Gottlieb Conrad Pfeffel
Poetische Versuche
Gottlieb Conrad Pfeffel

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Der
Phönix
und das Rebhuhn.

          Ein Rebhuhn sah durch Regenfluth
Den Waizenvorrath weggespühlet,
Den es für seine kleine Brut
Gesammelt hatte. Niemand fühlet
Den Gram, den seine Brust empfand,
Als eine Mutter. Bebend wand
Es seine Flügel. Lautes Ächzen
Erscholl durch das verheerte Feld.
Der fromme Phönix hört es krächzen,
Und flog aus seinem Palmenzelt
Versteckt herbey: sein Ohr belauschet
Die Märtyrinn: ihr Kummer schwellt
Sein Herz: er naht sich ihr: Wer tauschet
Mir Waizen gegen Gersten aus?
Sprach er. Ach rief das Huhn, ich habe
Kaum tausend Körner noch im Haus.
Die nehm ich an: zur Gegengabe,
Versetzt der Phönix, wird der Straus
Ein Malter Gersten zu dir tragen.
Das Huhn verstummt: sein Auge floß
Und sagte mehr als Hymnen sagen.
Itzt reißt das Band der Zunge los:
O Heil dir, schluchzt es, unser Leben
Ist dein Werk: das Geschenk ist groß,
Noch größer ist die Art zu geben.

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