Gottlieb Conrad Pfeffel
Poetische Versuche
Gottlieb Conrad Pfeffel

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Die Königswahl.

        Das Reich der Affen ist, wie Pohlen,
Ein Waldreich; nur daß Kapriolen
Der Pavianen Thron verleihn.
Am Churtag ziehn die Candidaten
In einen lichten Palmenhain.
Hier weist das Volk und die Magnaten
Den Werbern eine Cocosnuß,
Die der im Sprunge pflücken muß,
Der sich zum Rang des Autokraten
Erheben will. Vor kurzem starb
Schach Matz der vierte, groß an Thaten;
Er fraß für drey. Sogleich bewarb
Ein Trupp von sieben Excellenzen
Mit blauem Bart und falben Schwänzen
Sich um den Thron. Zuletzt erschien
Auch noch ein achter Palatin,
An den man nicht im Traume dachte.
Es war ein misgeschafner Zwerg,
Mit einem Höcker wie ein Berg
Und einem Stelzfus. Alles lachte:
Er lachte mit. Der Kampf begann.
Die Streiter sprangen Mann für Mann,
Wie Flöhe, nachdem schlanken Aste,
An dem der Völker Schicksal hieng.
Sie thaten Wunder; jeder faßte
Den Preis. Doch von den sieben fieng
Ihn keiner; wie ein Aal entgieng
Die Nuß, die stets zu fallen drohte,
Des Haschers ausgestreckter Pfote,
Nur eine Faser hielt sie noch,
Als der Äsop an seiner Krücke
Auf den verlaßnen Kampfplatz kroch.
Von Hofnung und vom blinden Glücke
Beflügelt, wagt er einen Satz,
Der freylich nur die Luft bewegte,
Und doch dem schiefen Junker Matz
Das Königreich zu Füssen legte.
Man hob ihn schwebend auf den Thron
Und aus dem bunten Chor der Zünfte
Erscholl der laute Jubelton:
Es lebe König Matz, der fünfte.

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