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Wie der Graf mit seinem Volk hinwegscheidet. Leufried seine liebste Angliana in großem Leid verläßt, davon sie sehr krank ward, und wie Walter zu Hof blieb und seinem Vater eine Botschaft zuschickte.

Als nun die Zeit verlief und der Tag sich näherte, daß jedermann zu Lissabon erscheinen sollte, hat der Graf auf einen bestimmten Tag in seinem Lande umblasen lassen, daß alle, so zur Reise verordnet waren, an seinem Hof erscheinen sollten. Da ist kein Zurückbleiben gewesen, sondern alle gar auf bestimmte Zeit auf einen Tag zu Hof geritten kamen. Allda hat der Graf eine fürstliche Mahlzeit gehalten, alle Bürger freundlich geladen und sich mit ihnen geletzt, dabei gebeten, sich in seinem Abwesen bürgerlich und freundlich miteinander zu halten; das sie ihm dann allesamt mit Willen zu tun versprachen.

Als aber Angliana jetzund den Ernst ersah, daß kein Hintersichsehens Zurückbleiben mehr da war (denn der ganze Hof war erfüllt mit dem Ton der Trompeten und Heerpauken, so war in allen Ställen ein großes Wiehern von Pferden, an allen Orten klapperten die Harnische und lief zu einer um den anderen, dabei Angliana gänzlich abnahm, daß ihr liebster Herr und Vater samt Leufried hinscheiden müßten), ist sie in großes Trauern gefallen und besorgte jetzund nichts Übleres, dann Leufried würde vor seinem Abschied nicht mehr zu ihr kommen. Als sie aber ein kleines verzogen, gewartet, verweilt ist ihr Vater samt Leufried, im ganzen Küraß angetan, dahergetreten. Der Graf sagte:

»Angliana, meine liebe Tochter, es ist schon all mein Volk vorhanden, haben sich alle gar nach dem tapfersten aufgeputzt, darum will mir nicht länger gebühren zu harren. Ich bitte, du wollest dir unser Hinscheiden nicht lassen schwer sein; denn ich traue Gott dem Herrn, wir wollen unsere Sache bald dahin gebracht haben, daß wir wieder zu Haus kommen. Ich will dir den Walter hierlassen, dem habe ich Befehl an meinem Hof gegeben, er wird dir ein getreuer Hausvogt sein in meinem Abwesen. Und dabei lass' ich dir meinen Schildbuben, derselbige soll von und zu dem Haufen reiten, damit du jederzeit erfahren magst, wie alle Sachen stehen. Desgleichen sollst du mir auch allewege schreiben, wie dir's geht. Fürwahr, ich hab kein größeres Kreuz, denn daß ich dich nicht alle Tage vor mir sehen solle. Hiermit, liebe Tochter, befehle ich dich Gott dem Herrn, der wolle deiner pflegen in langer Gesundheit! Gehab dich wohl, meine liebe Tochter!«

Solches geredet, ging der Graf von seiner Tochter, dann er das Weinen nicht mehr verhalten mochte. Angliana gebärdete sich auch sehr kläglich, daß sie wohl zu erbarmen war. Leufried jammerte das sehr, also daß er gewollt hätte, daß er von ihr gewesen wäre. Er bot der Jungfrau seine Hand und sprach:

»Ach, meine liebste Jungfrau, ich bitte, Ihr wollt Euch nicht so hart bekümmern, sonst macht Ihr Eurem Herrn Vater seine Reise gar viel schwerer, denn sie ihm sonst gewesen wäre. Seid getrost, Ihr sollt gewiß alle Monat zum wenigsten Post von uns haben. Gott gesegne Euch, meine liebste Jungfrau! Ich hoffe, wir werden einander in kurzer Zeit mit großen Freuden wiedersehen.«

»O Leufried«, sagte Angliana, »wie läßt du mich in so großem Jammer! Ich sorge, mein Herz wird mir vor Leid zerbrechen; denn jetzund sehe ich dich und meinen lieben Vater hinreiten, eurem Feind entgegen, der dann mit großem Grimm und gewehrter Hand euch begegnen wird. Sooft ich dies gedenken werde, wie mag ich fröhlich sein?«

»Seid getröstet«, sagte der Jüngling, »meine allerliebste Jungfrau! Wir hoffen, das Glück wird auf unserer Seite sein, damit wir unsere Feinde ritterlich erlegen und mit großem Triumph wieder zu Land kommen.«

Damit umfing er die Jungfrau und schied in großem Leid von ihr.

Angliana konnte vor schmerzlichem Weinen kein Wort mehr sprechen, blieb also bei ihren Jungfrauen in großem Leid sitzen, bis man jetzund aufblies und jedermann sich zu Roß schickte. Indem saß der Graf auf, grüßte sein Volk allesamt und ritt zum Schloß hinaus durch die Stadt. Ihm zunächst ritt Leufried, sodann aller Adel, so er im Land hatte, sehr wohl geputzt. Da geschah ein jämmerliches Klagen und Weinen von dem gemeinen Volk, als wenn man ihren Herrn gleich zu Grabe tragen wollte.

Angliana stellte sich zuoberst in ihrem Gemach in ein Fenster, damit sie dem Zug lange nachsehen mochte. Sie wünschte ihm viel Glück und eine fröhliche Heimfahrt nach, und als sie aber jetzund niemand mehr hat sehen mögen, können. ist sie in ihr Gemach gegangen und hat den Tag gar nichts anderes getan dann seufzen, klagen und weinen, auch kein Speis und Trank gebraucht, bis der andere Tag erschienen ist.

Walter aber ist die erste Tagreise mit Leufried geritten und hat sich genugsam mit ihm unterredet, wie er sich in der Zeit halten sollte. Er gab auch Leufried einen Brief, den sollte er zu Lissabon besorgen, damit er gen Salamanka seinem Vater geschickt würde, so möchte sein Vater wissen, was seine Geschäfte wären.

»Sonst weiß ich wohl«, sagte Walter, »wird mein Vater in großen Sorgen meinethalben stehen.«

Also blieb Walter die Nacht bei Leufried. Morgens nahmen sie Urlaub voneinander, und ritt jeder seines Weges; Walter wieder gen Hof und Leufried mit dem Grafen gen Lissabon, wo sie dann von dem König gar herzlich empfangen wurden; denn sie kamen mit einem schönen Zug geritten, davon der König nicht kleine Freude nahm.

Es ward auch in kurzer Zeit alle Ordnung gemacht und gegeben, damit ein jeder wissen mochte, was sein Befehl war. So kam dem König auch täglich Post von seinem Volk, wie der König von Kastilien täglich großen Schaden tat. Darum begehrten sie Hilfe und Entschickung von ihm, und wenn die Hilfe schon nicht sehr groß wäre, wollten sie dem Feind dennoch in kurzer Zeit einen Abbruch tun und ihn dermaßen abkehren, daß ihm in nach. Portugal nicht mehr gelüsten sollte. Denn sie hatten den Feind dermaßen erfahren, daß nichts hinter ihm war, dennoch aber waren sie gar zu schwach, und war kein reisiger Zug vorhanden, so sie entschicken entlasten. mochte. Sobald der König diese Botschaft vernahm, hatte er sein Volk auch schon beieinander und ließ verordnen, daß man des Morgens aufblasen sollte und den nächsten anziehen. abziehen, aufbrechen. Das alles geschah nach Befehl des Königs.


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