Gottlieb Conrad Pfeffel
Poetische Versuche
Gottlieb Conrad Pfeffel

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Der Affe am Hofe

            Ein Affe machte so viel Streiche,
So manchen ausgelernten Spaß,
Daß man im ganzen Königreiche,
In jeder Zeitung von ihm las:
Und selbst des Löwen Hofpoeten
Erhoben ihn auf ihren Flöten.

Ein Fürst liebt eines Narren Possen
Oft mehr als des Ministers Rath,
Und bey dem Löwen ward beschlossen,
Den Pavian in vollem Staat,
Mit sechs geschmückten Panterthieren
In seine Hofburg einzuführen.

Der Löwe wollte fast zerplatzen,
Sobald der Gaukler vor ihm stand;
Mit tausend Schwänken, tausend Fratzen
War er beständig bey der Hand:
Und dann war in dem Kabinette
Kein Vieh, das nicht gelachet hätte.

Am Anfang trafen die Satyren
Den Schöps, den Esel und das Rind,
Drey Narren, die nach Standsgebühren
Das erste Ziel des Spottes sind;
Doch diese schwiegen und bewiesen,
Daß sie mit Unrecht Narren hiesen.

Der Beyfall, der ihn warnen sollte,
Des Königs Gunst berauschte ihn;
Indem er mehr sich zeigen wollte,
Ward unser Witzling allzukühn,
Und äffte mit verwegnen Possen
Den Tieger, Wolf und andre Grossen.

Nach einer Zeit von sieben Tagen
War Meister Affe so beherzt,
Sich an den Löwen selbst zu wagen,
Und nun war seine Gunst verscherzt.
Die Majestät, anstatt zu lachen,
Befahl, ihm den Proceß zu machen.

Bey Niedern die dem Spotte weichen,
Ist er verblümte Tyranney:
Bey denen, die an Stand sich gleichen,
Ist er ein Quell der Zänkerey:
Bey Großen ist er ein Verbrechen,
Das sie mit ihren Blitzen rächen.


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