoch oben an,
Er ist und bleibet in Kirch' und Staat
Der allergefährlichste Mann.
Ihr wißt nicht, was Zensor heißt!
Das heißt ein Gedankenverderber und Mörder und Schinderknecht,
Der widers Recht
Tot quält den lebendigen Geist.

Und wäre gewesen auf Erden schon
Zu Christi Zeiten Zensur,
Wir hätten alle von Gottes Sohn
Nicht eine einzige Spur.
Es hätte ganz sicherlich
Der Zensor gestrichen Gott Vater und Sohn und den heil'gen Geist,
Was christlich heißt,
Gestrichen mit einem Strich.

Und wäre gewesen auf Erden schon
Zu Luthers Zeiten Zensur,
Wir hätten von der Reformation
Nicht eine einzige Spur.
Es hätte zu guter Letzt
Ein päpstlicher Zensor gestrichen nicht nur das was Luthrisch war,
Die Bibel sogar
Weil Luther sie übersetzt.

Jetzt wisset ihr was ein Zensor ist
Und was Zensoren so tun,
Und weil ihr jetzo denn beides wißt,
Fragt ihr: Was machen wir nun?
Das wird euch jetzt deduziert!
Frisch! macht die Zensur und Zensoren mit jeglichem Hohn und Spott,
Juchhe! kapott,
Daß keines mehr existiert!

Und wenn ein Zensor mal denkt ans Frein,
So macht's das Mädel ganz recht,
Wenn's spricht zu ihm: Ei, was fällt dir ein?
Ein Zensor ist mir zu schlecht!
Du treibest Gedankenmord,
Und weil mir nach Gottes Geboten der Mörder verhasset ist
Zu jeder Frist,
Drum, Mörder, packe dich fort!

Und wenn ein Zensor ins Wirtshaus tritt,
Und fordert rheinischen Wein,
So sage der Wirt ihm: Den hab' ich nit!
Und schenke Krätzer ihm ein.
Der edlere Wein hat Geist:
Erführ' es der Zensor, so würde der Geist doch in jedem Wein
Nicht sicher sein
Vor dem was Zensieren heißt.

Und wenn ein Zensor euch kommt ins Haus,
So habt Erbarmen nur nicht,
So weist den Lumpen zur Tür hinaus,
Hinaus den elenden Wicht!
Und jeglicher sprech' es aus:
Wir dulden in keiner Gesellschaft im Lande die Kerle mehr,
Bei meiner Ehr'!
Es darf mir kein Zensor ins Haus!

Das Lied das soll nun gesungen sein
So lang Zensoren noch sind.
Heil jedem, welcher bei Bier und Wein
Dies Lied herzinnig beginnt!
Dem Zensor verdorre die Hand!
Es grün' und es blüh' in dem heimischen Boden die Preßfreiheit
Auf ewige Zeit!
Hoch lebe das Vaterland!

*


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