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15

Es rann ein böses Gift durch Preußens Adern, das fraß sich bis an die Knochen hin, ließ die Säfte stocken und verpestete den Atem. Die Herzen der Guten und Besten wurden von ihm geätzt, und die Fenster, durch die man in die Welt schaute, überzogen sich mit Spinnweben, so daß der Unbefangenste daran zu glauben begann, es sei Wirklich alles so grau, wie es ihm in seiner Klause erschien. Wenn sich jemand die Mühe genommen hätte, zuerst einmal seine eigenen Scheiben blank zu putzen, so hätte er erkennen müssen, daß die Welt bloß so mißfarben aussah, weil die Pforten der Hölle den Mister Wühlmeier ausgespien hatten, einen Gesellen von angeblich englischer Herkunft mit deutschem Namen und Gesicht, dem über das deutsche Land große Machtvollkommenheit gegeben war. Aber diese Mühe nahm sich auch von den besten und freiesten Geistern keiner, denn es ist nun einmal deutsches Erbteil, bei Erkenntnis solcher Mißfarbenheit immer nur gleich zu glauben, es liege an der Welt und niemals, es könne an den eigenen Fenstern etwas nicht in Ordnung sein. Und es ist auch dem Deutschen nicht ganz leicht gemacht, zu seinen Weltfenstern zu gelangen, weil der Weg zu ihnen von allerlei altertümlichem Gerümpel verstellt ist, von Besserwissen und Immerrechthabenwollen und einer ganzen Menge von Kisten voller Mißtrauen.

Bismarck aber sah den Mister Wühlmeier sehr deutlich an der Arbeit, und weil er ihm das Handwerk legen wollte, so dachte er ihm vor allem jene Arena zu sperren, in der er sich vor den Augen aller Welt öffentlich hatte herumtreiben dürfen, und wo er unzweifelhaft hätte erkannt werden müssen, wenn diese Welt nur eben für ihn hätte Augen haben wollen. Er schloß den preußischen Landtag und schickte die Abgeordneten nach Haus. Und weil das nicht zu genügen schien, da nun die Zeitungen in ganzen Breitseiten zu kanonieren begannen, wo sie sonst nur einzelne Stückkugeln geschossen hatten, vernagelte ihnen Bismarck die Rohre und nahm ihnen durch eine Verordnung die Freiheit, mit ihrer Meinungsmunition umzugehen wie sie wollten. Das war nun freilich eine Kur nach der Eisenbartschen Methode, und das Geschwür, das nicht nach außen aufbrechen konnte, zog sich um so tiefer in die Gewebe, so daß schließlich alles in Glut und Fieber stand.

Es war aber des Mister Wühlmeier besondere Schlauheit, daß er den Leuten keineswegs etwa niedrige Gedanken und Gesinnungen ins Herz und Hirn legte, sondern nur die höchsten und besten, und daß sie im untadeligen Glauben dahinlebten, dem Vaterland könne nur auf ihre Weise und auf ihrem Wege nach dem Vorbild des parlamentarischen England geholfen werden. Und als nun das nach innen gedrängte Geschwür den bösen Adernbrand stiftete, da schlugen Glut und Fieber auch in königliches Blut und rissen es dahin fort, wo die höchsten und freiesten Gedanken und Überzeugungen zu sein schienen.

Das Danziger Rathaus hörte die Worte, mit denen der Kronprinz sich von den Ratgebern seines Vaters lossagte, und die ganze Nacht hindurch raunten die alten Steine von den Kellergewölben bis zu den Dachgiebeln davon, daß ein preußischer Prinz, der Erbe der Krone, die Politik des Königs vor einer Versammlung von Bürgern mißbilligt hatte.

Der Prinz aber fand sich in seiner offenherzigen Tat frei und groß und gelöst von langem Druck, denn er stand zuinnerst bei jenen, die nicht an Bismarcks Eisen und Blut, sondern an den guten Willen der Menschheit und ihre Heiligung in friedlichem Vernehmen glaubten. Und erst als ein väterlicher Brief über ihn hereinbrach, in dem erschreckend deutlich wurde, wie seine Worte Korn für die Mühlen der Widerstrebenden gewesen seien, erkannte er – nicht sein Unrecht, aber doch seine Unbesonnenheit.

Über alle diese Spannung und Unsicherheit aber war in jenen Junitagen des Jahres 1863 ein Himmel aufgebaut, blau wie eine Glockenblume und mit so dünnen Wänden, daß man hätte meinen mögen, man müsse die Ewigkeit dahinter summen hören. Dazu stand die Welt in Flor und Glorie, alle Birken wie weißgekleidete junge Mädchen; die Kastanien hatten nach einem kühlen Mai noch immer Tausende von Kerzen anstecken können; im Park von Babelsberg gab es Amseln, die sangen allen süßen Sehnsuchtsschmerz seit Erschaffung der Erde noch einmal herunter, und der See nahm alles das, Himmel und Landhäuschen und blühende Kastanien, zärtlich in seine Obhut, spiegelte es im grünen Waldrahmen seiner Ufer.

Der Wagen fuhr längs des Sees die Straße zum Neuen Palais, leichter Staub qualmte hinter ihm; auf dem blauen Rücken des Kutschers senkte sich das Tanzgewimmel zu Schichten. Hinter einem Gartengitter, zwischen Blumenbeeten, ging ein junges Mädchen, einen gelben Strohhut korbartig am Arm; mit weitabstehenden Röcken fegte sie links und rechts die Tulpenköpfe. Rotbraune Tonlöwen hockten auf hohen Ziegelsockeln zu beiden Seiten einer Einfahrt, von der ein glimmender Sandweg zu einer Villa hinanlief, die sich mit einer Säulenfront ganz antikisch auf eine kleine Anhöhe gestellt hatte.

Die ganze Sommerherrlichkeit hatte über den König keine Macht; Mißmut saß in ihm, und er wälzte düstere Entschließungen über den Störrischen und Abtrünnigen. Bismarck war einer Anrede gewärtig, sann indessen auf den See hinaus, wo jemand hemdärmelig im Boot saß und die Gegend auf einem Zeichenblock einzuheimsen schien.

»Warum reden Sie nicht?« sagte der König auf einmal aufgebracht, als habe Bismarck unschicklicherweise eine Frage überhört, »was sagen Sie also zu dem Brief?«

Bismarck stieß das Kinn nach vorn, wo Kutscher und Kammerdiener ihre Ohren nach hinten spannten, und antwortete französisch: »Majestät sollten sich damit zufrieden geben und Verzeihung gewähren.«

»Verzeihung! Zufrieden geben! Nachdem er mich so direktement blamiert hat? Man wird von ihm und seinem Fall die Konsequenzen nehmen. Ein König, der nicht einmal seinem Sohn die Mores beibringen kann, wie soll der uns, die freigewählten Abgeordneten und so weiter … na, Sie kennen das ja zur Genüge.«

»Trotzdem, Majestät, trotzdem! Lassen Sie die Sache auslaufen … jetzt ist es ein kleiner Skandal, hüten wir uns, daß nicht ein großer daraus wird, der dem königlichen Ansehen mehr schadet als so ein demokratischer Exkurs eines Prinzen.« Sie fuhren durch einen dichten Schwarm glashell geflügelter grüner Insekten, die eben erst im Uferschlamm von der Sonne ausgebrütet sein mochten. Sie tanzten, taumelten lichttoll und weltunerfahren über den Weg hin. Die Pferde schnaubten und schüttelten die Köpfe, Bismarck teilte das Geschwirr durch einen Schlag der flachen Hand: »Das vergeht alles sehr rasch«, sagte er.

Der königliche Unwille aber stemmte sich stark gegen alles Sänftigen. »Sie möchte ich sehen, Bismarck«, sagte Wilhelm deutsch, »wenn Ihre Jungen mal groß sind und Ihnen solche Stücke spielen. Würden Sie da nicht ein heiliges Himmelkreuzdonnerwetter …« Er unterbrach sich, von Bismarcks Blick gewarnt, und schaute wütend auf den Rücken der beiden Leute auf dem Bock, die geduckt dasaßen, als wollten sie ihre Ohren vergessen machen. Der Zorn rann im Französischen weiter, wurde schon durch die fremde Sprache etwas geglättet: »Ich kann das nicht dulden; wenn jeder Vater das Recht hat, seinen Sohn wegen Ungehorsams zu bestrafen, das soll ich mir versagen?«

»Die Staatsräson, Majestät …?«

»Ach was, Sie mit Ihrer Staatsräson … Ich will vor allem Ordnung in meinem Haus, damit fängt die Staatsräson an. Ist das erhört, daß ein Prinz von Preußen hingeht und erklärt, er finde, die Regierungsmaßnahmen seines Vaters seien bedauerliche Verirrungen … darauf läuft es ja im Grunde hinaus! Und daß er ausdrücklich versichert, daß er nichts von ihnen gewußt und an ihrem Zustandekommen keinen Anteil habe. Überlegen Sie sich das nur … malen Sie sich die Jubelchöre bei den Demokraten aus.«

»Es ist fatal!« sagte Bismarck. »Aber Geschehenes läßt sich nicht ändern, und er entschuldigt sich immerhin in seinem Brief.«

»Man muß ihm sozusagen mildernde Umstände zubilligen«, setzte er vorsichtig hinzu.

Der König hatte den Brief noch einmal aus der Innentasche seines Uniformrockes geholt und überflog ihn. Wieder drohten die Brauen Wettersturz, der Schnurrbart zuckte in heftigem Muskelspiel des Mundes. Dann schlug er mit dem Handrücken auf das knisternde Papier: »Gerade dieser Brief … der ist beinahe noch ärgerlicher. Was heißt das: er war der Meinung, es sich und seiner Kinder Zukunft schuldig zu sein … Will er denn künftighin mit Hilfe des Herrn Bockum-Dolffs und Herrn Stavenhagen und mit den Zeitungsschmierern gemeinsam regieren? Und glaubt er vielleicht, daß er gar so nahe daran ist, aus meinen Händen … daß ich vielleicht über heute oder morgen … oho! oho!!« Er schnellte empört vom Sitz und fiel wieder zurück.

Eine Gruppe von Spaziergängern stand am Wegrand, dehnte sich rasch beim Herannahen des Wagens in eine Reihe auseinander und zog die Hüte. Bismarck dankte höflich, der König sah nichts von ihnen, denn sein Blick war wutentbrannt nach innen gerichtet.

»Und dann dieses Begehren …«, entrüstete er sich weiter, »Enthebung von seinen Ämtern! Ist das nicht neuerdings eine, eine …? Entlassungsgesuch, wie ein gekränkter Minister. Einen Minister kann ich nicht halten, wenn er meine Politik nicht mehr machen will. Aber mein Sohn muß ausharren. Möchte sich entheben lassen, urbi et orbi zeigen, ich tue nicht mehr mit, mein Vater soll sehen, was daraus wird. O nein, er soll nur bei der Stange bleiben.«

»Es sind eben Einflüsse da«, sagte Bismarck tastend.

»Na ja … ich weiß: die englische Prinzessin, die mein Sohn geheiratet hat, paßt Ihnen nicht. Weiß ich schon lange. Kann mich erinnern, meinten schon damals, Kronprinz von Preußen wäre bessere Partie als eine Prinzessin von England.«

»Ich schätze Königliche Hoheit sehr als eine kluge und liebenswürdige Frau. Aber sollte es Ihnen unbekannt sein, wie sehr sie doch noch immer Engländerin ist? Unsere deutschen Prinzen und Prinzessinnen vergessen auf fremden Thronen sehr bald ihre Herkunft und sind stolz darauf, in das fremde Volk hineinzuwachsen. Die fremden Prinzessinnen, die von unseren Prinzen geholt werden, bleiben, was sie sind, und so sieht auch die Frau Kronprinzessin alles bei uns mit englischen Augen, hat ihren Sack von englischen Urteilen und Vorurteilen immer bei der Hand und spendet freigebigst …«

Ungeduldig winkte der König ab: »Mag sein! Bestreite ich nicht, daß sie Engländerin geblieben ist. Unser Konflikt, durch englische Brillen gesehen, mag bedrohlich stuartisch aussehen. Bestreite aber, daß mein Sohn durch solche Einflüsse … verstehen Sie! Ist nicht hohenzollernsche Manier, Frauen mitreden lassen und solche Einflüsse maßgebend werden lassen …«

»Gewiß!« versicherte Bismarck unbewegten Gesichts, nur der kleine Finger der linken Hand, die auf dem Wagenschlag lag, zuckte leicht, von einem Nervenreiz angerissen.

»Muß also auch volle Verantwortung tragen!« sagte der König, sich zu tragischer Gewalt zusammenraffend. »Werde ihn zur Rechenschaft ziehen.«

Bismarck gönnte dem König durch eine minutenlange Pause den vollen Genuß seiner Größe als Heldenvater. Die Pferde warfen die Beine hoch, über dem rasch rollenden Wagen streckten Linden ihre rundgeballten Wipfel einander zu, zwischen den dunkeln Stämmen, jenseits eines schmalen Rasenbords und des schweren Baumschattens blitzte der See flächig herüber.

Langsam sagte Bismarck, und jedes Wort sank wie ein Steingewicht herab: »Dazu möchte ich nicht geraten haben.«

Das war der Ton, in dem Bismarck entscheidende Dinge vorzubereiten pflegte, und der König kannte ihn zu gut, um nicht gespannt hinzuhorchen:

»Majestät sollten den Kronprinzen nicht zum Märtyrer machen«, setzte Bismarck hinzu.

»Hm! Märtyrer! Wenn er aber seine Strafe verdient?« wehrte sich der König. Aber Bismarck entging die Unsicherheit nicht, die dies einzige klug gewählte Wort angerichtet hatte.

»Es ist nun einmal so, daß die Leute den gemaßregelten Thronfolgern ihre ganze Sympathie zuwenden. Man sollte sich hüten, zu solchen Demonstrationen Anlaß zu geben. Hat sich nicht die ganze Welt auf Friedrichs Seite gestellt, als er von seinem Vater eingelocht wurde? Und weinen wir nicht noch heute um den Knaben Karl, obzwar wir inzwischen dahintergekommen sind, daß er ein bösartiger Schwachkopf war …?«

Die Straße wich vom Seeufer ab, eine breite, hellgrüne Wiese schob sich vor das Wasser, in dem mit einem Male das Bild einer großen, aus dem Nichts emporgetauchten schneeweißen Wolke sich zwischen den hingeschnörkelten Randspiegelungen von Wald und Gärten eindrängte. Sie fuhren längs einer submissen Zeile von Potsdamer Vorstadthäuschen und bogen in die friderizianische Parkherrlichkeit von Sanssouci.

»Und dabei geht das doch alles eigentlich gegen Sie«, brummte der König, schon auf dem Rückzug; Bismarck setzte ein gleichmütiges Achselzucken hin, das sagte ohne viel Prahlerei, daß man diesem breiten Rücken schon etwas aufladen könne, und daß er von einer derben Haut überzogen sei, die nicht gleich von jedem Mückenstich des Schicksals ins Schwellen und Schwären komme.

Ja, fuhr der König fort, und was der Prinz Friedrich dem Ministerpräsidenten alles vorgeworfen habe, das Schlimmste eigentlich, was von einem verfassungsmäßigen Minister gesagt werden könne, daß er das Volk verachte und am liebsten mit der Reitpeitsche behandeln möchte, daß er an der Auslegung der Verfassung einen rabulistischen Scharfsinn übe, der vielleicht einem Winkeladvokaten anstünde, aber nicht dem loyalen Leiter einer Regierung; und daß es gar nicht weiter verwunderlich wäre, wenn einmal, sobald die Verfassung doch vielleicht nicht mehr gebogen werden könnte, das Brechen an die Reihe käme. Eine solche Sprache könne er nicht dulden, meinte der König, und er werde den Kronprinzen zwingen, diese Äußerungen zurückzunehmen. Dabei sah er verstohlen aus den Augenwinkeln nach Bismarcks Gesicht, und ein mißtrauisches Schielen verzwickte seinen Blick.

Bismarck nahm die Kappe ab, die süße Lindenblütenluft des Hauptweges hauchte über die schweißbeperlte Stirn. »Ich möchte Majestät bitten, das zu unterlassen. Es ist mir keine Genugtuung, den Kronprinzen ins Unrecht gesetzt zu sehen. Ich bitte, nur keine Art von Maßregelung.«

»Sie sind gut, Sie sind edel, Sie sind rührend«, sagte der König, und der Ton seiner Stimme war seltsam schwankend, immer hart auf der Schneide, ganz ins Ironische zu gleiten. »Denken wohl daran …«, fuhr der König plötzlich herum, wie um Bismarck auf frischer Tat zu ertappen, »denken wohl daran, daß er einmal mein Nachfolger wird? Nicht? Sind ja ein weitschauender Staatsmann. Angenehm, sich beizeiten mit dem mutmaßlichen Erben auf guten Fuß zu stellen. Angenehm und nützlich. Erinnere mich, daß Sie ja auch, als ich Sie zur Leitung berief, bei meinem Sohn waren. Zuerst, ehe Sie überhaupt noch bei mir waren, haben Sie den Kronprinzen aufgesucht. Merke mir solche Dinge gut …«

War das ein Eisenreifen, den Bismarck auf seine heiße Stirn setzte, oder wirklich nur der Lederrand einer Kappe? Auf einmal war alle Spannkraft aus seinem Gesicht fort, ein ganz anderes Antlitz kam darunter zum Vorschein, ein trostlos entmutigtes, voller Falten und Runzeln: »Ich habe bereits mehrere Mal die Ehre gehabt«, murmelte er, »Majestät auseinanderzusetzen, wie sich die Sache zugetragen hat. Belieben gnädigst festzuhalten, daß mich der Kronprinz selbst rufen ließen und daß ich keinen Anlaß hatte, mich hier durch einen Ungehorsam gegen Seine Königliche Hoheit einzuführen.« Bismarck bediente sich geflissentlich höfischer Redewendungen, die ihm sehr geläufig von den Lippen gehen konnten, wenn es darauf ankam, zu zeigen, daß er den Einsatz seiner Persönlichkeit vermeiden wolle.

Der König wandte sich ab und haschte verlegen nach einem Lindenzweig, der nahe über seinem Kopf dahinschnellte: »Weiß schon«, brummte er, »haben sich ihm gegenüber zu nichts verpflichtet. Glaube es Ihnen gern.«

Neben ihm klirrte Bismarcks Majorsdegen. Und hastig, als könnte bei nur sekundenkurzem Zögern Unwiederbringliches versäumt werden, fuhr der König fort, indem er den Kopf ganz beim Wagen hinausdrehte: »Wünsche mir nur, daß ich noch ein paar Bismarcks hätte.«

»Ich, Majestät«, sagte Bismarck ganz heiser, »wünsche mir, nur einem einzigen Herrn zu dienen. Ihnen – und sonst keinem anderen weiter.«

Dann sprachen sie gar nichts mehr, sahen aus dem Wagen, der eine links, der andere rechts, als sei ihnen aufgegeben, die Lindenstämme zu zählen, und es dauerte auch nicht mehr lange, da fuhren sie in den Hof des neuen Palastes ein. Das ganze Lehrbataillon stand in Reih und Glied, blau vor den gelben Wänden, und so gleichmäßig, als habe Gott an ihnen das Zählen erfunden. Und so stramm sie standen, als nun der König unter Trommelwirbel und Pfeifengequieke auf sie zuging, da zog es sie noch strammer zusammen, und sie drückten die Knie durch und wölbten die Brust, daß der alte Fritz im Preußenhimmel darüber ins wohlgefälligste Schmunzeln kam.

Und während der König an der Seite des Majors Bismarck auf die Musterschar zuging, sagte er: »Stramme Jungens! – Werde also den Übeltäter pardonieren.« So daß es einem, der etwa nicht mit dem Herzen zugehört hätte, vielleicht hätte scheinen mögen, er verzeihe dem Kronprinzen um der guten Haltung dieser braven Soldaten willen.


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