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VIII. Matthäus Fink, Bakkalaureus, an Magister Ortuin Gratius.

Unzählige Grüße und unaussprechliche Liebe, verehrungswürdiger Mann! Sintemalen Euch zur Genüge bekannt ist, wie ich hier in der Stadt Rom stehe, daß ich in der Kanzlei angestellt bin und durch Gottes Gnade einen guten Dienst habe, so ist es nicht nötig, daß ich Euch hierüber schreibe, da Ihr auch nicht gerne lange Briefe leset. Allein gemäß meinem Versprechen, Euch zum wenigsten einmal im Monat, und wann die Boten oder Posten abgehen, Neuigkeiten aus der Stadt Rom zu berichten, möchte ich Euch in genaue Kenntnis setzen, wie es hier hinsichtlich der Kriege und anderer Sachen steht, auch über den König von Frankreich und den Kaiser; Ihr könntet sonst denken: »Ei, der ist recht stolz, weil er eine gute Stellung in Rom hat, und darum liegt ihm nichts daran, mir zu schreiben; er hat vergessen, daß ich sein Lehrer war und ihn in der Poetik und den Künsten, dabei auch im Griechischen unterrichtet habe, so daß er seinerseits ein guter Grieche ist.« Ich sage »nein,« und der Teufel hole mich, wenn ich Euch nicht im Andenken und in allen meinen Gebeten zu Gott habe; sagt ja doch Gregorius: »Undank ist die Wurzel aller Laster«; wer sich daher Undank zuschulden kommen läßt, der macht sich aller Sünden schuldig; wenn ich Euch also aus Stolz nicht schriebe, dann wäre ich undankbar gegen Euch, der Ihr mir so viel Gutes erwiesen habt. Ich habe aber triftige Gründe, daß ich keine Briefe an Ew. Herrlichkeit gerichtet habe, denn ich war großenteils leidend, und weiß gar nicht, wie mir war. Der Arzt sagt, ich habe etwas im Magen, das ich nicht gut verdauen könne. Auch habe ich vorgestern ein Abführmittel genommen und, mit Respekt vor Ew. Herrlichkeit zu melden, einen solchen Dünnschiß bekommen, daß ihn einer mit dem Löffel hätte einschlürfen können, und dabei ging auch ein weißer Klumpen, so groß wie eine Birne, von mir. Da sagte der Arzt: »Das ist der unverdaute Stoff, und der ist Ursache des Fiebers.« Aber jetzt kann ich wieder gut essen, da ich – Gott sei Lob! – guten Appetit habe. Und wenn ich gesund bleibe, dann will ich Euch immer schreiben. Und um Euch hiervon zu überzeugen, so wisset, daß der Heilige Vater noch zu Florenz ist und die Herrn am Hofe hier schimpfen, daß er nicht kommt, weil sie ihre Geschäfte nicht erledigen können. Ich aber sage, sie müssen Geduld haben und nicht über ihn schimpfen, sonst sind sie exkommuniziert, und führe ihnen an, was hierüber Rechtens ist, denn ich besuche hier die Sapienz und studiere. Ich habe schon große Fortschritte in beiden Rechten gemacht, in dem einen so gut, wie in dem andern. Es sagen jedoch einige, der Heilige Vater habe Schmerz in den Augen, daher er sich nicht im Freien erheben könne. Auch tue ich Euch zu wissen, daß der König von Frankreich wieder nach Frankreich zurückkehrt: er will mehr Volk zum Krieg gegen den Kaiser heranführen. Auch wollen die Spanier dem Kaiser helfen, und daraus könnt Ihr abnehmen, daß es einen großen Krieg geben wird. Daher müssen wir in unseren Gebeten sagen: »Schenke uns Frieden, Herr, in unseren Tagene«; denn es ist für die, welche mit dem Hofe in Verbindung stehen, nicht gut, wenn Krieg an jenen Orten ist. Wenn Friede wäre, so müßtet Ihr mir einmal von einem erledigten Benefizium schreiben, es mag eine Kuratie oder keine damit verbunden sein, ein Patronatrecht darüber bestehen, oder wie es sonst sein mag. Denn ich habe jetzt reife Erfahrung und möchte wohl etwas erlangen. Und wenn Ihr einen Streit habt, so will ich mich hier für Euch verwenden. Auch bezüglich der Sache mit Johannes Reuchlin müßt Ihr wissen, daß unser Magister Jakob von Hoogstraten noch andere Artikel aus dem »Augenspiegel« gesammelt hat, die eben so gut ketzerisch sind, wie die andern. Er ist jetzt zu Florenz mit dem Hofe und entwickelt eine rege Tätigkeit. Ihr dürft nicht zweifeln, daß Ihr den Sieg erringen werdet. Schreiber mir ebenfalls Neues und gehabt Euch wohl mit Ruhm!

Gegeben zu Rom.


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