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Des fahrenden Schülers Lieben und Leiden.

(1824.)

Ich bin ein vielgewanderter Mann,
Ich habe gelernt, was man lernen kann,
Kann zaubern, bannen, beschwören,
Ich kann mit verbundenen Augen sehn,
Kann über glühende Kohlen gehn –
Nun muß mich ein Mädel betören!

Mein Mädel trägt ein lündisches Kleid,
Zwei bunte Zöpfchen auf jeder Seit',
Am Halse drei goldene Spangen.
Wie blicket das Auge so hin und her?
Ei Mädel, du fängst mich wahrlich nicht mehr –
Du hast mich ja schon gefangen.

Ich glaubte doch wahrlich hell und klar,
Ich wär' euch allen ein weiser Scholar,
Könnt' alles nach Wunsche bekehren –
Ei, ei, du hohe Schule von Prag,
Da liegt deine Weisheit all am Tag
Und tät sich gar schlecht bewähren.

Mein Mädel ist ein Musikant:
Wenn abends sie singet, so steht an der Wand
Mein Schatten und nicket und lauschet;
Und singt sie noch spat in der Mitternacht,
So hat sich mein Geist voll hinnen gemacht,
Und sitzt in den Blättern und rauschet.

Mein Mädel ist ein Musikant:
Und wenn sie singet, so grünet das Land,
So blühen die Hecken und Forste,
So tanzen die Mücken im Sonnenschein,
So singen die Vögel lustig und fein,
So rufet der Kuckuck im Horste.

O Mädel, ich will dir verpfänden mein Gut,
Ich will dir verschreiben mein Herzensblut
Für alle und ewige Zeiten,
Ich will nicht mehr Griechisch verstehn und Latein,
Kein Zaubrer, Beschwörer und Banner mehr sein,
Nie wandern von deiner Seiten.

*


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