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Wie der Graf samt Walter und anderen Dienern von dem Freiherrn angerannt, zwei von des Grafen Diener erstochen. Walter gefangen und der Graf an einen Baum gebunden, aber von Leufried wieder erlöst ward.

Leufried ließ diese Warnung gar nicht merken, damit es ihm nicht als eine Verzagtheit zugemessen würde. Eines Tages begab es sich, daß der Graf mit etlichen seiner Diener auf ein Schloß ritt, auf welchem er lange nicht gewesen war. Das ward aber durch einen dänemarkischen Roßkäufer dem Freiherrn verkündet, demselbigen ward auch für ganz gewiß angesagt, wie Leufried mit seinem Schwieger, dem Grafen, reiten würde. Der Freiherr versammelte bald ein Geschwader Reiter, denen befahl er, sich eilends beritten zu machen, desgleichen sich mit Harnisch und Gewehr wohl zu verwahren; denn sie müßten ein mannliches Ritterstück begehen. Dies alles ward nach seinem Befehl ausgerichtet, und er brachte in der Eile auf zehn Pferde zusammen. Der Graf versah sich gar nicht; denn ihm war von einem Feind gar nichts zu wissen, dieweil er mit allen seinen Insassen in gutem Frieden war. Er nahm zu sich vier seiner Diener, desgleichen Leufried und Walter, also daß sie zu sieben ritten. Nun wollte sich Unglück machen; denn als sie auf eine halbe Meile geritten waren, fiel dem Grafen ein, wie er etliche Briefe, an denen ihm viel gelegen war, daheim vergessen hatte. Er wollte diese Briefe keinem Diener zu holen vertrauen; dann er sorgte, die Sache möchte nicht nach seinem Willen ausgerichtet werden. Darum befahl er dem Ritter Leufried, die Sache zu versehen. Nun war keiner unter ihnen allen in seinem Harnisch angetan als er, und er ritt schnell und behende wieder zurück. Er war auch noch keine halbe Meile von seinem Schwieger gekommen, da hat sie der Freiherr in einem Wald auf einer Wegscheide angefallen, und ehe sie gewarnt wurden, hat er ihm zwei seiner Diener erstochen und mit lauter Stimme gerufen:

»Es sei dann, daß ihr euch allesamt gefangengebt, sonst müßt ihr heute den Tod von uns leiden.«

Der Graf entsetzte sich größlich ob einem so schnellen Überfall; denn er sah den plötzlichen Tod seiner Diener vor Augen und hatte niemanden mehr bei sich als zwei seiner Diener und Walter, die waren auch ganz erschrocken. Da war nicht lange zu bedenken; denn sie waren mit gewaffneten Reisigen ganz umringt, derhalb begehrten sie des Friedens. Der Freiherr eilte allein auf Walter; dann er war in gleicher Gestalt wie der Ritter Leufried, darum er ihn für Leufried hielt. Er nahm ihn und die beiden Diener, den Grafen aber befahl er an einen Baum zu binden und sagte:

»Dieweil Ihr diesen Bauernsohn mir fürgezogen und ihm Eure Tochter vor mir gegeben habt, will ich Euch zur Schmach also stehenlassen.« Seine Diener führten die Gefangenen davon. In diesem Schimpf kam Ritter Leufried geritten und ersah in dem ersten Augenblick seinen Herrn an den Baum gebunden und den Freiherrn noch bei ihm halten. Ritter Leufried sah an der Gestalt seines Herrn wohl, daß seine Sache nicht recht beschaffen war, auch hatte ihm der Freiherr zuvor gedroht. Darum machte er wenig Umstände, sondern zückte von Stund an sein gutes Schwert und sagte: »Gnädiger Herr, wer hat Euch solche Schmach bewiesen? Das zeigt mir an, ich will das mit meinem ritterlichen Schwert rächen oder mein Leib und Leben darob verlieren.«

Der Freiherr, welcher ein stolzer und gar wütiger Mann war, erkannte den Ritter zur Stund an seiner Sprache und sah wohl, daß er nicht den Rechten gefangen hatte. Er sagte aus großem Hochmut zu Leufried:

»Du bäurischer Ritter, dir soll auf diesen Tag nichts Besseres widerfahren, darum säume dich nur nicht lange.«

Der Ritter zückte behende sein scharfes und gutes Schwert und haute damit ganz kräftiglich nach dem Freiherrn. Der zuckte sein Haupt aus dem Streich, also daß Leufried sein verfehlte und hieb seinem Roß einen großen Teil von seinem Haupt hinweg. Davon das Roß ganz ergrimmte und in großen Schmerzen und Zorn durch den Wald ganz schnell lief. Leufried eilte ihm mit verhängtem Zaum auf dem Fuße nach, so lange, daß dem Gaul anfing schwach zu werden und er unter dem Freiherrn niederfiel.

Ritter Leufried sagte aus großem Zorn:

»Herr, Ihr müßt Euch auf diesen Tag gefangengeben, und nur bald, sonst müßt Ihr mir Euer Leben in diesem Walde lassen, davor wird Euch niemand gefristen.« schützen.

Der Freiherr unterstand, sich mit Gewalt zu wehren, schrie damit seinen Dienern zu, die aber waren weit von ihm. Ritter Leufried ergrimmte so gar über ihn, daß er ihn nicht mehr begehrte gefangenzunehmen, sondern mit ganzer Kraft auf ihn zuschlug. Damit machte er den Herrn so ganz matt, daß er sich nicht mehr wehren mochte. Alsobald begehrte er der Gefangenschaft.

Also nahm ihn Leufried gefangen, doch mußte er ihm zuvor sein Schwert überantworten. Also führte er ihn behende wieder zu seinem Herrn. Da ward er erst aller Sachen berichtet, wie es mit den zwei Dienern gegangen war, da lief ihm erst sein Herz vor Zorn über. Also mußte ihm der Freiherr eilends geloben und schwören, ihnen beiden nachzufolgen. Also führten sie ihn auf das Schloß, welches dann nicht gar ein Vierteil einer Meile von diesem Ort war. Daselbst vermeinte Leufried seinen Gesellen und die anderen zwei Diener zu finden; denn er gedachte, sein Herr hätte die von sich gesendet und wäre erst darnach mit den anderen zwei Knechten angegriffen worden. Als er aber vernahm, daß Walter gefangen war, schwur er bei seinem ritterlichen Orden, daß er nimmer ruhen noch rasten wollte, sein Gesell wäre dann seiner Gefängnis ledig und los, und wo dies nicht auf dieselbige Nacht geschehe, so wollte er den Landsherrn mit seiner eigenen Hand umbringen. Dies alles sagte er dem Freiherrn unter die Augen, davon er sich nicht wenig entsetzte. Dieser begehrte zuhand, daß man ihm Papier und ein Schreibzeug geben sollte, so wollte er eilends einen Brief schreiben und denselbigen seinem Burgvogt zuschicken, damit die Gefangenen nicht in harte Gefängnis gelegt würden. Dies ward ganz eilends vollstreckt, wie er begehrt hatte.


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