Julius Wolff
Der Sülfmeister
Julius Wolff

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Drittes Kapitel

Der Bürgermeister Johann Springintgut befand sich auf- und abschreitend, wie es in Augenblicken einer Gemütsbewegung seine Gewohnheit war, in dem sehr behaglichen Wohngemach seiner Familie, und seine Gattin saß mit der vierzehnjährigen Tochter Christine auf einem erhöhten Fenstersitz. Die Ungewißheit der nächsten Zukunft mit allen Hoffnungen im günstigsten und allen Befürchtungen im schlimmsten Falle bildete den Inhalt ihres Gespräches. Er hatte seiner Frau den Vorschlag gemacht, mit den Kindern nach Hamburg zu ihren Verwandten zu gehen und dort so lange zu bleiben, bis das Unwetter in Lüneburg vorüber sei. Sie hatte ihm dagegen auf das bestimmteste erklärt, jetzt unter keinen Umständen von seiner Seite weichen zu wollen. »Aber unser Silbergerät, Johann, alle Kleinodien und was du an Geld und Geldeswert entbehren kannst, solltest du dorthin schicken«, sprach sie, »es wäre dort sicherer als hier.«

»Darum ist mir nicht bange«, entgegnete er, »aber um dich sorge ich mich. In den stürmischen Tagen, die wohl kommen werden, können leichtlich Dinge gestehen, die ein Frauenherz schwerer überwindet als unsereins, und damit möchte ich euch verschonen.«

»Was du zu tragen hast, Johann, das tragen wir mit«, sagte die Frau. »Nicht wahr, Christine?«

»Alles, Mutter!« sprach Christine. »Bitte, bitte, lieber Vater, laß uns bei dir bleiben!«

»Wenn ihr es durchaus so wollt«, erwiderte Springintgut; »aber ich sehe es ungern. Ich würde mich freier und stärker fühlen, wenn ich euch wohlgeborgen wüßte.«

»Fürchtest du wirklich so Schlimmes? Fürchtest du einen Aufstand?«

»Mathilde«, sprach er, »wer kann das wissen! Die Gemüter sind erregt; unsere Feinde mehren sich und hetzen und wühlen ohne Unterlaß. Ich wollte, die Stunde der Entscheidung wäre da; diese Ungewißheit ist mir gräßlich. Entweder – oder! Meinetwegen Kampf auf Leben und Tod! Nur Entscheidung!«

»Johann!« rief die Frau, sprang auf und umschlang den Gatten, als wollte sie ihn halten und schützen; auch Christine schmiegte sich angstvoll an den Vater. »Auf Leben und Tod? Steht es so?« Eine Träne glänzte ihr im Auge.

»Nun, nun!« beruhigte er sie. »So ein Wort ist noch kein Schwertschlag; ich meinte ja nur – ich meinte nur einen Kampf mit Meinungen und Worten.«

»Johann, du verbirgst mir etwas!« rief sie und umfing ihn noch fester. »Laß uns fliehen, Johann! Wohin du willst, nur daß wir beieinander bleiben.«

»Mathilde!«

»Mit dir will ich alles tragen, alles, auch den Bann! Aber ohne dich kann ich nicht leben, es ist mir undenkbar!«

Er drückte sie heftig an sich und suchte ihr seine eigene tiefe Bewegung zu verbergen. Dann küßte er sie heiß und innig und machte sich schnell aus ihren Armen los; er hatte seine Selbstbeherrschung wieder. »Ein Bürgermeister von Lüneburg fliehen?!« rief er lachend. »Und eine Bürgermeisterin, eine Witzendorf sich fürchten? Christine, lache doch mit! Lache Mutterchen aus!«

Mutter und Tochter lächelten unter Tränen und blickten ihn mit unsäglicher Liebe an.

»Siehst du's nun ein, daß wir bei dir bleiben müssen?« fragte Frau Mathilde. »Fern von dir würden wir in Angst um dich vergehen.«

»Ja! Ihr bleibt hier!« rief er ganz fröhlich. »Wir halten zusammen aus und nehmen hin, was kommt!«

»Alles!«

Er hatte mit dem einen Arm die Frau, mit dem anderen die Tochter umfaßt und drückte sie beide an sich. Da kamen ihre zwei Söhne von zwölf und zehn Jahren aus der Klosterschule von Heiligenthal.

»Wo kommt ihr denn so spät her?« fragte der Bürgermeister.

»Wir waren eine Stunde eingesperrt«, antwortete Barthold der ältere.

»So? Warum denn?«

»Wir haben uns geprügelt.«

»Was? Geprügelt habt ihr euch?« fragte die Mutter.

»Ja Vater«, rief Kurt, der jüngere, »wir haben uns tüchtig gehauen, und morgen hauen wir uns wieder.«

»Oho!«

»Ja, aber nicht in der Schule; draußen vor dem Lüner Tor, da spielen wir Ratmannen und Gilden.«

»Ach, das ist ja wunderhübsch!« lachte der Vater. »Ihr seid doch natürlich Ratmannen?«

»Versteht sich! Barthold ist Bürgermeister.«

»So, der hat wohl die meisten gekriegt?«

»Ich glaube ja!« erwiderte Barthold. »Aber morgen wird's anders.«

»Wer hat denn das schöne Spiel angefangen? Die Ratmannen oder die Gilden?«

»Die Gilden, Vater! Die Gilden!« riefen beide Jungen zugleich.

»Aha! Aber warum denn?«

»Sie haben uns geärgert«, sprach Barthold.

»Ja, sie haben uns geärgert«, wiederholte Kurt, »vor ein paar Tagen schon.«

»Womit haben sie euch denn geärgert?«

Darauf schwiegen die beiden gesunden, rotwangigen Blondköpfe, die sich wie ein Paar Zwillinge ähnlich sahen, nur daß Barthold einige Zoll größer war als Kurt.

»Nun? Heraus damit!« mahnte der Vater.

»Thomas Dörgerloh sagte, sie wollten dich absetzen«, sprach Barthold mit niedergeschlagenen Augen.

»Ja, und sie wollten uns alle zur Stadt hinausjagen, sagte Martin Regenstörp, »und dann kriegten wir noch mehr Haue«, vervollständigte Kurt, der von den beiden Jungen der munterste und drolligste war.

»Und das habt ihr euch nicht gefallen lassen.«

»Nein, da haben wir sie gehauen, ich und Hermann Dassel.«

»Und ich und Moritz Brömbsen auch.«

»Und Fricko Vogelsang schimpfte uns Salzjunker.«

»Und da hat ihn Stephan Garlop gehauen; das war neulich schon, und nun geht's alle Tage so, aber heute war's am tollsten, da kamen noch andere dazu, immer mehr, und da haben wir so lange gekämpft, bis der Pater regens dazukam.«

»Aber morgen nachmittag vor dem Lüner Tor, Huida! Die Jungens, die sollen mal Haue kriegen, die Gilden!« rief Kurt augenfunkelnd.

»Untersteht euch!« sprach Frau Mathilde. »Ihr geht mir nicht aus dem Hause!«

»O Mutter, da müssen wir hin!« rief Barthold.

»Ich will euch mal was sagen, Jungens«, sprach der Bürgermeister. »Die Sache hat ihren Haken. Wenn sich Ratmannen und Gilden hauen wollen, so überlaßt das euren Vätern, die werden das besser besorgen als ihr, wenn es nötig ist.

Ich werde morgen nachmittag den Fron mit dem Büttel vor das Lüner Tor schicken, damit der eine die Herren Ratmannen und der andere die Herren Gilden bei den Ohren nimmt, wenn ihr das schöne Spiel wieder anfangt, verstanden?«

Die Jungen seufzten und sahen sich traurig an. »Wozu sagst du's auch!« warf der ältere dem jüngeren vor.

»Ob ihr mich verstanden habt, frag' ich!« wiederholte der Bürgermeister, faßte jeden seiner beiden hoffnungsvollen Sprößlinge an einem Ohr und sprach langsam, bei jeder Silbe ihre Köpfe sanft gegeneinander stoßend: »Ihr – sollt – Frie – den halten! – Habt ihr mich nun verstanden?«

»Ja, ja!« riefen die Jungen und sprangen lachend davon.

»Was man mit den Rangen für Not hat! Nicht wahr, Stine?« lächelte er und band die beiden langen Zöpfe seiner Tochter ihr unter dem Halse fest zusammen; sie griff nach seinen Händen, und er küßte sie auf die frischen, roten Lippen, wahre Rosenknospen in dem noch kindlichen Mädchengesicht.

»Siehst du, Johann«, sagte die Bürgermeisterin, »das ist das Vorspiel; Gilden und Ratmannen!«

Er lächelte: »Ich sprach gestern den Sülfmeister, Mathilde, und fragte ihn: Was sagt Eure Frau? Nichts, erwiderte er, sie kennt ihren Mann, und solange sie mich ruhig sieht, ist sie es auch. Ich weiß, du liebst ihn nicht, Mathilde; aber wenn du dem Mann in die Augen sähest, so würdest du getrost sein; er ist die lebendige Kraft und Treue.«

»Nur eine ist dir treu, Johann, und das bin ich!« sprach sie und drückte ihm die Hand.

»Ängstige dich nicht, Liebe!« erwiderte er. »Ich hoffe, wir genießen noch glücklichere Tage zusammen, als diese sind.«

In Sankt Marien fing es an zu läuten, und Augenblicks lagen finstere Schatten auf des Bürgermeisters Antlitz.

Das Glockenläuten in Sankt Marien bedeutete den Beginn eines außerordentlichen Gottesdienstes, wie er auf Anordnung des Domdechanten jetzt täglich abwechselnd in allen Kirchen stattfand. Es ward dabei eine Messe gelesen, eine kurze Predigt gehalten und um Erhaltung von Frieden und Eintracht in der Stadt und um Erleuchtung des Rates und der Bürgerschaft gebetet, daß sie den Willen Gottes – soll heißen des Papstes und der sülzbegüterten Prälaten – erkennen und sich ihm beugen möchten, auf daß sie nicht ihr Seelenheil verscherzten und der ewigen Verdammnis verfielen.

Diese Gottesdienste wurden, namentlich von dem weiblichen Teil der Einwohnerschaft, fleißig besucht, zumal es sich leicht ereignen konnte, daß sie für längere Zeit die letzten waren, denn während eines über die Stadt verhängten Bannes sollten alle gottesdienstlichen Verrichtungen eingestellt werden. Die gewandtesten Redner wurden auf die Predigtstühle geschickt, und ihre flehentlichen Ermahnungen, ihre lebendigen Schilderungen der zeitlichen und ewigen Strafen wirkten ergreifend und erschütternd auf die Gemüter der gläubigen Hörer. Eine Seelenangst, in der sie um ihr und ihrer Lieben höchstes Gut im Himmel und auf Erden sorgten, erfaßte sie und wuchs und wuchs, ihnen das Herz beklemmend, wie steigendes Wasser dem Ertrinkenden Luft und Leben nimmt.

Heimlich frohlockend bemerkten die schlauen Diener der Kirche den Erfolg ihrer Anstrengungen und halfen ihm kräftig und klüglich nach, indem sie mehr als je die Bürger in ihren Häusern besuchten, um ihnen in Tagen schwerer Gewissenskämpfe mit geistlichem Zuspruch beizustehen. Den Männern waren sie wenig willkommen, und sie suchten es daher so einzurichten, daß sie möglichst in deren, durch die vielen Beratungen jetzt häufig vorkommender Abwesenheit erschienen und die Frauen allein trafen. Manches, was sie von der Kanzel herab der Gemeinheit nicht sagen konnten, ließ sich unter vier Augen desto besser anbringen; jedes besondere Verhältnis, jede eigentümliche Stimmung und Gemütsart wurde benutzt, und kein Mittel zum Zweck gescheut; furchtbarste Drohung und freundlichste Bitte, salbungsvolle Würde und vertraulichste Annäherung, je nach den Umständen angewendet, führten, wie der oft fallende Tropfen den Stein höhlt, zum erwünschten Ziel. Die Frauen wurden gewonnen, und in den eben Bekehrten wurden neue Bekehrerinnen geworben, die teils aus eigenem Antrieb, teils auf Rat und Geheiß ihrer geistlichen Tröster wieder zu anderen Frauen gingen, bis mit geringen Ausnahmen alle in Herzensnöten bangten.

Nun aber trat das jetzt schon ein, was der Bürgermeister Springintgut damals auf der Küntje vorhergesagt hatte, daß nämlich die Frauen ihren Männern keine Ruhe lassen würden, bis sie sich durch Absetzung des Rates vom Bann gelöst hätten. Noch war der Bann nicht ausgesprochen, und nun galt es, ihn um jeden Preis zu vermeiden.

Die Männer von Lüneburg hatten keine Ruhe mehr, nicht bei Tag, nicht bei Nacht, nicht beim Essen, nicht beim Arbeiten. »Setzt den Rat ab!« So klang es ihnen immer und immer in den Ohren mit den tausend verschiedenen Tönen, deren die weibliche Stimme vom zornigsten Drohen bis zum süßesten Schmeicheln fähig ist. Der Mann bat um dies oder das. »Nein!!« hieß es steinhart und eiskalt. »Erst versprich mir, daß du den Rat stürzen willst.« Der Mann verschloß sich mürrisch in sich selbst, aber: »Männchen, liebes Männchen! Nicht wahr, du jagst auch den Rat fort?« lispelte es an seinem Hals. »Ich will dich auch küssen und herzen und dir alles zu Gefallen tun, was du nur ersinnen und erdenken kannst.«

Die Frauen der ratsverwandten Geschlechter dachten natürlich anders, aber auch unter ihnen gab es einige, die sich in ihrem Gewissen beschwert fühlten und vor dem Bann zitterten. Barbara von Erpensen lag auf den Knien und gelobte ihre keusche, jungfräuliche Seele jedem Heiligen, der ihr helfen wollte, den Bann abzuwehren. Sie hatte fast täglich Unterredungen mit dem Propst von Lüne und spann heimliche Pläne mit ihm.

Frau Johanna Henneberg litt in dem Kampf, der mit den vorrückenden Tagen an Heftigkeit und Bitterkeit zunahm, mehr als alle anderen Frauen. Sie sah den ganzen Haß, den die Gegner des Rates auf ihren Mann geworfen hatten, weil sich um ihn die ratstreuen Bürger wie um einen Führer scharten, aus dessen Entschlossenheit sie den Mut und die Kraft zum beharrlichen Widerstand gegen die Forderungen des Legaten schöpften; ohne ihn wäre vielleicht das Schicksal des Rates schon entschieden und die Gefahr des Gebanntwerdens beseitigt. Das wurde Johanna nun von den Frauen auch noch vorgehalten, die zu ihr kamen und von ihr die Geltendmachung ihres Einflusses auf den Meister mit mehr oder minder dringlichen Vorstellungen und stürmischen Bitten verlangten. Sie wies solches Ansinnen entschieden zurück, weinte ihre Tränen ungesehen und zeigte ihrem Mann kein heiteres – das war nicht möglich –, aber doch ein zufriedenes und ruhiges Gesicht. Sie war gottesfürchtig und fromm erzogen und besaß eine wahrhafte Demut vor allem, was ihr als göttlich und heilig galt; aber heilig war ihr auch ihre Liebe und Treue zu ihrem Gatten, zu dem sie mit einer gewissen Ehrfurcht aufblickte und dessen Los bis in das Jenseits hinein zu teilen sie sich mit einer durch nichts zu erschütternden Festigkeit gelobt hatte. Ihr stand der Bann und seine Folgen als etwas Schreckliches vor Augen, aber sie schwieg und schritt an der Seite ihres Gotthard dem Unabänderlichen gefaßt entgegen.

Unter den Männern mit den arbeitsharten Händen war kein aufgeklärter, seine Zeit überflügelnder Geist, der die Überlieferungen und Satzungen des Glaubens und die Ordnung der christlichen Kirche mißachtet hätte, vielmehr steckte in diesen biederen, hausbackenen Handwerkern ein sehr gesunder Kern von Christentum, das innerhalb ihres häuslichen Lebens sowohl wie ihrer Gilden und Brüderschaften in aufrichtiger Frömmigkeit, einfältigen, strengen Sitten und werktätiger Liebe ohne Empfindsamkeit und Schwärmerei wurzelte und blühte, so daß gerade aus diesen Wurzeln, aus diesem Boden heraus dem deutschen Volke der mächtige Baum erwuchs, in dessen Schatten eine spätere Zeit ihre teuersten Güter sammelte und rettete. Schon hatte jedoch ein großer Teil des Klerus durch sein zuchtloses Leben es mit den Städtern verdorben und sich um Glauben und Vertrauen bei der Bevölkerung gebracht. Zweifel an den Offenbarungen, den Heilsmitteln, den Strafgewalten der Kirche begannen sich in den Herzen der Menschen zu regen, weil ihnen Wunder und Zeichen von Lippen verkündet wurden, die ihnen verdächtig geworden waren. Darum war wenigstens den Männern der Bann nichts mehr so Furchtbares, das sie allein zum Abfall vom Rat hätte bewegen können. Noch etwas anderes kam dazu, die Handwerker für ratsfeindliche Absichten besonders empfänglich zu machen, ein merkwürdiger Zug, der nur ihrem und keinem anderen Stand eigentümlich war. So zäh und unlösbar sie nämlich am alten Herkommen hingen und für die Erhaltung des Bestehenden eintraten, wenn es sich um Handwerks Gebrauch und Gewohnheit handelte, ebenso umsturzgelüstig waren sie gegen Einrichtung und Verwaltung des städtischen Gemeinwesens. Bald lag diese, bald jene Gilde einer besonderen Forderung wegen im Hader mit dem Rat, oder sie griffen ihn, immer unzufrieden, samt und sonders an, um eine allgemeine Vergünstigung durchzusetzen und vor allem die Schranke zu durchbrechen, die sie von der Teilnahme am Regiment ausschloß. Diese beim geringsten Anlaß schnell aufflackernde Neigung zu Aufruhr und Umwälzung, diesmal noch unterstützt durch die Aufforderung des Oberhauptes aller Christenheit, trug kräftig dazu bei, dem Rat Gegner zu machen. Auch der Ehrgeiz wirkte mit. Nicht bloß in Daniel Spörkens verschrobenem Kopf nistete der eitle Gedanke, Ratsherr werden zu wollen, auch manchem anderen braven Handwerksmeister in Lüneburg saß er im Nacken.

Und nun erst die Frauen! ›Frau Ratsherrin! Das wäre der Mühe wert!‹ dachte jede und wollte den Nachbarinnen und Gevatterinnen dann zeigen, daß sie auch schwere Borten und breiten Biber tragen konnte.

So gingen die Tage dahin, die der Bürgerschaft als Frist zur Überlegung gesetzt waren. Von jedem der beiden sich immer schroffer gegenüberstehenden Teile wurden die äußersten Anstrengungen zu seiner Verstärkung gemacht, und wer seine Augen nicht dagegen verschließen wollte, der konnte und mußte sehen, daß die Zahl der Ratsfreunde immer mehr ab- und die der Gegner zunahm. Endlich kam man beiderseitig dahin überein, daß am letzten Tage vor Ablauf der Frist sämtliche Gilden, mit Ausnahme der Goldschmiede, die bereits abgestimmt hatten, Morgensprache halten und darauf sich alle Amtsmeister mit ihren Älterleuten in dem großen Saale des Kalands versammeln sollten, um hier durch Zählung der Stimmen für und wider den Rat die Entscheidung herbeizuführen.


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