Gottlieb Conrad Pfeffel
Poetische Versuche
Gottlieb Conrad Pfeffel

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Der gelbe Zwerg.

          Don Fernand war der keckste Held
Und schönste Knapp im Lande,
An Ahnen reich und arm an Geld
Wie mancher Herr von Stande.
Dabei ein Weltling ohne Zwang,
Der immer küßte, pfiff und sang,
Sich manchen Schwank erlaubte
Und wild nach Ehre schnaubte.

Doch lang kann niemand ohne Gold
Sich auf dies Handwerk legen,
Denn oft ist selbst der Minne Sold
Die Frucht vom goldnen Regen.
Das naget ihm die hohe Brust
Und zeigt ihm, selbst im Schoos der Lust
Nur Freuden, die ihm fehlen
Und Schulden die ihn quälen.

Einst gab der König ein Turnier,
Sein Hochzeitfest zu feyern.
Am Tagus und Guadalquivir
Erschollen nichts als Leyern
Und nicht aus Spanien allein,
Vom Rhodan, Ister, Thems und Rhein
Kam Rittersmann und Schranze
Zum Wettkampf oder Tanze.

Nur Ferdinand voll Wuth und Schaam
Flucht seiner leeren Tasche;
Umsonst ersäuft er seinen Gram
In einer Nektarflasche.
Durch Mangel von dem Fest verbannt
Läuft er an eines Abgrundsrand
Sein Leben zu verkürzen
Und sich hinabzustürzen.

Da kam auf einer Todesbahn
Ein Zwerglein ihm entgegen,
Gelb von Gesicht, gelb angethan
Und sprach zum armen Degen:
Verzagter Held, wo denkst du hin!
Willst du? zum reichsten Paladin
Von Westen bis nach Osten
Mach ich dich ohne Kosten!

Was soll ich thun? so fragt der Held
Mit strahlender Gebehrde.
Ey, nun für jeden Sack mit Geld,
Den ich dir bringen werde,
Versezt der kleine Malabar,
Sollst du von deinem Haupt ein Haar,
Als deines Dankes Zeichen,
Mir zum Geschenke reichen.

Ein Härchen? hundert geb ich dir,
Rief Ferdinand voll Freuden
Und herzt ihn. Eines gnüget mir,
Sprach jener, und beym Scheiden
Schnitt er das Härchen selbst ihm ab,
Indem er einen Sack ihm gab,
Beschwert mit tausend Gulden,
Auf Abschlag seiner Schulden.

Noch wähnet Junker Ferdinand,
Daß ihn ein Traumbild necket,
Bis ihn der Geldsack in der Hand
Aus seinem Wahn erwecket.
Er eilet seiner Wohnung zu
Und läßt sich weder Rast noch Ruh,
Um sich bey Kampf und Reigen
In voller Pracht zu zeigen.

Sein Auszug kostet den Pygmee
Wohl mehr als zwanzig Säcke.
Sein Roß, ein Zelter weiß wie Schnee,
Trug eine Purpurdecke;
Sein Harnisch war gebläuter Stahl,
Der Schwerdtes Knopf ziert ein Opal,
Den Helm zween Reigerschweife,
Den Schild zween goldne Reife.

So dringt er in der Kämpfer Kreis
Und fröhnt der Ehrsucht Triebe;
Sein Arm erhält der Stärke Preis,
Sein Blick den Preis der Liebe.
Sobald ihn nur die Damen sahn,
So trug ihr Aug ihr Herz ihm an
Und Ferdinands Gewissen
Verbot ihm nicht zu küßen.

Als das Turnier vorüber war
Hies man am Hof ihn bleiben;
Er thats und trieb ins vierte Jahr,
Was reiche Sünder treiben.
Der Zwerg verließ ihn keinen Tag,
Kaum scholl der zwölfte Seigerschlag,
So war er bey der Hecke
Und brachte seine Säcke.

Des Lebens thierischer Genuß
Erschöpft auch Riesenkräfte;
Schon lähmt die Gicht ihm Hand und Fuß,
Schon stocken seine Säfte,
Morbona wirft halb Leichnam ihn
Auf sein damastnes Lager hin,
Er beut dem Arzt Dukaten,
Umsonst, er kann nicht rathen.

Nun Zaubert seine Phantasey
Die Opfer seiner Sünden,
Als blaße Furien, herbey,
Die ihn lebendig schinden.
Er brüllt, er flucht und reißt voll Graus
Das dünngewordne Haar sich aus
Und will mit frevlen Händen
Durchs Schwerdt sein Leiden enden.

Allein zu schwach das Schwerdt zu ziehn,
Ruft er den Herrn der Hölle
Um Beystand an und schnell erschien
Der Zwerg an seiner Stelle,
Er reicht ihm einen härnen Strick
Und sprach: nimm hier den Sold zurück,
Den von dir empfangen;
Man fand ihn dran gehangen!


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