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Wie der Graf seinen ganzen Hof zusammenrufen ließ und ihnen seine vorgenommene Reise zu wissen tat, dabei allen befahl, sich aufs fürderlichste zu rüsten, und wie Angliana dem Leufried eine Livree gab.

Den anderen Tag gab der Graf Befehl, daß man all sein Hofgesinde, von Adel oder nicht, zusammenberufen sollte. Das ward nach seinem Willen eilends vollzogen. Als sie nun gemeinlich beieinander waren, ließ er den königlichen Brief vor ihnen allesamt verlesen, ermahnte sie demnach auf das freundlichste, sich gut zu rüsten, damit er bei dem König nicht als ein Nachlässiger möchte angesehen werden, sagte auch dabei, welchen es am Roß, Harnisch oder anderem Zeug abginge, die sollten das dem Rüstmeister anzeigen, damit sie nach dem besten möchten versehen werden.

Diese Botschaft vernahmen sie allzumal mit großen Freuden; denn ein jeder meinte, Ehre und Gut in diesem Zug zu bekommen. Der Graf ließ all sein Hofgesinde von Fuß auf neu kleiden, in einer gleichen Farbe und Livree. Angliana aber stickte ihrem Vater und Leufried einem jeden eine schöne Livree von Perlen und Gold sehr künstlich. Als die nun gearbeitet waren, schickte sie nach Leufried, gab ihm die beiden Livreen und sagte:

»Nimm hin, mein teurer Jüngling, von mir diese Livree, die eine für dich, die andere für meinen lieben Herrn und Vater. Du aber wollest bei der deinen mein zu aller Stund und allen Zeiten eingedenk sein, dich desto mannlicher und ritterlicher beweisen, darneben auch gewahrsamlich handeln, keinen kleinen Feind verachten; denn zu vielmalen geschieht, daß ein kleiner einen großen und gewaltigen überwindet, wie ich das in vielen alten Historien finde. Ich bitte dich auch, liebster Leufried, wollest ein getreues Aufsehen auf meinen Herrn und Vater haben, damit ihm nichts Arges widerfährt. Dir ist sein Alter und seine Schwachheit unverborgen, darum wollest ihn dir befohlen sein lassen. Ich wünsche auch nichts mehr, denn daß ich meinen Vater in dieser Livree und Kleidung wiedersehen möge und daß du, mein liebster Leufried, den Orden der Ritterschaft in der deinen erlangst und mir die als ein gestrenger Ritter wieder zu Gesicht bringst. Ach, wie möchte mir in diesem zeitlichen Leben mehr Freude und Glück zuhand gehen!«

»Allerliebste Jungfrau«, sagte Leufried, »mit großen Freuden habe ich diese Eure Gabe von Euch empfangen, verspreche Euch auch bei der großen und herzlichen Liebe, so ich nun lange zu Euch getragen habe, Euch nicht mehr unter Augen zu kommen, ich habe dann das gute und wahrhaftige Zeugnis, daß ich ein oder mehr tapferer und ritterlicher Stücke begangen habe. Hoffe, mich auch bei Eurem Vater dermaßen verdient zu machen, daß er mir selbst bei dem König um den Orden der Ritterschaft werben soll.«

»Das wolle Gott«, sagte Angliana, »denn also war auch unser erstes Fürnehmen und unser letzter Abschied.«

Nachdem sie nun etliche Stunden mit sehr freundlichem Gespräch beieinander verharrt hatten, dauchte es Leufried Zeit und nahm einen freundlichen Urlaub von seiner liebsten Jungfrau, damit er sich auch nach Notdurft versehen möchte. Kam also zu seinem Herrn, dem Grafen, brachte ihm die Livree von seiner Tochter, davon der Graf nicht wenig Freude nahm. Er schickte auch nach seinem Rüstmeister und befahl ihm, Leufried mit Roß und Harnisch und Wehr zu versehen, wie er in eigener Person reiten wollte. Dies alles ward nach des Grafen Befehl ausgerichtet. Also machte sich sein Volk in wenigen Tagen gar wohl gerüstet, so daß kein Fürst solchermaßen mit wohlgerüstetem und gutgeordnetem Volk an des Königs Hof erschien; davon er dann von anderen Grafen und Herren hoch gepriesen ward. Sie gönnten ihm wohl auch die Ehre, daß er ein Oberster über die Reisigen sein sollte.


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