Gottlieb Conrad Pfeffel
Poetische Versuche
Gottlieb Conrad Pfeffel

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Emma und Eginhard.

An Betty.

                Geh, Betty, schließ die Halle zu
    Und giebt die Harfe mir;
Von einem Fräulein, schön wie Du,
    Sing ich ein Liedchen Dir.

Der große Carl, ein deutscher Held,
    Des Fräuleins Vater war;
Die Sachsen schlug er aus dem Feld
    Und manche Maurenschaar.

Doch Emma war so furchtbar nicht,
    Mild, heiter minnereich;
Ein Rosenbeet war ihr Gesicht,
    Ihr Aug dem Himmel gleich.

Die schlaue Mutter hielt sie hart,
    Kein Ritter kam ihr nah,
Bis auf den Junker Eginhard,
    Den Schreiber des Papa.

Ein hübscher Mann aus altem Stamm,
    Pechschwarz von Aug und Haar,
Flink wie ein Hirsch, sanft wie ein Lamm,
    Und keck wie Roland war.

Den ganzen Winter gab er ihr
    Im Schreiben Unterricht;
Allein sie sah nicht aufs Papier,
    Nur stets ihm ins Gesicht.

Ein weiches Herz führt Mädchen weit
    Im siebenzehnten Jahr.
Herr Eginhard in kurzer Zeit
    Der Hahn im Korbe war.

Einst hatte Carl das Zipperlein
    Und zog mit seinem Weib,
Der schönen Hildegard, allein
    Im Schach zum Zeitvertreib.

Es war um Lichtmeß. E'inhards Knie
    Erstarrt im Vorsaal. Ach!
Da führt ihn Satan, weiß nicht wie,
    In Emmas Schlafgemach.

Lag sie zu Bett? Die Chronika
    Sagt nichts davon; genug
Der arme Junker wärmt sich da,
    Bis Glocke zwölfe schlug.

Die Mette schallt. Mit einem Kuß
    Entwich er. Doch o weh!
Im Hof, durch den er waten muß,
    Lag nun ein tiefer Schnee.

Was seh ich, schrie er, großer Gott!
    Läßt sich mein Fußtritt sehn,
So sterb ich heut auf dem Schaffot,
    Du mußt ins Kloster gehn.

Stumm, wie die Schmerzensmutter, lief
    Das Fräulein durchs Gemach;
Auf einmal stand sie still und rief:
    Nur mir, Geliebter! nach.

Auf ihren Schultern trägt sie ihn,
    Beym klaren Mondenschein,
Durch den beschneyten Schloßhof hin,
    Bis in sein Kämmerlein.

Doch ach, ihr Heilgen alle, steht
    Dem armen Paare bey!
Carl sieht aus seinem Kabinet
    Die seltne Reuterey.

Voll Wuth griff er nach seinem Schwerdt,
    Schoß wie ein Pfeil heran:
Sterbt beyde, rief er – Nein, bekehrt
    Euch erst! – Holla, Caplan!

Der Priester hörts; mit schwerem Kopf,
    Das Chorhemd in die Queer,
Mit ofnem Wamms und Hosenknopf
    Flog er bestürzt daher.

Er sah. Nur Hogarth malt das Bild:
    Das Fräulein auf den Knien,
Carl mit dem Schwerdt, der Knapp als Schild
    Gelehnet auf sie hin.

Was soll ich? lallt Probst Engelbert,
    Mit einer Hand im Haar.
Ey nun, ruft Carl und senkt sein Schwerdt,
    Vermähle dieses Paar.


 << zurück weiter >>