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Wie Lenfried gen Lissabon reiten will und in die obengenannte Herberge kommt. Wie der Wirt ihm aber gesagt, daß vor einigen Stunden mehrere Kaufleute zu Fuß nach dem Wald seien, macht er sich eilends auf den Weg, sie noch einzuholen, und da kommt er zu den drei Mördern.

Die drei Mörder nahmen, damit man sie desto weniger verfolgen sollte, den Rückweg. Nun begab es sich aber, daß Leufried von seinem Herrn, Gold zu holen, nach Lissabon geschickt worden war und in dieselbige Herberge kam, kurz nachdem sie jene mit Walter verlassen hatten. Da ihm nun der Wirt riet, die fünf Kaufmänner noch einzuholen, um die Gesellschaft zu verstärken, so gab er seinem Gaul die Sporen und war noch nicht gar eine Stunde geritten, als ihm die drei Schelme mit den zwei geladenen Pferden entgegenkamen. Da sie Leufried so allein daherreiten sahen, sagte der Alte:

»Munter, liebe Brüder, jetzt setzt tapfer zusammen, ich hoffe, wir wollen noch alle drei beritten werden.«

Indem kam Leufried nahe zu ihnen, versah sich keines Argen und fragte sie, freundlich grüßend, ob nicht fünfe vor ihm mit zwei leeren Pferden durch den Wald gezogen seien. Da sprach der Alte: »Sie sind nicht weit von dir«, ging damit zu Leufrieds Pferd, hielt das beim Zaum, zückte vom Leder und sprach: »Steig ab, schnell und bald, oder du mußt uns dein Leben lassen.«

Leufried, ein guter Reitersmann, säumte da nicht lange, zückte sein gutes Schwert und hieb dem Alten die Hand an dem Zaum herunter, eilte dann streng kraftvoll. auf die anderen und schlug kräftiglich drein. Der Alte konnte vor Schmerz und Schrecken sich gar nicht mehr wehren, so wollten die zwei anderen auch gern entfliehen. Leufried war ihnen aber so auf den Hacken, daß er dem einen bald das Schulterblatt zerspaltete und dem anderen, der sich in einer Dornenhecke verfing, sein Schwert bis ans Heft durch den Leib stieß. Der andere lag und blutete in Ohnmacht. Da stieg Leufried ab und hieb ihm den Kopf gar herunter. Der alte Bösewicht begehrte der Stangen und bat um Fristung seines Lebens. Da sprach Leufried:

»Du schändlicher Mörder und Verräter, du mußt mir anzeigen, wo ihr die Pferde herhabt und was ihr darauf führt.«

Alsbald sagte ihm der Schalk alles, was sich mit den zweien zugetragen. Da band er ihm den stumpfen Arm mit einem Hemde zu, das er von den anderen gerissen hatte, saß dann auf sein Pferd und trieb den Räuber mit den zwei Rossen vor sich her.

Bald kamen sie an den Ort, wo Walter und der Knecht an Bäumen gebunden standen, die erschraken gar sehr, als sie den alten Mörder vorauskommen sahen; denn sie glaubten, er komme, ihnen das Leben zu nehmen. Da Leufried die beiden aber erblickte, erbarmten sie ihn gar sehr. Er stieg ab und löste ihnen ihre Bande auf; die hatten ihnen gar tiefe Wunden geschnitten. Wer war fröhlicher als die guten Jünglinge! Leufried gab ihnen ihre Gewande und Schwerter wieder und fragte nach allen Umständen, wie sie in solches Elend gekommen seien. Und da sie ihm erzählten, wie der alte Bösewicht so streng nach ihrem Leben gedrungen und so gar keine Erbarmung mit ihnen gehabt, geriet Leufried in einen grimmen Zorn gegen ihn und sprach:

»Da du diese jungen Männer mit Liebkosen verführt hast, daß sie sich deiner Verräterei ohne Mißtrauen übergeben haben, du aber noch weniger Erbarmen als deine Gesellen mit ihnen gehabt hast, so soll dir auch dein verdienter Lohn darum werden.«

Leufried nahm einen Strick, mit welchem Walter gebunden gewesen, und hängte den alten Bösewicht an einen Ast. Dann saßen sie auf zu Roß und beschlossen, nach dem Wirtshaus zurückzureiten und dort den Tag mit Speis und Trank sich zu erquicken; das waren sie alle wohl zufrieden.

Als sie nun den Weg so hinritten und sich miteinander ersprachen, fragte Leufried unter anderem, was ihr Wesen und ihr Geschäft wäre oder wohin sie reiten wollten. Da sprach Walter mit betrübter Stimme:

»Mein lieber Herr, ich hätte Euch gar lange davon zu sagen; denn ich reite keiner Kaufmannschaft oder anderem Gewerbe nach. Damit Ihr aber alles wohl vernehmt, will ich heute in der Herberge meine ganzen Lebensumstände und die Ursache meiner Reise nach der Reihe erzählen.«

Dies gefiel Leufried wohl, und als sie an der Herberge abstiegen, erkannte sie der Wirt gar wohl und fragte um die Ursache ihrer Rückkehr, freute sich auch gar sehr, wie er hörte, wie sie durch Leufrieds Tapferkeit aus der großen Gefahr entkommen waren. Nun zur Abendzeit wurden die Tische bereitet, da kamen noch sechs Kaufmänner aus Galizien, die wollten auch durch den Wald und über das unwegsame Gebirge; die wurden von dem ganzen Vorfall durch den Wirt berichtet, und freuten sie sich sehr ob der großen Männlichkeit Leufrieds, besonders da sie hörten, daß er morgen mit ihnen über das Gebirge reiten wollte.


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