Gottlieb Conrad Pfeffel
Poetische Versuche
Gottlieb Conrad Pfeffel

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Sylla
und der schlechte Dichter

            Ein Mann, dem nie Minerva lachte,
Wiewohl er oft nach Schock und Pfund
Auf einem Speicher Verse machte,
Die niemand als er selbst verstund,
Sang zu des wilden Sylla Zeiten,
Den er zum Helden sich erlas,
Ein Lied für tausend Ewigkeiten
Und für den Hunger, der ihn fraß.

Mit krausem Kopfe wie Meduse,
Und wie Alcid in nackter Pracht,
Reicht er das Mondkalb seiner Muse
Dem Gönner. Sylla liest und lacht.
Sein Blick verwirrt den armen Dichter,
Der Schrecken bleichet sein Gesicht:
So steht ein Strauchdieb vor dem Richter,
Der ihm das Todesurtheil spricht.

Der Consul sprach, doch nicht im Grimme,
Nicht mit dem Tod in seinem Blick,
Er sprach mit gnadenreicher Stimme:
Nimm deinen Aberwitz zurück!
Ein Rittergut will ich dir geben,
Wenn du den leichten Eid erfüllst,
Daß du in deinem ganzen Leben
Nicht einen Vers mehr machen willst.

Er schwört. Ich hätte selbst geschworen;
Ein Landgut hat mich längst entzückt.
Doch nun wird kein Mäcen geboren,
Der schlechte Dichter so beglückt.
Zwar wenn auch Sylla kommen sollte
Und jedem nur ein Taubenhaus
Für sein Gelübde geben wollte,
Er langte mit ganz Rom nicht aus.


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