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XXXVIII. Demetrius Phalerius grüßt den Magister Ortuin Gratius.

Ihr fraget mich in Eurem Schreiben, wie sich doch unsere Universität in dem Glaubensstreit verhalte, ob sie für Euch, oder für Johannes Reuchlin sei? So wisset dann: hier und durch das ganze Schweizerland haben die Brüder vom Predigerorden einen schlechten Ruf und stehen in großer Ungunst wegen jener unschuldigen Brüder, welche in Bern verbrannt worden sind, denn ich glaube nie, daß sie das getan haben, was man von ihnen sagt. Daher sind ihre Klöster verödet, und die Klöster der Brüder des heiligen Franziskus nehmen zu. Und wann ein Mensch den Predigern ein Almosen gibt, so geben dafür zwanzig den Minoriten und Augustinern und andern. Auch sagt man, es sei prophezeit, daß der Predigerorden ganz und gar vernichtet werden müsse. Zudem ist hier ein Theologe, wie er sich selbst nennt, wie mir aber scheint, ist er mehr ein Poet, mit Namen Erasmus von Rotterdam, der von vielen so geehrt wird, als wäre er ein Weltwunder; er ist es, welcher das Buch über die Sprüchwörter verfaßt hat, welches Ihr mir einmal in Köln gezeigt und gesagt habt: »Was sollen wir mit den Sprichwörtern des Erasmus tun, da wir ja die Sprichwörter Salomonis haben?« Auch hält dieser Erasmus viel von Reuchlin, lobt ihn immer und hat kürzlich einige Briefe drucken lassen, welche er an die rö mische Kurie, den Papst und einige Kardinäle gesandt hat: in diesen lobte er den Reuchlin und lästerte über die Theologen. Als ich sie sah, sagte ich: »Wenn das unsere Magister sehen, so holt ihn sicherlich der Teufel«. So ist demnach unsere Universität, welche dem Erasmus so große Ehrerbietung erzeigt, dem Reuchlin geneigt. Auch kam hierher der Poet Glareanus, der, wie Ihr wißt, ein sehr kecker Mensch ist: er lästert entsetzlich über Euch und die anderen Theologen. Auch sagte er, er wolle ein Buch über die Liederlichkeit der Prediger verfassen und das, was in Bern geschehen, vollständig beschreiben. Ich wollte gern freundschaftlich mit ihm reden, daß er es nicht tue; allein er ist ein schrecklicher Mensch, jähzornig, will immer zuschlagen, und so sei er denn des Teufels. Ich hoffe, es werde ein Spruch aus Rom zugunsten der Theologen kommen, dann wird alles gut sein; fällt er aber für Reuchlin aus, dann mag der Teufel das Licht halten. Lebet wohl!

Gegeben zu Rom.


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