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LXX. Magister Hämmerlin

im Paradies, erspart sich allen Redeschmuck.
An Ortuin Gratius, den weit berüchtigten,
Der eselmäßig gegen die Poeten und Lateiner
schreit und, deren Sprach' er nicht versteht,
Die Griechen, ihn, der jede Barbarei beschützt,
Der, schlimmen Rufs, den Kölnern ihren Herold macht.

Erstaunliche Windbeuteleien und herrliche Schelmereien höre ich über Euch aussagen, Magister Ortuin, wie ich sie, beim heiligen Gott! in meinem ganzen Leben nicht irgend einmal gehört habe, die Ihr und andere unserer Kölner Magister mit Verlaub zu melden – an dein höchst ehrenwerten und hochgelehrten Manne, Herrn Johannes Reuchlin, verübt habt. Und doch konnte ich mich, als ich davon hörte, nicht so sehr wundern, denn da Ihr doppelte Eselsköpfe und Naturphilosophen – vulgo: Naturnarren »zwanzig Zentner über einen tollen Fantasien« seid, so geht ihr auch erbärmlicher und bübischer Weise darauf los, fromme und gelehrte Männer so zu quälen. Doch kommt mir hierüber eine absonderliche Verwunderung bei, wer Euch gelehrt habe, die so frommen Meinungen des höchst rechtschaffenen Mannes so spitzfindig zu verkehren und zu fälschen. Allein schließlich dachte ich, keine andere Menschengattung tue das, als ein Jude, der das Messer an die Testikeln gelegt habe, weil der Sohn gerade ist, wie der Vater, wie dies bei Johannes Pfefferkorn eintrifft. Und Ihr alle seid seine Freunde, denn »Schlim, Schlim sucht immer einen auf, gleich ihm«. Und darum an den Galgen mit Euch allen, wohin Euch der Scherge mit seinen Gesellen führen möge, während Ihr sagt: »Betet für uns«. Aber sintemal und alldieweil das alles wahr ist, und ich es Euch deshalb insonders zu eigenen Händen schreibe, so könnt Ihr es doch auch den andern sagen, welche mit Euch auf diesem Sitz der Pestilenz sitzen, wie der Psalmist sagt. Daß es jedoch nur nicht in die Öffentlichkeit komme und jedermann erfahre, was hinter Euch steckt! Allein, bei allen Heiligen! Da kommt mich eine Besorgnis an, und ich fürchte, der Buchdrucker möchte mir eine Abschrift von dem Briefe gestohlen haben, und wenn dem so ist, dann sei Euch Gott gnädig, dann kann ich nichts dagegen tun; indes will ich Euch doch einen guten Rat geben. Betet nur acht Tage ohne Unterbrechung auf den Knieen und rufet nüchtern die heilige Helena all, welche das Kreuz unsers Herrn Jesu Christi aufgefunden hat; darin werde ich diesen Brief wieder finden, darin wird es wieder gut um Euch stehen. Seht da, dies alles tue ich für Euch aus brüderlicher Liebe, da wir ja alle Brüder sind, und ich tue alles für Euch, damit auch die Leute etwas von Euch halten. Lebet wohl! Aus Heidelberg, bei dem hinkenden Lips, der sich einen mit der Nase in den Arsch laufen läßt. O, wäret doch auch Ihr bei ihm, dann brauchtet Ihr Euch keine Brille anzuschaffen, da man sagt, er setze sie einem umsonst auf.


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