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Fünfundachtzigstes Kapitel.
Mahnung des Gewissens

Es war einige Wochen, nachdem der Obrist Frederik Seward und die Quadroone Miß Esther Brown im Hause Mr. Brocklyns, des reichen Factoreibesitzers in Old-Church, Aufnahme gefunden, als wir·eines Tages den Herrn des Hauses in dem Balkonzimmer eines Sommerhauses, welches in einem hübschen, geschmackvoll eingerichteten Garten gelegen war, finden, die Flasche Sherry und eine Kiste Cigarretten vor sich, den »Richmond-Examiner« und die New-Yorker »demokratische Correspondenz« vor sich, während sein Sohn, der Capitän Richard Brocklyn in einiger Entfernung von ihm Platz genommen hatte und sich angelegentlichst mit seiner jüngeren Schwester unterhielt.

Es war dies ein Mädchen, das eben erst sechszehn bis siebenzehn Jahre zählte und durch ein lebendiges, geistvolles Auge von vorn herein auf eine nicht ungewöhnliche Intelligenz schließen ließ. Und wäre auch das nicht gewesen, so hätte sie sofort Jeden bestechen müssen durch ihre ungewöhnliche Schönheit, welche eine aufmerksamere Betrachtung immermehr erhöhte, und durch die Liebenswürdigkeit, welche sich in allen ihren Bewegungen aussprach.

Sie stand gerade in dem Alter, in welchem die ersten Gefühle des Selbstbewußtsein's in der jungfräulichen Seele träumerisch aufdämmern. Heitere Unschuld war über ihr Antlitz ausgegossen; nur schien ein leiser Anhauch von Schwermuth in den Winkeln des fein gebildeten Mundes sich zu verbergen. Ueber die großen blauen Augen bogen sich schöne Brauen, und um die schön gewölbte Stirn hing das schwarze Haar in griechischen Flechten herab, und auf den Nacken fiel eine Fülle von Löckchen, welche eine goldene Kette umspannte. Um die schlanken Glieder schmiegte sich ein weißes Kleid, am Busen blühte eine Waldrose, von einem einsam blühenden Strauch im nahen Walde gebrochen. Die einsame Blume des Waldes hatte noch keine jungfräulichere Brust geschmückt, und sie schien nur ihrem natürlichen Boden entnommen, um hier angenehmer zu verblühen.

So saß Miß Carlyn Brocklyn da, ein liebliches Mädchenbild.

Der Capitän Richard, ihr Bruder, unterhielt sie mit seinen interessanten Seeabenteuern und sprach warm und mit dem ganzen Eindruck seiner aufrichtigen Gefühle und seines edelmüthigen, offenen Charakters von dem Freunde, den er sich inmitten der Gefahren und am Rande des Todes erworben, von Eugene Powel. Er sprach mit neidloser Anerkennung und unverhohlenster Bewunderung von dem heldenmüthigen Unternehmen dieses Marineoffiziers, die Alabama auf die Klippen von Lynnes Inn aufrennen zu lassen.

Mit Zittern hörte das Mädchen von der Todesgefahr, die ihn bedroht hatte, und von welcher Brocklyn's Geistergegenwart ihn befreite. Sie hörte von der Unerschrockenheit, von dem Muth, der Ausdauer, mit welcher die drei Flüchtlinge der Alabama mit dem Ocean gekämpft. Sie hörte aber auch von Miß Lavinia Crofton. Sie hörte, daß ihr Bruder seit dem Tage, da sie den Druck seiner Hand erwiederte und ihm in ihrem Herzen ein Andenken sicherte, für das Leben nur ihr gehören würde.

Alles, Alles, was ihr Bruder ihr zu berichten hatte, hatte für sie Interesse, und nach den kleinsten Kleinigkeiten, nach den kleinsten Umständen und Zwischenereignissen erkundigte sie sich mit der ganzen Lebendigkeit ihres Wesens, und Alles, was ihr Bruder ihr berichtete, das faßte sie mit der ganzen Innigkeit und Wärme ihres kindlichen Gemüthes auf.

»Wie sah jener Marineoffizier aus? Was für Haare? Was für Augen? Ist er schlank? Hat er Verwandte?« –

Diese letzte Frage ließ indessen Richard unbeantwortet, die Beantwortung derselben behielt er sich vor.

»Hat er eine Braut? Liebt er etwa auch jene Lavinia Crofton? Was ist aus ihm geworden? Wird er wieder zur See gehen? Warum hat er den Freund nicht begleitet? Warum hat er sich von ihm in New-York getrennt? Liebt etwa Miß Lavinia Crofton ihren Jugendfreund, den jungen Marineoffizier?«

Das waren Alles Dinge, welche sie wissen wollte, und welche all' die Zeit, daß Richard sich in Old-Church aufhielt, einen unerschöpflichen Stoff zur Unterhaltung gaben.

»Ich muß Dir sagen,« bemerkte sie eben, »daß ich fast anfange, Deinen Freund, den Marineofficier und jetzigen Capitän der Sea-bright, zu lieben, nicht bloß, weil er Dein Freund, und weil er ein tüchtiger Seemann ist und unerschrocken sich mit Dir den größten Gefahren unterzogen hat, sondern seines Heroismus wegen, vielleicht auch seines Aeußeren wegen, das Du mir ja in so schmeichelhaften Zügen geschildert hast. Muß man nicht den Mann lieben, in dem sich alle Vorzüge des Charakters und des Körpers so vereinigen, wie in ihm? Bis jetzt hast Du aber versäumt, mir den Namen Deines Freundes zu nennen·«

»Sprachst Du nicht eben von dem Capitän der Sea-bright?« fiel hier Mr. Brocklyn ein, von seiner Zeitung, der »Newyorker demokratischen Correspondenz« ausblickend.

»Ja wohl, von ihm sprach ich.«

»Das wird doch nicht Derselbe sein, von dem hier die Rede ist?« fragte Mr. Brocklyn.

»Wer ist er?«

Mr. Brocklyn las: ·

»Newyork den 11. Mai. Mit großem Jubel begrüßte heute das Volk die Einbringung der Sea-bright, des Begleitschiffes der Alabama, welches vom Capitän Foote, dem Commandeur des Vanderbild, im atlantischen Ocean in der Höhe von Florida genommen wurde. Auf demselben befanden sich mehrere Gefangene der Alabama. Einem von diesen, einem gewissen Eugene Powel früherem ersten Leutenant der vereinigten Staaten Brig »Contest,« war das Commando übergeben. Derselbe wurde jedoch noch an demselben Tage, da er in Newport eintraf in Folge eines Steckbriefes, der bereits im vorigen Jahre gegen ihn veröffentlicht war, verhaftet und befindet sich gegenwärtig in City-Hall in Gewahrsam. Wie man hört, ist er angeschuldigt, mit den Rebellen konspirirt und der Alabama als Lootse gedient zu haben. Aus besonderen, noch unbekannten Rücksichten ist der Termin der Verhandlungen schon auf den 20. dieses Monats angesetzt.«

»Um's Himmels willen, Vater!« rief der Capitän. »Mein Freund Powel gefangen, des Hochverraths angeklagt? Ich muß fort, fort. Ich allein, ich kann ihn retten; ich kann Zeugniß für ihn ablegen und ihn von dieser schimpflichen Anklage befreien. Noch heute muß ich nach Newyork.«

»Also Eugene Powel heißt Dein Freund?« fragte Carlyn.

»Powel, ja das ist er. Es ist derselbe, von dem ich Dir erzählte«

»Ist er ein Verwandter meines früheren Compagnons?« fragte Mr. Brocklyn.

»So ist es, Vater,« sagte Richard sehr ernst. »Ich habe die Freundschaft des Jünglings gesucht und hätte mein Leben für ihn geopfert, auch wenn ich nicht gezwungen gewesen wäre, ihn zu bewundern, ihn zu lieben; denn ich fühlte die moralische Verpflichtung, das gut zu machen, was Du in der Uebereilung, und verleitet von den Anführern der demokratischen Partei, gethan hast. Ich weiß, Vater, daß Du nicht die Absicht hattest, Charles Powel um sein Eigenthum zu bringen, als Du ihn heimlich verließest und nach dem Süden gingst; daß nur die demokratische Partei Dich dazu bewog und Deinen Fanatismus benutzte, um Dich zu einer nicht zu verzeihenden That zu verleiten. Die Familie ist jetzt so unglücklich, wie keine zweite in Newyork, und es ist Deine Pflicht, Vater, sie zu retten.«

Brocklyn erschrak; seine Lippen zitterten und sein Auge hing mit gespannter Erwartung an dem Munde seines Sohnes.

»Was sagst Du? Die Familie ist elend? Hatte nicht Powel Privatvermögen, und war nicht sein Privatvermögen mehr als ausreichend, ihm eine anständige Existenz zu sichern?«

»Er hatte Privatvermögen,« antwortete Richard, »und hätte ein sorgenfreies Leben fuhren können, wenn seine Ehrenhaftigkeit nicht größer gewesen wäre. als sein persönliches Interesse. Er hat sein Privatvermögen geopfert, um die Schulden des Geschäfts zu decken, um die Passiva auszugleichen, die durch Dein Verschwinden herbeigeführt waren. Und nun, nun ist er arm; arm und elend. Die Familie hat mit der äußersten Noth gekämpft, und wie das Unglück, stets der Gefährte der Armuth ist, so hat es auch ihn verfolgt. Er selbst ist eines Verbrechens beschuldigt, dessen er nicht fähig ist, seine Frau ist des Hochverraths angeklagt; Eugene ist, wie ich jetzt erfahre, desselben Verbrechens angeklagt, und wer weiß, was dieser Familie noch bevorsteht, wenn dem Unheil nicht bald gewehrt wird.«

»Mein Sohn, nimm eine Summe Geldes,« sagte Brocklyn fast keuchend. »Thue, was Du kannst; biete ihm 10,000 – 20,000 Dollars Entschädigung Ich bin reich; das Geld, was ich aus dem Geschäft genommen, hat sich bei den günstigen Conjuncturen des Krieges verdoppelt. Biete ihm 50,000 Dollars.«

»Vater,« sagte Richard, »es ist edel von Dir, daß Du für den Unglücklichen solche Opfer zu bringen beabsichtigst. Indessen willst Du das, was Du gegen ihn vergangen hast, sühnen, so ist eine Abfindungssumme viel zu wenig, und Mr. Powel viel zu sehr Ehrenmann, um eine Abfindungssumme anzunehmen. Gieb ihm, was ihm gehört. Ihr waret Compagnons in einem Geschäft, die Hälfte Deines Vermögens gehört ihm, und dann ist er immer noch im Nachtheil; denn er hat zugleich sein Privatvermögen opfern müssen.«

»Aber Richard, bedenke, es ist ein Raub, den ich an meinen Kindern begehe, wenn ich die Hälfte meines Vermögens weggebe.«

»Deine Kinder, Vater, wenigstens was mich und Carlyn betrifft, verzichten auf eine Erbschaft, die auf solchem Wege erworben ist, wie Dein Vermögen. Ueberlege es Dir, Vaters noch heute reise ich ab nach Newyork und muß bis dahin Deinen letzten Entschluß hören. Ich kam her mit dein Vorsatz, Dir zu erklären, daß ich den Antheil meiner Erbschaft an den cedire, dem das Geld von Rechtswegen gebührt, und um Dir zu sagen, daß ich fernerhin nicht mehr das Haus betrete, das mein Vater mit unrechtem Gelde erworben, als bis die Schuld gesühnt ist; und endlich, um Dir zu erklären – und ich habe mit meiner Erklärung gezögert, weil ich mir nicht vor der Zeit den mir so lieben Aufenthalt im väterlichen Hause verkümmern wollte und Dir nicht in die Freude des Wiedersehens die Bitterkeit des Parteihasses mengen wollte – daß ich keine Dienste bei der Rebellion mehr annehme. Seit ich den Kauffahrer verlassen und von den Führern der Partei des Südens zu dem schimpflichen Dienste engagirt wurde, den ich zu leisten gezwungen war, um Dich zu retten; seit man mich zum Theilhaber eines gemeinen Verbrechens machte, mich zwang, den Räubern, die der Süden gedungen, hilfreiche Hand zu leisten, ihnen eine Beute ins Netz zu jagen, seit dem Tage hasse ich diese Partei.«

»Was, Du willst also in den Dienst unsrer Unterdrücker treten?«

»Wer sind unsre Unterdrücker?«

»Nun, wer anders als die Union? Man raubt uns unser Eigenthum, man kränkt uns in unsern Rechten. Die Union nennt sich das Land der Freiheit, den Hort des Rechts und scheut sich nicht, die Fahne der Gewalt aufzupflanzen und freie Bürger in ihren heiligsten Rechten zu beleidigen? Ich mag nicht Unterthan eines Landes sein, in welchem die Freiheit und die Rechte des Bürgers mit Füßen getreten werden, in welchem man nicht einmal das Eigenthumsrecht ehrt.«

»Wir wollen darüber nicht streiten, Vater, ob die Sklaverei berechtigt sei oder nicht, – aber sage, dienst Du nicht der ärgsten Tyrannei, indem Du Dich der Partei des Südens anhängst. Uebt nicht die Aristocratie des Südens eine ärgere Tyrannei, wie jemals ein Monarch übte?«

»Nein, das wird nicht der Fall sein, wir werden ebenso gut eine freie Republik bilden, als die Union, und werden uns die Tyrannei eines absoluten Regiments eben so wenig gefallen lassen, wie die Unionisten.«

»Und ich gebe Dir die Versicherung, Vater, daß die Menschen, welche die revolutionäre Zeit auf ihr Schwungrad genommen und nach oben geführt hat: diese Breckenridge, Sanders, Benjamin, Tucker, und wie sie alle heißen, diese Häupter der neuen, unwürdigen socialen Ideen, welche sich in nichts von der alten Adelsclique unterscheiden, daß diese Leute ein schlimmerer Fluch für den neuen Staat sein werden – falls die Conföderation wirklich einmal anerkannt werden wird, – als der ärgste Absolutismus. Ich sage Dir, daß dort oben im Sonnenschein des Glücks gegenwärtig Giftpflanzen aufschießen aus Dampf und Moder, welche sich wie Blutegel an die Nation setzen werden. Woraus wird die Nation bestehen? Aus dieser fluchwürdigen Geldaristocratie und einem Bodensatz, der nichts mehr ist, als die schwarze Race schon seit Jahrhunderten war. Am Fuße dieser hohen und noblen Gesellschaft, da wird sich die grausige Wolke des Elends lagern, aus deren gelblich schwarzem Qualm Einem zuweilen ein bleifarbenes Maschinengesicht, oder das Skelett eines hungernden Arbeiters entgegengrins't Das ist das Ziel, dem der Süden entgegensteuert, und dem Du entgegensteuern hilfst. Ich erkläre Dir, daß ich an einem solchen Beginnen keinen Theil haben werde. Abraham Lincoln bat durch die Resolution vom ersten Januar 1863, durch die Abschaffung der Sklaverei, erst den Begriff der Republik zur Wahrheit gemacht.«

»Ich bin ganz mit Dir einverstanden, Bruder,« sagte hier Miß Carlyn und wenn ich auch früher mich der Gründe nicht ganz so klar bewußt war, wie jetzt, so habe ich mich doch von jeher mit der Sache des Südens nicht aussöhnen können. Erst in letzter Zeit bin ich darüber mehr und mehr zur Klarheit gekommen und nicht allein durch Deine Auseinandersetzung, sondern auch durch mehrere Unterredungen, die ich in demselben Sinne mit Miß Esther Brown hatte. Wie unglücklich sie ist, und wie schrecklich ist es zu denken, daß eine Dame von ihren Fähigkeiten, von ihrer Erziehung, von ihrer Bildung durch ein abscheuliches Gesetz verdammt war, eine Sclavin zu sein. Es ist für mich fast schrecklich zu denken, daß es außer ihr noch ein einziges Wesen giebt, das unter gleichen Verhältnissen noch in den Ketten der Sclaverei schmachtet. Sie bat mich durch ihre Schilderungen, durch ihre Erzählungen den Süden von ganzem Herzen hassen gelehrt, und ich kann Dir in Deinem Entschluß, dieser Sache nicht ferner zu dienen, deshalb nur beistimmen. Wie wird Miß Esther sich freuen, wenn ich ihr sage, daß der Mann, der sie dem Tode entriß, nicht ein Feind ist, sondern ein Mann, der ihre politische Meinung und ihren Haß gegen die Anhänger der Sklaverei theilt.«

»Wie geht es denn Miß Esther heute?« fragte Richard.

»Nun, es ist den Bemühungen der Aerzte gelungen, die beiden Patienten in verhältnißmäßig kurzer Zeit herzustellen,« antwortete Carlyn. »Man hatte für Miß Esther gerade sehr wenig Hoffnung; denn sie war durch den Blutverlust so geschwächt, daß man nicht hoffen durfte, sie werde das Fieber überstehen, in welches sie fiel, als sie aus der Ohnmacht erwachte. Indessen ist sie eher der völligen Genesung nahe gebracht, als Mr. Seward, dessen Wunde immer noch bedenklich ist; eben weil die Kugel sechs Tage in seiner Schulter stecken blieb, hat es den Aerzten viel Mühe gemacht, sie herauszubringen, und diese Operation und der damit verbundene Blutverlust haben ihn dem Tode sehr nahe gebracht. Jetzt, Gott sei Dank, sind Beide soweit hergestellt, daß für ihr Leben wenigstens nicht mehr zu fürchten ist. Miß Esther ist so kräftig, daß sie nicht allein bereits im Garten spazieren gehen darf, sondern sie fühlte sich namentlich heute so stark, daß sie meiner Bitte nachgegeben hat, zum Mittagsessen zur Tafel zu kommen.«

Mr. Brocklyn hatte wenig Theil an der Erzählung seiner Tochter genommen, sondern saß nachdenkend, den Kopf in die Hand gestützt und den Blick auf das Zeitungsblatt geheftet, ohne indessen etwas zu lesen. Die Mittheilung seines Sohnes, so wie die Vorwürfe, welche derselbe der Partei des Südens machte, hatten ihn erschüttert und verstimmt.

Nach einer langen Pause, während welcher Carlyn fortfuhr, ihren Bruder von dem Befinden der beiden kranken Gäste zu erzählen, fuhr Mr. Brocklyn empor.

»Du willst meinen Entschluß hören,« sagte er. »So will ich Dir sagen, daß ich mich entschlossen habe, von dem, was ich gegen Powel begangen, so viel gut zu machen, als ich gut zu machen verpflichtet bin. Indessen aber erkläre ich meinerseits Dir, daß ich von demjenigen, was ich einmal zu meiner Ueberzeugung gemacht habe, mich nicht abbringen lasse. Ich habe die Sache des Südens zu der meinigen gemacht, und mit Gut und Leben will ich zu dieser Sache halten, und wenn der Feind bis in diese Gegenden vorbringt, wenn auch dieser Theil Virginiens in die Hände der Feinde fallen sollte, nun, so gehe ich nach dem Theil des Landes, der noch unser ist.«

»Das geht nicht, Vater,« wandte Richard ein.

»Warum nicht?«

»Weil Du gewärtigen kannst, daß der Süden Dich um all' Dein Hab und Gut bringt.«

»Das heißt, wenn ich es freiwillig opfere.«

»So meine ich es nicht. Man wird Dich zwingen, eine Buße zu zahlen.«

»Wofür?«

»Für meine Weigerung, mich zu einem Schurkenstreiche herzugeben.«

»Oho!«

»Man drohte mir, als man mich zum Capitain des Macdonald machte, mit Deinem Ruin, wenn ich mich weigerte, mich zu dem Geschäft herzugeben. Deinetwillen ging ich auf das schimpfliche Ansinnen ein. Allein die Reue kam bald, und als ich erst das Commando in Händen hatte, that ich alles, um das Schiff zu retten. Ich konnte es nicht. Ich danke aber Gott, daß ich, da mir dies nicht gelang, wenigstens ein anderes gutes Werk vollbrachte, daß ich einen nahen Verwandten desjenigen vom Tode rettete, der durch Deine Schuld unglücklich geworden ist. Du siehst, Vater, man wird nun die Drohung wahrmachen, man wird Dich contribuiren, bis Du den letzten Heller gegeben hast, und Dich dann als ein nutzloses Werkzeug bei Seite werfen. Wenn Du meinem Rathe folgen willst, geh nach dem Norden. Siedele Dich irgendwo dort an; nur nicht in einer der Hauptstädte, wo man Dich kennt.«

Mr. Brocklyn schwieg betroffen. Er konnte nicht ableugnen, daß die Gefahr, welche ihm drohte, eine unabwendbare sei, und daß die Rache der Ritter ihn treffen würde. Aber wohin sollte er sich begeben? Was sollte er thun, um dem Schicksal zu entgehen? Nach dem Norden zurück, wo er in Gefahr war, des Betrugs beschuldigt zu werden? Oder sollte er ins Ausland gehen? Sollte er alle Verbindungen, die er in den vereinigten Staaten immer noch hatte, abbrechen und von vorn anfangen? Das Resultat seiner Ueberlegung war, daß er dem Rathe seines Sohnes zu folgen beschloß. In Lawrence hatte er manche geschäftliche Verbindung. Wenn er dort ein Handelshaus etablirte so lief er weder Gefahr, vom Süden contribuirt, noch von irgend Einem, der ihn kannte, aufgefunden und des Betrugs beschuldigt zu werden, noch seine Handelsspeculationen beeinträchtigt zu sehen.

»Ich will Dich in Deiner Entschließung nicht übereilen, mein Vater,« sagte Richard. »Erst diesen Abend kann ich abreisen, da Mac Farlane seine Geschäfte nicht eher wird, unterbrechen wollen. Bis dahin lasse ich Dir Zeit, zu überlegen, ob Du nach Lawrence gehst, oder ob Du hier bleibst, und vor allen Dingen, was Du in Bezug auf eine Deiner Ehrenhaftigkeit würdige Abfindung Mr. Powels im Sinne hast. Adieu Vater – Adieu Schwester!«

Damit verließ Richard die Veranda, im Vorbeigehen flüchtig seine Schwester Helene grüßend, die eben zur Thüre hereintrat.


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