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Volksleben.

I. Frühling und Liebe.

Hüt du dich wohl!

Frühling 1825.

Ich muß die Lieb' aufgeben,
Hüt du dich wohl!
Ich halt' ein liebes Schätzelein,
Ich meint', es könnt' keins treuer sein.
Ich muß die Lieb' aufgeben,
Hüt du dich wohl!

Ich muß die Lieb' aufgeben,
Hüt du dich wohl!
Wie lacht' ihr Auge, wie girrt' ihr Mund:
Wärst du nicht mein Liebster, ich stürbe zur Stund'!
Ich muß die Lieb' aufgeben,
Hüt du dich wohl!

Ich muß die Lieb' aufgeben,
Hüt du dich wohl!
Wie bald geschah's, wie geschah's doch so bald,
Sie ward mir am Herzen so kühlig, so kalt.
Ich muß die Lieb' aufgeben,
Hüt du dich wohl!

Ich muß die Lieb' aufgeben,
Hüt du dich wohl!
Am Herzen so kühlig, so kalt zur Stund':
Was lachte dein Auge, was girrte dein Mund?
Ich muß die Lieb' aufgeben,
Hüt du dich wohl!

Ich muß die Lieb' aufgeben,
Hüt du dich wohl!
Es rauschen die Blätter, es sauset der Wind:
Gottlob, wer ein besseres Liebchen findt!
Ich muß die Lieb' aufgeben,
Hüt du dich wohl!

*

Mägdleins Klage.

Oktober 1826.

Sternlein, hättest du ein Herz,
Würdest du so freundlich scheinen?
Nein, du kennst ja meinen Schmerz,
Nein, du würdest mit mir weinen.

Als mein Liebster Abschied nahm
Hatt' er Treue mir versprochen;
Als mein Liebster wiederkam,
War die Treue längst gebrochen.

Sternlein, nein, du hast kein Herz,
Immer magst du freundlich scheinen,
Nein, du kennst nicht meinen Schmerz
Und du kannst nicht mit mir weinen.

*

Der Beichtzettel.

1810.

Es wollt' ein Mädchen zur Kirche gehn,
Und beten und singen und Beichte stehn;
Sie hatte sich aufgeschrieben
Die Todsünden alle sieben.

Und als sie im Beichtstuhl zu knien begann,
Die Trän' ihr herab von den Wangen rann:
»Ich will auch bessern mein Leben,
Wollt mir doch die Sünde vergeben!«

»Eh' ich dir die Sünde vergeben kann,
So zeig mir erst die Sünden an!«
Sie konnte den Zettel nicht finden,
Wußte nichts von ihren Sünden.

Ich aber war's, der den Zettel fand,
Was aber drin für Todsünde stand,
Das kann ich keinem verkünden,
Es sind ja meine Sünden.

Die erste war: er liebt mich sehr;
Die zweite war: er liebt mich noch mehr –
So ging es fort bis zu sieben,
Und immer Lieben und Lieben.

*

In der Fremde.

22. Dezember 1840.

Es steht ein Baum in jenem Tal,
Darunter saß ich manches Mal
Mit meinem Schatz allein.
Wir saßen da so still und stumm,
Die Blumen sahn sich verwundert um
Nach meinem Schätzelein.

Noch blühn die Blumen dort umher,
Ich aber sehe sie nicht mehr
Und frage sie auch nie:
Was seht ihr an mein Schätzelein?
Keins kann von euch so schön doch sein,
Keins schöner sein als sie!

Noch steht der Baum im Tale dort,
Ich aber zog zur Fremde fort
Und leer ist jener Platz.
Ich sitz' auf einem kalten Stein,
Ich sitz' hier in der Fremd' allein
Und denk' an meinen Schatz.

*

Scheidelied.

Nach meinem eignen altflämischen Liede in den Horae belgicae II, 155. VIII, 42. Eine andre Übersetzung in Talvj, Charakteristik der Volkslieder S. 462, wiederholt in Wolffs Hausschatz der Volkspoesie S. 14. (Anm. Hoffmanns.)

10. Januar 1849.

Ade! ade! ich muß von dir,
Mein süßes Lieb, ich scheide;
Ich ziehe so fern, so fern von hier,
Wohl alsofern über die Heide.

Wohl über die Heide, wohl über den Sand
Mit traurigem Herzen und Sinnen;
Wohl kann ich gewinnen das Vaterland,
Doch nie treue Liebe gewinnen.

»Und siehst du's nicht grünen überall,
Nicht grünen von nah und von weiten?
Auch wird dich noch morgen die Nachtigall
Mit anderen Vöglein begleiten.

Sie singet dir über Heid' und Sand,
Du sollst ihr Singen wohl hören;
Sie singet dir bis in dein Vaterland
Was dir treue Liebe tat schwören.«

Nun hör' ich kleiner Vögelein Sang,
Nun wandl' ich über die Heiden,
Nun tut mir auch all mein Leben lang
So weh und so weh das Scheiden.

*

O wie freun wir uns!

In dieser Form zuerst erschienen: 1854.

O wie freun wir uns,
Wenn ein Frühlingstag
Endlich heiter lacht
Über Feld und Hag!

Wenn ein Falter froh
Durch die Luft sich schwingt
Und ein Blümchen still
Aus der Knospe springt;

Wenn der letzte Schnee
Rieselt hin als Quell
Durch die grünen Au'n
Rein und silberhell;

Wenn zum erstenmal
Uns mit frohem Schall
Aus dem jungen Laub
Grüßt die Nachtigall –

Unser Herz geht auf
Wie das Blümelein
Und es freuet sich
Auch am Sonnenschein.

Freue du dich auch
Wie der Frühlingstag,
Der da heiter lacht
Über Feld und Hag!

*


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