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XXI. Johannes Holkot an Magister Ortuin Gratius.

Freundschaft zum Gruße, vortrefflichster Mann! Ich habe Euern Brief erhalten, den Ihr in Köln abgefaßt habt; merket aber wohl, daß dieser Brief am St. Margaretentage abgefaßt wurde, ich ihn aber am Tage des heiligen Bartholomäus erhielt. Daher sagte ich beim Empfang: »Teufel auch! der Brief ist schon lange geschrieben – Herr Ortuin wird böse über mich sein und kann sagen: wie ist doch der so hochmütig, daß er mir nicht antwortet!« Ich bitte Ew. Ehrwürden, mich entschuldigen zu wollen, und Ihr dürft auch gar nicht zweifeln, daß es sich so verhält. Ihr glaubet nämlich, ich sei noch in Kassel, allein mein Gastwirt hat mir den Brief, nachdem er ihn erhalten, nach Marburg nachgesandt; und so verging viele Zeit. weil ich dermalen in Marburg bin und zwei junge Leute von Stande zum unterrichten habe. Wenn Ihr mir also Briefe schicken wollt, so müßt Ihr sie hierher adressieren. Auch habe ich von Euch erfahren, daß Ihr mit Abfassung eines merkwürdigen Buches beschäftigt seid, welchem Ihr den Titel »Verteidigung des Johannes Pfefferkorn gegen die Verleumdungen etc.« geben und es drucken lassen wollt. Auch schreibet Ihr, daß Ihr nicht gesonnen seid, Euern Namen auf den Titel zu setzen, sondern denket, es sei besser, den Namen von Johannes Pfefferkorn darauf zu setzen, weil Pfefferkorn sich um derlei Dinge nicht kümmert und den Johannes Reuchlin und dessen Anhänger nicht fürchtet, falls sie eine Schrift gegen ihn verfassen wollten. Allein ich will Euch etwas anderes sagen. Wie? wenn Reuchlin sagte: »Sieh da, Pfefferkorn versteht kein Latein, folglich kann er derartige Schriften nicht verfassen, dagegen verfassen die Theologen zu Köln und Ortuin, der ihr Organ ist, solche Schmähschriften und sagen hernach: Pfefferkorn ist der Verfasser, nicht wir.« Es wäre mir lieb, wenn Ihr das wohl überlegtet, ehe es geschieht; wolltet Ihr nachher Eure Verfasserschaft leugnen, dann könnte Reuchlin Euern Stil erkennen und beweisen, daß Ihr der Verfasser seid, und so würdet Ihr in ärgerliche Geschichten hineingeraten. Verzeihet mir, denn es geschieht aus Liebe, was ich Euch schreibe. Lebet wohl!

Gegeben zu Marburg.


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