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LXV. Dem hochgelahrten Magister der verbotenen Künste Ortuin Gratius von dem Kölner Theologen Magister Barthel Kurz.

Empfanget meinen Gruß, wenn Ihr wollt, hochgelehrter Herr Magister Ortuin! Es hat mir einst ein Gewisser an einem gewissen Orte von Euch gesagt, Ihr wäret sehr leidend, und wann ihr leidend seid, so tuet Ihr immer, als wäret Ihr wahnsinnig. Ich lobe das an Euch, denn es ist dies eine besondere Eigenschaft derer, welche die verbotenen Wissenschaften kennen, d. h. die Teufel in ein Glas, oder irgendwohin sonst zu bannen verstehen; denn diese sind, wie sie fast alles sind, so manchmal auch wahnsinnig. Auch müssen sie Bastarde sein, wie Ihr – wie mir ein ganz vertrauter Freund gesagt hat – auch seid, weil diese immer besser für den Teufel sind, um etwas auszurichten. Denn der Teufel gibt sich nicht so gerne den ehelich Geborenen hin, wie den Bastarden, welche ganz besonders sich für den Teufel eignen. Wäret Ihr nur ein Mönch, dann hättet Ihr alle Gaben für diese Kunst, und dann wäret Ihr ein treffliches Werkzeug des Teufels. Allein ich weiß ja nicht, ob Ihr ein Mönch seid. Denn, wäret Ihr einer, dann wäre ich wohl zufrieden, denn die Mönche besitzen vor andern jene Gnade, daß sie sehr entschlossen sind und, was sie unternehmen, auch auszuführen wagen; wie ich unlängst von einem namens Paul Lang gehört habe, der einen ganz vortrefflichen Traktat gegen Jakob Wimpheling geschrieben hat hat und ihn tüchtig heruntermacht. Auch sagt man von diesem Paul, daß er – mit Respekt zu melden – neunmal aus dem Kloster gelaufen sei, und was niemand zu tun unternehme, das tue er. Und ich glaube, daß auch er zuweilen wahnsinnig und ein Bastard ist. Das dritte hat er aus sich. Auch lobe ich es sehr, daß er auch Euch, der Ihr es mit dem Teufel habt, ähnlich ist: doch lassen wir das, mit allem Respekt, beiseite. Ich habe hier einen merkwürdigen nigromantischen Punkt, worüber ich Euch gern offen schriebe, allein ich fürchte, daß, wenn Ihr so im Wahnsinn seid, Euer Famulus den Brief finden könnte, und wenn er ihn läse, würde der Teufel mich und ihn holen. Und darum will ich es nach meiner Gewohnheit halten: wenn ich nämlich irgend ein Geheimnis habe, dann schreibe ich es aufs Papier ohne Tinte, und dann kann es niemand lesen, als nur ein Bastard. Und so habe ich denn im vorliegenden Falle beschlossen, es auch bei Euch zu machen. Hier folgt nun dieser Punkt:

Mit magischer Tinte geschrieben, darum nicht sichtbar.

Ich glaube, Ihr habt mich wohl verstanden, und so ist es denn auch Wahrheit. Ich verbiete Euch und beschwöre Euch bei der Macht aller verbotenen Wissenschaften, lehret es keinen Menschen. Und so lebet denn wohl! Aus der Ruprechtsau. In kurzem dürft Ihr noch mehr und wichtigeres von mir erwarten, wenn es Euch gefällt.


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