Hermann Bahr
Kritik der Gegenwart
Hermann Bahr

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2. Oktober

Ich werde darauf aufmerksam gemacht, daß vor Einstein die Zeit schon auch vom heiligen Augustinus relativiert worden ist. Im elften Buch der Bekenntnisse. Da heißt es im vierzehnten Kapitel: »Wenn mich niemand fragt, was die Zeit ist, weiß ich es; wenn mich aber jemand nach einer Erklärung fragt, weiß ich es nicht . . . Wenn die Gegenwart immer gegenwärtig wäre und sich nicht in Vergangenheit auflöste, wäre sie keine Zeit mehr, sondern Ewigkeit. Wenn sie also dadurch erst zur Zeit wird, daß sie vergeht, wie können wir dann sagen, sie sei?« Und im sechzehnten: »Während also die Zeit vorübergeht, nur da kann man sie wahrnehmen.« Und im zwanzigsten: »Weder Vergangenheit noch Zukunft gibt es, sondern es gibt eine Gegenwart der vergangenen Dinge, ferner eine Gegenwart der gegenwärtigen Dinge, schließlich eine Gegenwart der zukünftigen Dinge. Diese drei Zeitformen nehmen wir in unserem Geiste wahr, aber sonst nirgendwo.« Von diesem Satz sind wir mit dem nächsten Schritt bei dem Kants, daß die Zeit nichts als die subjektive Bedingung unserer Anschauungen ist.


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