Gottlieb Conrad Pfeffel
Poetische Versuche
Gottlieb Conrad Pfeffel

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Ibrahim

an meinen Carl

              Eh Ferdinand mit frommer Wuth
Die Mauren von sich stieß,
Floß Omars junges Heldenblut
Durch Gusmanns Ritterspieß.

Aus Furcht der Rache (reich und groß
War dieser Saracen)
Floh Gusmann und bleib athemlos
Vor einem Garten stehn.

Hoch war die Mauer, doch er schwang
Sich wie ein Pfeil hinein,
Und fang in einem Bogengang
Den Herrn des Guts allein.

Er fleht um Schutz. Mit seinem Stab
Schlug Emir Ibrahim
Voll Ernst itzt einen Pfersisch ab
Und theilet ihn mit ihm.

Nimm hin, sprach er, du bist mein Gast,
Dies ist des Schutzes Pfand,
Den du von mir zu hoffen hast
Und gab ihm seine Hand.

Doch plötzlich rief ein Mütterlein
Den edlen Greis hinaus;
Er schloß, um unentdeckt zu seyn,
Den Gast ins Gartenhaus.

Drey Stunden harrt er hier voll Gram,
Ihm scheint kein Mondenlicht,
Bis sein Beschützer wieder kam
Mit Thränen im Gesicht.

Den du erschlugst, grausamer Christ
Sprach er, der war mein Sohn;
Schön ist die Rache, schöner ist
Gehaltner Treue Lohn.

Fleuch; vor der Gartenthüre steht
Mein bestes Pferd. Man sucht
Dich an der See. Fleuch nach Toled;
Gott schütze deine Flucht!

Siehst du im Greis den halben Gott?
Wer wohlthut seinem Feind,
Mein Kind, wär er ein Hottentott,
So ist er Gottes Freund.


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