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LVII. Galienus aus Paderborn grüßt vielmal den Magister Ortuin Gratius.

Verehrungswürdiger Magister! Höchst erschrecklich war für mich ein Gerede, das mir zu Ohren gekommen ist und mir die Haare sträuben gemacht hat. Es lautet aber folgendermaßen. Beinahe alle Studenten und Kleriker, welche aus Köln kommen, sagen, man murmele, daß die Brüder Prediger, ehe sie dem Johannes Reuchlin in dem Glaubenstreite den Sieg über sich ließen, lieber selbst einen andern Glauben predigen wollten. Und einer sagte, es sei möglich, daß, wenn der Papst einen Spruch gegen sie tue, sie nach Böhmen gehen, die Ketzer zum Glauben wider die Kirche und den Papst aufmahnen und so sich für die erlittene Beleidigung rächen werden. O guter Herr Ortuin! ratet ihnen doch, daß sie das nicht tun, denn das wäre eine große Ketzerei. Ich hoffe, es sei nicht wahr. Auch dachte ich bei mir: vielleicht drohen die Prediger dem Papste auf diese Weise, um ihn zu schrecken, daß er bedenken solle: »Sieh da, wenn ich keinen Spruch zu ihren Gunsten tue, so werden sie im höchsten Grade verachtet und herabgewürdigt sein, die ganze Welt wird ihr Feind werden, niemand wird ihnen mehr Almosen geben, und ihre Klöster werden in Verfall geraten; dann werden sie nach Böhmen gehen, oder sogar in die Türkei, und predigen, der christliche Glaube sei nicht der wahrhaftige: das wird ein großes Unglück sein.« Sei dem, wie ihm wolle: ich wollte, Ihr hättet Geduld und handeltet nicht gegen den Papst, ihr Theologen, damit nicht die ganze Christenheit Euer Feind werde. Und so lebet denn wohl im Namen des eingeborenen Sohnes Gottes!

Gegeben zu Bremen.


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