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V. Lieder der Landsknechte.

unter Georg und Kaspar von Frundsberg.

Von den vier Temperamentis.

1834.

Ich bin ein Melancholikus,
Bin immer ernst und voll Verdruß:
Die Welt dünkt mich ein wüstes Haus
Voll Sorg' und Not und Gram und Graus;
Hab' weder Lust an Tanz noch Spiel,
Des Zechens acht' ich auch nit viel;
Ich esse nur, ich trinke nur,
Weil's haben will menschlich Natur.

Drauf werd' ich ein Sanguineus,
Der alles, alles lieben muß:
Die rosinfarben Wängelein,
Die ehr' ich mehr denn Gold und Wein.
Ich pfeif' und hüpf', ich sing' und tanz';
Ich seh', daß ich behalt' die Schanz; Ich halte das Glück fest. Schanz, franz. la chance, Wurf mit Würfeln.
Ich mach' allzeit ein froh Gesicht
Und zaudre bei dem Trunke nicht.

Dann werd' ich ein Cholerikus,
Daß jeder drob erschrecken muß:
Ich tob', ich lärm', ich fluch' ohn' End'
Potz tausendhimmelsapperment!
Hab' einen frischen freien Mut,
Biet' an mein Gut und junges Blut,
Will ziehn weit über Land und Meer,
Wenn's gilt für deutsches Volk und Ehr'.

Doch endlich eilt Phlegmatikus,
Hab' einen stillen Animus:
Ich frage wenig hin und her,
Ob man mir bringet neue Mär,
Was hie und dort geschehen sei
Im deutschen Reich und in Türkei;
Ob man mich liebt, ob man mich haßt,
Hans Hache schimpft, Poet, Phantast.

Das alles macht der Wein aus mir,
Trink' ich der Flaschen zwei, drei, vier.
Eins macht zum Melancholikus,
Bei zwon wirst du Sanguineus,
Cholerikus kannst du bei drein,
Phlegmatikus bei viern nur sein:
Ein jeder hat nun hier die Wahl –
Ich trink' sie alle vier zumal.

*

Auf der Walstatt.

Ende November 1826.

Wir wollen die Totenfeier begehen
Ohne Kreuz und Glockenklang.
Die Wolken weinen, die Winde wehen
Feierlich den Grabgesang.

Hier hat kein Pfaffe Messe gelesen
Und gereicht das Abendmahl:
Sie sind gefallen und werden verwesen
Wie die Blumen in dem Tal.

Sie sind gefallen, die Guten und Bösen,
So der Hauptmann wie der Knecht:
Die Gnade des Herrn muß all erlösen,
Keiner ist vor Gott gerecht.

*

Der Trunkenen Litanei.

1835.

Omnes, omnes erramus,
Hat Bruder Veit gesagt;
Er wollte zu dem Kellner,
Und kam zur Kuchelmagd.

Varietas delectat,
Das ist ein feiner Spaß,
Als jener seine Buttermilch
Mit der Mist-Mistgabel fraß.

In medio stat virtus,
So heißt es nun und itzt,
Wenn der Teufel mitten zwischen
Zwei alten Weibern sitzt.

Principium est grave,
Das ist fürwahr kein Scherz,
Als jener heben wollte
Die bunte Kuh beim Sterz.

Finis coronat opus,
Das nahm ich fein in acht,
Drum hab' ich Tasch' und Flaschen
So manchmal leer gemacht.

Beati possidentes,
Das ist gewißlich wahr,
Und hätt' ich nur ein Fuder Wein,
Ich tränk' das ganze Jahr.

Doch weil der Wein im Fasse liegt,
Quid juvat, nützt uns das?
So wollt' ich denn, es wäre
Die ganze Welt ein Faß!

*

Im Lager.

1826.

Quater, Drei! zu Zink und Daus! Quater, lat. quatuor, die vier Augen auf dem Würfel. Zink, franz. cinq, quinio, der Fünfer. Daus, vom griechischen δυάζ, dyas, der Zweier. Quater, drei = sieben; im zweiten Wurf: Zink und Daus wieder sieben.
Wer schenkt ein? und wer wirft aus?
Gar visierlich Ältere Sprache und noch schweizerisch: artig, nett, fein.
Und manierlich
Geht es hier im Lager her!
Schmettern hell die Drommeten und Zinken,
Müssen wir singen, spielen und trinken.
Bei den Trommeln und Flöten
Ist's nicht mehr vonnöten;
Denn da geht's in geschlossenen Reihn
Burr! in die Hölle zum Teufel hinein.

Wär' ich ein Mädel, handumkehr
Wollt' ich euch tanzen die Kreuz und Quer,
Krainisch und steirisch,
Schwäbisch und bayrisch,
Jedem nach seiner Landesart.
Kommen die Mädel im grünen Mieder,
Legen wir Würfel und Karten nieder;
Keiner will trinken und paschen,
Jeder ein Mädel erhaschen;
Denn da geht's mit den Engeln gar fein,
Heideldidum! in den Himmel hinein!

*

Im Quartier.

13. Februar 1865.

Frisch hinaus zum heißen Kampf!
Frisch in Staub und Pulverdampf!
O wie träumt es sich doch hier
Im Quartier
Wunderschön bei Wein und Bier!
Frisch, frisch!
Trommelt auf dem Tisch!
Tanzen sollen Krüg' und Flaschen,
Gläser, Gabeln, Messer, Teller!
Und es soll aus unsern Taschen
Tanzen auch der letzte Heller!
Frisch, frisch!
Trommelt auf dem Tisch!
Frisch!
Ei, was kümmert uns die Welt?
Morgen gibt es frisches Geld,
Morgen geht's ins weite Feld!
Schenket ein! trinket aus!
Tanzen soll das ganze Haus!
Lustig heute, lustig morgen!
Hol der Teufel alle Sorgen!
O wie lebt es sich doch hier
Im Quartier!
Wunderschön bei Wein und Bier!
Unsre Trommel rühren wir
Hier, hier
Im Quartier!
Frisch, frisch!
Trommelt auf dem Tisch!
Frisch!

*

Der Gardeknecht.

16. Februar 1865.

Ein Elend gibt's auf Erden,
Wohl ihm, wer's nicht erkannt!
Ein Gardebruder Ein bettelnd herumziehender, abgedankter Soldat. werden
Und bettelnd ziehn durchs Land.

Wir sind von Gottes Gnaden
Dem ew'gen Juden gleich,
Und irren fluchbeladen
Durchs ganze deutsche Reich.

Man weist die Hungermüden
Vor allen Türen ab.
Und hetzt auf uns die Rüden,
Dräut unser Bettelstab.

Der Vogel in den Hecken,
Der hat sein eigen Haus,
Tut sich im Laub verstecken
Und lacht den Kriegsknecht aus.

Kommt nie was uns gebührte?
Will enden nie die Not?
Du, der zum Sieg uns führte,
Komm bald, du lieber Tod!

*


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