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LVI. Gilbert Porretonius, der freien Künste Magister und Bakkalaureus der Rechte, entbietet dem Magister Ortuin Gratius die besten Grüße ohne Zahl.

Gruß und guten Tag, verehrungswürdiger Mann! Ich habe Euern Brief gelesen, den Ihr mir nach Ingolstadt geschickt habt, und Eure Meinung wohl begriffen. Ihr sagt, daß Ihr Euch sehr freuet, daß ich zuvor Theolog wurde und nun auch die Rechte studiere, weil es sehr gut sei, daß die Theologen auch etwelche Kenntnisse des Rechts besitzen, um mit den Juristen disputieren zu können. Auch schreibet Ihr mir von gewissen Kunstausdrücken, von denen Ihr gerne wissen möchtet, was sie bedeuten, indem Ihr dafür haltet, daß es juristische seien; und sie sind es wohl auch. Hier habt Ihr nun die Erklärung aus den »Glossen« des Akkursius. Und so könnt Ihr denn sehen, daß ich einen guten Grund in der Rechtswissenschaft gelegt habe. Der breite Streif ist der Name für die Würde; oder auch: es war ein Stock von Metall, den der Kriegsoberste unter die dichtesten Feindeshaufen warf, worauf nun die übrigen alle so tapfer kämpften, daß sie diesen Stock wieder eroberten. Opistographum ist eine Tafel von Holz, auf welche die Schulden aufgeschrieben wurden, wie das noch heutzutage geschieht. Der Name Opistographum kommt her von opes und gravia, weil es eine Aufzeichnung der Mittel ist. Abaces nennt man kostbare Gefäße. Corinthia nennt man Gerätschaften aus geringem Stoffe, z. B. aus Stroh oder Schilf. wie sie zu Bologna verkauft werden. Balnca ist ein leuchtendes Gerät, weil es, sozusagen, als Träger des Lichtes oder der Schale dient. Prothyrum kommt von thyros, was s. v. a. magister ist, man weiß aber nicht, was es besagen soll; aber auch: es ist das, quod procul trahitur, wie das Wasser, oder etwas anderes, wie in dem Hause des Akkusius Cyrella. Obsonatores sind die, welche den Herrn im Bette bewachen, oder es sind obsonatores auch die, welche den Herrn bei Tische mit Musik und Gesang unterhalten. Hypocaustum ist der Ort, wo die Kranken sich hinstellen, wenn sie zuweilen des Feuers bedürfen. Gallus gallinacius nennt man einen verglubbten Hahn, von dem man sagt, er sei mutiger im Kampf mit einer Schlange; oder auch: gallus gallinacius heißt er, weil er die Hennen liebt, wie auch vir uxorius einer, der die Frauen liebt, wie in den Oden des Horaz vorkommt. Dieta ist der Platz in den Höfen, wo die Herren beim Feuer stehen. Chorus ist eine Anzahl von Dienern, welche zu einem Musik-Instrumente singen, welches chorus heißt. Centumviri sind Ratsherren, deren Zahl sich auf hundert belief Patricius ist etwa s. v. a. der Vater eines Fürsten; daher auch Salust sagt: »o patres conscripti«, denn ihre Namen waren irgendwo verzeichnet, entweder an ihrem Kopfschmuck oder sonstwo. Wann immer Ihr einen Anstand an etwas im Gebiete beider Rechte habt, dann dürft Ihr mich nur davon in Kenntnis setzen, und ich will es Euch so gut erklären, wie Johannes Reuchlin, oder irgend ein Jurist in der Welt. Und hiermit lebet wohl!

Gegeben zu Ingolstadt.


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