Gottlieb Conrad Pfeffel
Poetische Versuche
Gottlieb Conrad Pfeffel

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Der Dogge.

An Sophie von La Roche.

                  Ein Dogge, den mit eigner Hand
Ein Junker, der von keinem Mitleid wußte,
An seines Hofes Thorweg band
Wo er das Schloß bewachen mußte,
Lag harmlos einst im heitern Sonnenschein
Und spielte still mit seiner Kette.
Da trat die flüchtige Finette,
Ein Windspiel, vor ihn hin: mir wär es Höllenpein,
Sprach sie, zur unverdienten Schande
Der Fesseln so verdammt zu seyn;
Und ich begreife nicht wie deine Bande
Dein Spiel sind. Glaube mir, versetzet er,
Die Kunst die Ketten, deren Last wir fühlen,
Zu brechen, ist oft lange nicht so schwer
Als die – damit zu spielen.

O Freundin, diese Kunst besitzest du.
Mit einem Geist, den keine Furcht bewegte,
Sahst du schon oft der Hand des Schicksals zu,
Die sich auf deinen Nacken legte
Und streicheltest die ehrne Hand.
O du, Sophiens Vaterland,
Germania, wann wirst du sie belohnen?
Wann? . . . doch du hast für Töchter keine Kronen
Und deiner Helden edles Blut
Versteigerst du für Gold. Nun gut!
Willst du vielleicht die Heldin auch verkaufen?
Laß sehn, wie schlägst du mir sie an?
Ich will als Collectant von Thür zu Thüre laufen
Bis ich den Preis bezahlen kann.
Dann will ich nach Amerika sie schicken,
Wo mancher deiner Söhne ruht,
Um seinen neuen Freyheitshut
Mit diesem Kleinod auszuschmücken.


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