Gottlieb Conrad Pfeffel
Poetische Versuche
Gottlieb Conrad Pfeffel

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Der Esel.

                Der Esel trat als Suplicant
Zum Löwen. Sir, darf ich es wagen,
Sprach er, ein Wort dir vorzutragen?
Die Polizei in jenem Land
Hat Männer von Talent ernannt
Des Nacht die Stunden anzusagen:
Nun wissen Berge, Thal und Wald
Wie mächtig meine Töne schallen,
Drum bitt ich, Sir, laß dir gefallen
Mit einem mäßigen Gehalt
Von Rocken, Haber oder Kleien
Das Wächteramt mir zu verleihen.
Er senkt das Ohr und schweigt. Alsbald
Wird seine Bitte placitieret,
Der Esel wird durch Stab und Horn
Zum Stundenrufer investieret
Und ein Gehalt von Heidekorn
Wird ihm zu Gnaden assignieret.
Die Nacht bricht ein. Wie Boreas
Ruft er: ihr Herren laßt euch sagen . . . .
Dem Hof gefiel der neue Spaß;
Doch als der Seiger Eins geschlagen
Und er noch rief, da fing der Chan
Den Schreyer zu verwünschen an;
Und Luna gieng noch nicht zur Neige,
So bot er durch ein Windspiel ihn
Auf seine Burg. Das Thier erschien.
Geh friß dein Korn daheim und schweige.
So sprach der Fürst und ließ ihn ziehn;
Und so entstunden in dem Staate
Die fetten Hofkanonikate
Für Esel, die auf Polstern ruhn
Und Sold beziehn um nichts zu thun.

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