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XXX. Balthasar Schlauch, wohlbestallter Bakkalaureus der Theologie, grüßt den Magister Ortuin Gratius.

Unermeßlichen, unendlichen, unbeschreiblichen, unzähligen, unvergleichlichen, unaussprechlichen Dank sage ich Euch, daß Ihr mir das Buch des Johannes Pfefferkorn geschickt habt, welches den Titel führt »Verteidigung Johann Pfefferkorns gegen die Verleumdung etc.« Ich war beim Empfang dieses Buches so vergnügt, daß ich vor Freude aufhüpfte, und glaube ganz gewiß, daß Johannes Pfefferkorn der ist, von weichem Ezechiel Kap. 9 geweissagt wird: »Und er rief dem, der die Leinwand anhatte und den Schreibzeug an seiner Seiten.« Denn Johannes Pfefferkorn hat immer den Schreibzeug bei sich, und schreibt in den Predigten und bei den Versammlungen die Sprüche und alles Bemerkenswerte auf, woraus er sodann solche Schriften zusammenstellt. Ihr erheitert mich in hohem Grade, wann Ihr mir seine Bücher sendet, denn sie sind so kunstgerecht verfaßt, daß ich mich nur wundern muß. Ich rühme mich auch zu Wien meiner Bekanntschaft mit ihm sehr, und wann ich ihn nenne, sage ich: »Johannes Pfefferkorn, mein Freund.« Ich habe indes aus jenem Buche ersehen, daß die Theologen über den »Augenspiegel« uneins unter einander sind, da ihnen die einen, wie die Pariser und Kölner, zum Feuer verdammen, andere aber zum Aufhängen, wie unser Magister Peter Meyer er, der, als er den »Augenspiegel« zu Gesicht bekam, laut aufschrie: »An den Galgen, an den Galgen mit diesem Buche!« Ihr solltet einmütig sein, dann könntet Ihr den Sieg über den Ketzer davontragen. Ich war sehr erschrocken, als ich solche Dinge las, und sagte: »Jetzt wird der Teufel das Licht halten, wenn die Theologen sich der Uneinigkeit hingeben.« Doch hoffe ich, Ihr werdet wieder eines Sinnes werden. jedoch scheint mir, unser Magister Peter, er selbst und seine Anhänger, tun nicht recht, daß sie darauf bestehen, man solle den »Augenspiegel« an den Galgen hängen, denn dieses Buch ist ein ketzerisches, und die Ketzer verdienen die Strafe des Feuers; die Ketzer werden verbrannt, die Diebe dagegen gehängt. Man sagt wohl vielleicht, der »Augenspiegel« habe auch einen Diebstahl begangen, da Johannes Pfefferkorn behauptet, Johannes Reuchlin habe ihm in diesem Buche seine Ehre gestohlen, die er nicht um zwanzig Gulden hergeben würde; denn zwei Juden, die ihm auf ähnliche Weise seine Ehre gestohlen hatten, haben ihm dreißig Gulden dafür bezahlt. Dem sei nun so oder so; ich wünschte, Ihr wäret eines Sinnes. Wir haben hier nichts Neues, außer, daß jener Poet, Joachim Vadianus, der auch einer von den Reuchlinisten ist, Rektor der Universität geworden ist. Vernichte Gott die ganze Bande der Poeten und Juristen, und übergehe nicht einen einzigen von ihnen, der an die Wand pißt! Ich ging mit dem Gedanken um, die Universität zu verlassen; was sollte ich auch da tun, wo ein Poet Rektor ist? Auch sind hier so viele Reuchlinisten, wie auf keiner andern Universität, nämlich: Joachim Vadianus, der Rektor-, Georg Tannstetter, jetzt Mediziner, vordem Mathematiker; Spießhammer, welcher Diener und Rat des Kaisers ist; einer namens Thomas Resch; Simon Lasius, ein Landsmann von Johannes Reuchlin, und viele andere; unser Magister Heckmann aber hält unsere Bahn ein, und hat versichert, er werde es bis zum Ende seines Lebens mit den Theologen halten. Auch er läßt Euch vielmal grüßen, sowie den Johannes Pfefferkorn. Lebet wohl!

Gegeben zu Wien.

Noch einmal: Lebet wohl, so lange, als Pfefferkorn ein Christ bleiben wird!


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