Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

XIII. Thomos Klorb, demütiger Doktor der Theologie, grüßt den Magister Ortuin.

Sintemal geschrieben steht: »Die Anfechtung }ehrt auf's Wort merken«, so dürft Ihr es mir nicht übel nehmen, daß ich Euch ein wenig Widerpart halte, da ich es in guter Absicht tue. Ihr habt unlängst in einem Aufsatze von einem unserer Magister geschrieben, daß er sehr gelehrt, ein viel jähriger Doktor, gründlicher Skotist, sehr bewandert in den »Libri sententiarum« sei, auch das ganze Buch des heiligen Doktor »De Ente et Essentia« auswendig wisse, eine Burg des Glaubens sei, wie unser Vater, und mittelst der Memorierkunst sich die »Formalitates« des Skotus wie Wachs eingedrückt habe und zuletzt schreibet Ihr noch, er sei Mitglied von zehn Universitäten. Verzeihet mir, das ist eine Ungereimtheit: denn ein einziges Glied kann nicht mehrere Körper haben, im Gegenteil aber, ein Körper wohl mehrere Glieder, denn der menschliche Körper hat Haupt, Füße, Hände, Arme, Bauch, einen Piep, oder, wann er weiblich ist, eine Mutterscheide; auch der Fuß ist ein Glied des Menschen, das Haupt ist ein Glied des Menschen u. s. w., und der ganze menschliche Körper hat jene Glieder unter sich, und jene Glieder unterstehen diesem Körper, wie die Spezies dem Genus; dagegen hat keines jener Glieder mehrere Körper unter sich. Wollet Ihr aber sagen, »dieser unser Magister ist ein Körper von zehn Universitäten«, so möchte ich Euch abermal darum tadeln, denn da könnte einer glauben, die zehn Universitäten wären Glieder jenes Magisters und er bestände aus zehn Universitäten; dies angenommen, wäre es eine Schmach für jene zehn Universitäten, und sie würden dadurch verkleinert, wenn von einem einzigen Menschen – und auch unsere Magister sind ja, wie Ihr wißt, Menschen – gesagt würde, er sei mehr wert, als so viele Universitäten: es ist dies ein unmöglicher Fall, da selbst der heilige Doktor nicht mehr ist, als zehn Universitäten. Wie wollen wir uns also besser ausdrücken, um richtig zu sprechen? Habt wohl acht, denn es ist dies eine sehr schwierige Frage und obgleich sie in die Grammatik gehört, so verstehen sie doch auch mehrere unserer Magister nicht. Derjenige also, welcher bei zehn Universitäten immatrikuliert ist, hat auch eine Zeitlang auf denselben studiert, Vorlesungen gehört, die Statuten beobachtet, auch den Eid geleistet und gehalten, den Magistern und Doktoren ihre Ehre erwiesen und kann sagen: »Ich bin ‹Glieder› von zehn Universitäten, nicht aber ‹Glied›. Und dieser Ausdruck ist nicht ungereimt, obgleich dabei eine Nichtübereinstimmung in der Zahl stattfindet, weil hier ein Beisatz hinzukommt, wie bei Virgil:

‹Corydon glühte, der Hirt für den reizenden Knaben Alexis,
Seines Gebieters Genüsse›.

denn dort wird auch Alexis, welcher doch nur ein einziger Bauernknabe ist, durch den Beisatz ‹Genüsse›« genannt. Glaubet mir nur, es ist dies eine sehr bemerkenswerte Feinheit. Ich habe das gelernt, als ich mich zu Löwen aufhielt und noch nicht Bakkalaureus war, wo über diesen Gegenstand vier Tage lange disputiert wurde. Nehmet es nicht ungütig auf, denn ich habe Euch in guter Absicht geschrieben, und lebet wohl!

Gegeben zu Koblenz.


 << zurück weiter >>