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Wie Leufried mit dem Grafen zum Imbiß ging, darob sich alles Hofgesinde größlich verwunderte.

Wie nun Leufried und der Graf lange genug miteinander gesprochen hatten und es jetzund um den Imbiß wurde, hat man die Hofglocke angezogen, männiglich kam zu Hof und saß an seine verordnete Tafel. Der Graf aber brachte Leufried und Walter mit sich in den großen Saal, darob sich alles Hofgesinde großlich verwunderte; denn es wußte niemand, wie oder wann Leufried zu Hof gekommen wäre, wiewohl ihm niemand von allem Hofgesinde das Glück mißgönnte, sondern große Freude ob seiner Ankunft hatte.

Als man nun das Wasser genommen und zu Tisch gesessen, hat man das Essen aufgetragen. Der Imbiß ward mit Lust und Freuden vollbracht, und war Leufried schon all sein Unmut verschwunden; es mangelte ihm allein, daß er seine liebe Angliana nicht bei sich an dem Tisch haben mochte. Jedoch tat er in keinem Weg desgleichen, sondern erzeigte sich, mit Weis und Gebärd ganz fröhlich. Nicht minder Freude hatte Walter, daß er seinen liebsten Bruder und Gesellen bei seinem Herrn am Tische sitzen sah, da er doch ein solches ganz unmöglich geschätzt hatte.

Nun war es jetzund eben in dem halben Imbiß, da kam eine königliche Post eilends reitend, mit einem Brief in der Hand. Sobald er nun von seinem Pferd gestiegen, ist er eilends in den großen Saal gegangen und übergab dem Grafen des Königs Brief, dessen Inhalt war, daß der Graf ohne Verzug in dreizehn Tagen an des Königs Hof erscheinen sollte und sich auch mit aller Notdurft, so ihm vonnöten wäre, versehen, als nämlich mit Harnisch und Wehr, so gut er könnte; denn des Königs Meinung war, den Grafen zum Obersten über seine Reisigen zu machen. »Auf meine Treu«, sagte der Graf, »Leufried, mich dünkt, wir haben den Krieg schon vor der Türe. Darum laß dich nur nicht sehr darnach verlangen, ich denke, wir sollen sein all genug bekommen.«

»Das freut mich in meinem Herzen«, sagte Leufried, »es sagt mir auch mein eigenes Herz, wir werden gänzlich im künftigen Krieg gelingen.«

Nun war der Jungfrau Angliana gar nichts davon zu wissen, daß der Jüngling vorhanden und mit ihrem Vater zu Tische saß. Es hätte ihr dies der Schildbube gern zu wissen getan, er konnte aber zu der Zeit nicht abkommen. Alsbald aber jetzund das Mahl vollendet war und die Tafeln aufgehoben, kam er mit größten Freuden zu der Jungfrau, begehrte das Botenbrot von ihr und tat ihr alles zu wissen, was sich zugetragen hatte; davon ihr Herz sich in unermeßlichen Freuden hob. Sie gab dem Buben ein reiches Botenbrot, dessen er denn auch wohlzumut ward. Dann hat sich Angliana an ein Fenster gestellt, wo sie gewiß war, daß ihr Vater mit dem Jüngling vorbeigehen werde, wie denn bald geschehen ist. Bei und neben ihr standen ihre Jungfrauen und zuallernächst Florina und Kordula.

Als nun der Graf samt seinen Dienern aus dem Saal ging und Leufried zunächst bei ihm, sprach Angliana:

»Liebe Florina, sage mir, wer ist der schöne Jüngling, so mit meinem Vater aus dem Saal geht?«

Florina, die sein vorher nicht wahrgenommen, hat jetzt Leufried zuerst gesehen und, von Freuden gänzlich in ihrem Angesicht errötet, gesagt:

»O Jungfrau, jetzund mögt Ihr wohl fröhlicher sein, als einer Jungfrau auf Erden je ward; denn Ihr seid sicher, daß Leufried in allen Gnaden bei Eurem Herrn und Vater ist. Jetzund bedürft Ihr niemanden mehr, der Euch tröste, dieweil Euer Trost wieder zu Gnaden gekommen und ohne alle Sorge an dem Hof wohnen darf.«

»Nun wüßte ich gern«, sagte Angliana, »wie doch die Sache zugegangen und wer die Dinge so bald verhandelt hat; denn ich weiß, daß Leufried am nächst verschienenen Sonntag am vergangenen Sonntag. des noch gar nicht gesinnt gewesen ist, sonst hätt er sich in die scheußliche Kleidung nicht verstellen dürfen. brauchen. Wohlan, ich weiß die Sache wohl von Walter zu erfahren.«


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