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Fünfzehntes Kapitel.

Swinburne fährt fort, seine Geschichte von der Schlacht bei dem Kap St. Vincent zu erzählen.

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Zwei Nächte später, da ich wieder die Mittelwache mit Swinburne hatte, forderte ich diesen auf, sein Versprechen zu halten, und mir sein Garn über die Schlacht von St. Vincent zu spinnen.

»Das will ich thun, Herr Simpel; ich muß aber ein bischen Zündpulver haben, sonst kann ich nicht abfeuern.«

»Wünschen Sie Ihr Glas Grog vorher oder nachher?«

»Vorher in jedem Fall, wenn's Ihnen gefällig ist, Sir. Gehen Sie hinab und ich will indessen das Log für Sie auswerfen; dann werden wir eine ganze Stunde lang ungestört sein, denn dieser schwache Seewind wird feststehen, und wir führen nur wenige Segel.«

Ich brachte Herrn Swinburne ein Glas steifen Grog herauf, das er hinunterstürzte, worauf er tief aufseufzte, nachdem es geleert war, wie aus Kummer, daß nichts mehr da war. Wir stellten den Becher einstweilen in eins der Gangspilllöcher, setzten uns auf eine Ringkabel unter dem Luvbollwerk, und Swinburne begann, nachdem er einen Mundvoll Kautabak genommen, folgendermaßen: –

»Also, wie ich Ihnen schon sagte, Herr Simpel, der alte Jarvis ging mit seiner ganzen Flotte nach dem Kap St. Vincent ab. Wir verloren eins unserer Schiffe – und zwar einen Dreidecker – den Sanct Georg, der auf den Grund stieß und nach Lissabon zurückkehren mußte. Doch schlossen sich bald nachher fünf Linienschiffe, die aus England kamen, uns an, so daß wir im ganzen fünfzehn Segel stark waren. Wir hätten beinahe noch eines unserer Schiffe verloren, denn sehen Sie, der alte Culloden und der Colossus stießen tüchtig zusammen und Culloden kam am schlechtesten weg; aber Troubridge, der ihn befehligte, war nicht der Mann, das Feuer zu scheuen und zur Ausbesserung nach dem Hafen zurückzuverlangen, wenn einmal Aussicht da war, auf den Feind zu stoßen – und so flickte er eben sein Schiff wieder aus und meldete sich schon am nächsten Tage ›fertig zur Schlacht‹. Er war immer fertig zur Schlacht, das ist gewiß, ob aber sein Schiff in einem geeigneten Zustand sein mochte, das ist eine ganz andere Frage. Übrigens war er, wie die Matrosen im Scherze zu sagen pflegten, ›True Bridge‹ ('ne treue Brücke), auf die man sich verlassen könne, womit sie sagen wollten, er wisse, wie er sein Schiff in die Schlacht zu führen und wie er diese zu schlagen habe, wenn er einmal darinnen war. Ich glaube, es war am andern Tage, als Cockburn auf der Minerva zu uns kam und Nelson mitbrachte, nebst der Nachricht, daß die Dons Jagd auf ihn gemacht hätten, und daß uns die ganze spanische Flotte verfolge. Sie können sich leicht vorstellen, Herr Simpel, daß wir über den ›Kapitän‹ keine kleine Freude hatten, als Nelson zu uns kam, denn wir wußten wohl, daß unser Schiff, wenn es zum Gefecht mit den Spaniern käme, eine große Rolle spielen würde – und so kam es auch unfehlbar. Es war am Morgen des Dreizehnten, als der alte Jarvis das Signal gab, zur Schlacht sich vorzubereiten und dicht anzuschließen, was so viel heißen will, als daß der fliegende Klüverbaum des hintern Schiffes in die Sternfenster vom vordern Schiffe dringt; und wir schlossen uns in der That dicht an, denn man hätte auf der Lee- oder Wasserlinie der Flotte ringsherum von einem Schiffe zum andern laufen können. So lange ich lebe und atme, werde ich diese Nacht nie vergessen, Herr Simpel. Bisweilen hörten wir die Signalschüsse der spanischen Flotte in einiger Entfernung windwärts von uns hindonnern, und Sie können sich denken, wie uns bei diesem Schalle das Herz im Leibe vor Freude hüpfte, und wie wir die Ohren spitzten, den nächsten Schuß zu hören, um daraus den Lauf und die Entfernung der Spanier zu berechnen. Wir scharten uns auf den Spieren und den Laufplanken der Wetterseite erwartungsvoll zusammen. Ich hatte die Mittelwache und war zugleich Signalmann, so daß mir keine Zeit blieb, mich hinzulegen, auch wenn ich gewollt hätte; und selbst als meine Wache vorüber war, konnte ich es nicht über mich bringen, in meine Hängmatte hinabzugehen, sondern hielt auch noch die Morgenwache mit, wie das der größere Teil unserer Mannschaft that. Was Nelson anbelangt, so ging er die ganze Nacht im Fieber auf dem Verdecke hin und her. Mit Tagesanbruch hatten wir dicke und neblige Luft und konnten die Feinde nicht gewahr werden; aber bei dem fünften Glockenschlage gab der alte Culloden, der, wenn er auch seine Nase gebrochen, doch den Gebrauch seiner Augen nicht eingebüßt hatte, das Zeichen, ein Teil der spanischen Flotte sei in Sicht. Der alte Jarvis gab nun wiederholt das Signal, sich zur Schlacht parat zu halten, aber das hätte er sparen können, denn wir waren alle bereit: die Scheidewände herunter, die Schutzwehren hinauf, die Kanonen geladen, das Takelwerk aufgezogen, die Raaen an den Mast gehängt, Pulver aufgefüllt, Kugeln auf dem Verdeck und Schüsse abgefeuert, und was noch mehr ist, Herr Simpel, ich will verdammt sein, wenn wir nicht alle obendrein recht willig waren. Um den sechsten Glockenschlag vormittags klärten sich Dunst und Nebel auf einmal völlig auf. gerade wie sie im Theater von Portsmouth das niedergelassene Focksegel aufziehen, und wir sahen nun die ganze spanische Flotte. Ich zählte die Schiffe alle. ›Wie viele, Swinburne?‹ schrie Nelson. ›Sechsundzwanzig Segel, Sir‹, antwortete ich. Nelson lief auf dem Hinterdeck, die Hände reibend, und für sich hinlachend, hin und her; dann verlangte er sein Glas und kam mit Kapitän Miller auf die Laufplanke. ›Swinburne, gebt gut acht auf den Admiral‹, sagte er. ›Ja, ja, Sir‹, sagte ich. Nun sehen Sie, Herr Simpel, sechsundzwanzig Segel gegen fünfzehn sind ein großer Unterschied auf dem Papier; aber wir dachten nicht so, weil wir den Unterschied zwischen den beiden Flotten kannten. Da waren unsere fünfzehn Linienschiffe alle in schönster Ordnung aufgestellt, dicht zusammen geschoben, wie Dominosteine, und jeder Matrose an Bord von Verlangen brennend, zur Schlacht zu kommen. Dagegen waren ihre sechsundzwanzig alle wüst durcheinander, zwei Linien hier und keine Linie da, mit einer großen Wasserlücke in der Mitte. Auf diese Lücke nun steuerten wir mit allen unsern Schiffen und mit allen Segeln, die wir nur führen konnten, zu, und zwar dieserwegen, müssen Sie wissen, Herr Simpel, weil wir, wenn wir sie auf unsere beiden Seiten brachten, den Vorteil hatten, sie mit beiden Lagen bestreichen zu können, was nicht mehr Mühe macht, als wenn man mit einer kämpft, und überdies die Sache abkürzt. Gerade um die Zeit des siebenten Glockenschlages eröffnete Troubridge den Tanz, indem er ein halb Dutzend der Spanier beschoß und sie wanken machte, als ob sie betrunken wären, sie mochten nun wollen oder nicht. Puff, paff, puff, paff! o Herr Simpel, 's ist ein herrlicher Anblick, wenn so die ersten Kanonen abgefeuert werden, die eine allgemeine Schlacht herbeiführen müssen. ›Er hat 'n Hundeglück, dieser Troubridge‹, sagte Nelson, vor Ungeduld mit dem Fuße stampfend. Unsere Schiffe waren bald daran; Hammer und Zange! wie wetterten sie los, und der alte Sir John auf der Victoria zerschmetterte die Kajüttenfenster mit so höllisch scharfen Lagen, daß der Bursche davon segelte, als wenn ihn der Teufel gepackt hätte. Dem Himmel sei Dank! mit einem Portsmouth-Lastwagen hätten Sie können in seinen Stern fahren – die Ladung der Victoria hatte Platz genug gemacht. Übrigens waren die Schiffe bald alle ganz in Rauch eingehüllt, und wir konnten nicht sehen was vorging – doch dachten wir es uns recht gut. Also sehen Sie, Herr Simpel, das war, wie man so in der Komödie sagt, erster Akt, erste Scene; jetzt kamen auch wir ans Brett, und wenn ich meine Erzählung beendigt habe, so mögen Sie selbst beurteilen, ob der alte Kapitän nicht 'n Hauptfeger und Hauptabsäger war. Doch warten Sie jetzt einen Augenblick, ich will nach dem Kompaßhäuschen sehen, denn der junge Marsgast schläft ja am Rade ein. – »Heda, Herr Schmidt, schließt Ihr Eure Augen, um sie warm zu halten, und laßt das Schiff 'ne halbe Linie aus dem Lauf kommen? Nehmt Euch in acht, oder ich lasse einen andern Steuermann kommen und gebe an warum. Ihr werdet ein schlechtes Gesicht schneiden bei Sechstel-Wasser-Grog, morgen Glock' sieben; verdammt seien Eure Augen, haltet sie offen – könnt Ihr nicht?«

Nach dieser höflichen Ermahnung an den Mann am Steuerruder setzte sich Swinburne wieder nieder, und fuhr in seiner Erzählung fort:

»Während dieser ganzen Zeit, Herr Simpel, hatten wir auf dem ›Kapitän‹ noch nicht eine Kanone abgebrannt, aber wir fuhren so schnell als wir nur konnten dahin, wo der Feind in einem Haufen beisammen lag. Schiffe waren genug da, um sich eins auszuwählen, und Nelson sah sich auch scharf nach einem recht großen um, wie es die kleinen Jungens machen, wenn sie sich einen Apfel aussuchen sollen; und bei dem Pfeifer, der vor Moses herspielte! es war ein großes, an dessen Seite er dem Schiffsmeister befahl, anzulegen. Es war ein Vierdecker, Santissima Trinidad genannt. Wir mußten an 'n paar Brummern vorbei, die jeden vernünftigen Mann hätten zufrieden stellen können, denn da waren der San Josef, der Salvador del Mondo und der San Nicolas; aber dem Nelson stand kein anderes als das vierdeckige Schiff an. So segelten wir an den Klüsen von etwa sechs derselben vorbei, und sobald wir uns dem Vierdecker gegenüber befanden, wurden auf das Kommando »Feuer« alle Kanonen mit einemmale abgebrannt, klapps in das Schiff hinein, und der alte ›Kapitän‹ schwankte beim Losgehen wie ein Betrunkener hin und her. Ich wünschte nur, Sie hätten mit angesehen, wie wir dieser heiligen Dreieinigkeit zusetzten; sie war durchlöchert Ein Wortspiel mit holy, das »heilig« und »durchlöchert« bedeutet. genug, ehe wir mit ihr zu thun hatten, und jetzt war sie ganz wie ein Sieb, mehrere ihrer Stückpforten zu einem großen Loche geschossen, und jeder ihrer Rinnen triefte von Blut und Wasser. Sie hielt uns übrigens Stand ›mit eherner Stirn‹, erwiderte uns beinahe Schuß für Schuß, und richtete eine schöne Verheerung unter unserer Schiffsmannschaft an. Manche von dem alten ›Kapitän‹ gingen bei dieser Gelegenheit in ein besseres Jenseits ein, und noch mehrere derselben wurden genötigt, dem Greenwich-Hospital zuzusteuern.

»›Feuert zu, meine Burschen – sicher gezielt!‹ schrie Nelson, ›springen Sie hinab, Herr Thomas, und geben Sie Befehl, die Patronen zu schwächen, denn die Kugeln gehen durch und durch. Doppelte Kanonenschüsse hinten und vornen.‹

»So waren wir etwa eine halbe Stunde an ihr, als unsere Kanonen vom raschen Feuern so heiß wurden, daß sie bis an die Balken aufsprangen, ihre Ringbolzen zerrissen und die Hosungen abbrachen, als ob es Taugarne wären. Nun waren aber auch wir so ganz ohne Takelung, als hätten wir uns zwei Tage im Hafen von Portsmouth befunden, um die Schiffsmannschaft abzulöhnen. Jetzt kam uns der Vierdecker vor, und Troubridge in dem muntern alten Culloden legte sich zwischen uns und zwei andere spanische Schiffe, deren Geschütz gegen uns spielte. Der war so frisch wie eine Feldblume, und gab ihnen eine Ladung, die sie ganz in Erstaunen setzte; sie schüttelten ihre Ohren und fielen zurück; da faßte sie der Blenheim fest, und bläute sie so durch, daß sie wieder zurückkehrten. Doch sie kamen aus dem Regen in die Traufe, denn der Orion, Prinz Georg und noch ein paar andere Schiffe eilten nun auch herbei und schossen auf sie hinein, daß ihnen sozusagen die Eingeweide heraus hingen. Ich will verdammt sein, wenn die den vierzehnten April vergessen, und 's geschah ihnen ganz recht. Konnte ein Vierdecker einem Zweidecker nicht genug zu schaffen machen, daß noch mehrere auf uns losgehen mußten, und konnten die Lumpenkerls sich uns nicht gegenüber stellen wie Gentlemen? So hatten wir also, Herr Simpel, ein paar Minuten Zeit, Atem zu schöpfen, die Kanonen abkühlen zu lassen, die Beschädigungen auszubessern und das Blut von den Verdecken zu schwabbern; aber wir verloren unsern Vierdecker und konnten ihm nicht wieder beikommen.«

»Welche sonderbare Namen geben doch die Spanier ihren Schiffen, Swinburne.«

»Freilich, es möchte fast gottlos erscheinen, die heilige Dreifaltigkeit so zu bearbeiten wie wir es thaten. Aber wie sie einen Vierdecker ›Dreifaltigkeit‹ nennen mögen, vermag ich nicht zu erklären. Bill Saunders sagte, das vierte Verdeck sei für den Papst, der ein ebenso großes Wesen sei wie die drei anderen; aber ich kann das nicht begreifen wie das sein kann.

»Sehen Sie, Herr Simpel, ich war damals oberster Signalmann, saß auf dem Hüttendeck, und diente nicht bei den Kanonen. Ich sollte alles berichten, was ich nur sehen konnte; dies war jedoch nicht viel, weil der Rauch so dicht war; bisweilen konnte ich einen Blick hindurchwerfen, wie durch eine durchlöcherte Decke. Freilich mußte ich meine Augen so viel als möglich auf den Admiral richten, nicht um seine Signale zu erkennen, denn Kommodore Nelson würde mir dafür schlecht gedankt haben; auch wußte ich schon, daß er die Signale nicht ausstehen konnte, so nahm ich auch keine Notiz von dem Flaggentuch, sondern gab nur sorgfältig darauf acht, was der Admiral treibe. Jetzt will ich Ihnen auch erzählen, was ich von den übrigen Schiffen der Flotte während der Zeit sah, da wir die erlittenen Beschädigungen ausbesserten. Sobald der alte Jarvis dem spanischen Admiral seine gehörige Portion gegeben hatte, holte er seinen Wind auf dem Backbordgang, und segelte, indem ihm vier oder fünf Schiffe folgten, an die spanische Linie hin, wo Kollingwood mit dem Excellent zu ihm stieß. Dann durchbrachen sie mit einander die Linie; der Excellent fuhr voran und nahm zuerst dem Salvador del Mondo, den Heiligenschein; dann überließ er ihn anderen Schiffen und griff einen Zweidecker an, der seine Flagge strich, dessen Namen ich übrigens vergessen habe. Sobald die Viktoria an die Seite des Salvador del Mondo kam, strich dieser seine Flaggen, und in der That, excellente Gründe hatte er dafür. Und jetzt, Herr Simpel, kommt auch der alte ›Kapitän‹ wieder ins Spiel. Nachdem wir von dem Vierdecker getrennt waren, hatten wir ein neues Gefecht mit dem San Nicolas, einem spanischen Achtziger. Und während wir hart mit demselben daran waren, kam der alte Kollingwood mit dem Excellent herbei. Der San Nicolas, der wohl wußte, daß des Excellent Ladung ihn zum Teufel schicken würde, änderte das Steuerruder, um die Bestreichung zu vermeiden: hierbei stieß er auf den San Josef, einen spanischen Dreidecker, und wir, auf unserem Schiffe, das ganz zerschossen war und nicht mehr geleitet werden konnte, schwankten unter einander hin und her wie Betrunkene. – Nelson befahl Steuerbord zu halten, und in einem Augenblicke waren wir gegenseitig ganz zusammengequetscht, liefen einander vor die Kanonenmündungen, zerschmetterten unsere Kettenplanken und bohrten unsere Raaen einer in des anderen Segel.

»›Alle Mannschaft zum Entern!‹ schrie Nelson, sprang an die Hängematten und schwang seinen Degen.

»›Hurrah, Hurrah!‹ erscholl es durch die Verdecke, und hinauf flogen unsere Leute, wie die erzürnten Bienen aus ihrem Stocke. In einem Augenblicke waren Picken, Tomahawks, Haudegen und Pistolen ergriffen (denn es kam ganz unerwartet, Herr Simpel), unsere Leute stürzten auf das Achtzigkanonenschiff ein, und in ein paar Minuten waren die Verdecke ganz ausgefegt und die Dons alle in dem unteren Raum eingesperrt. Ich schloß mich den Enterern an und war auf dem Hauptverdeck, als Kapitän Miller dahin kam und schrie: ›Wieder auf's Verdeck, sogleich.‹ Wir stürzten dahin, und wozu glauben Sie wohl, Herr Simpel? Nun ja, um zum zweitenmal zu entern; denn sobald Nelson den Zweidecker genommen hatte, schwor er, daß er auch den Dreidecker haben müsse. Also wir darauf los, kletterten, so gut wir konnten, an den hohen Seitenwänden hinauf und fielen auf die Verdecke ein wie Hagelkörner. Dann drängten wir zum Hinterdecke vor, stießen jeden spanischen Schlucker, der sich wehren wollte, nieder, und nach fünf Minuten hatten wir zwei der besten Schiffe der spanischen Flotte zum Streichen der Flagge genötigt. Wenn das nicht hieß, den Dons den Glanz nehmen, so möchte ich wissen, was man dann so nennen könnte. Und schrie nicht die Mannschaft vom alten ›Kapitän‹ laute Hurrahs und drückten sie sich nicht gegenseitig die Hände, als Kommodore Nelson auf dem Verdeck des San Josef stand und die Degen der spanischen Offiziere empfing! Es waren Degen genug da, um den Kapstan rings zu umstellen, es waren ihrer sogar übrig. – Nun, Herr Simpel, was denken Sie von einem solchen Gefecht?«

»Da kann ich nur sagen, Swinburne, daß ich wünschte, dabei gewesen zu sein.«

»Das that jedermann auf der Flotte, Herr Simpel, kann ich Ihnen wohl versichern.«

»Aber was ward aus der Santissima Trinidad?«

»Auf mein Wort, um ein ganzes Verdeck schlug sie sich besser als alle die übrigen. Sie strich erst, nachdem sie sich lange gegen vier unserer Schiffe gehalten hatte, die Flagge, und da war es keine Schande mehr für sie in anbetracht der köstlichen Schläge, die sie schon empfangen. Doch kam nun die Leedivision der spanischen Wasserflotte, wenn ich sie so heißen darf, aus elf Linienschiffen bestehend, zu ihrem Beistande herbei und umgab sie, so daß sie fortgebracht werden konnte. Da unsere Schiffe zu sehr zerschossen waren, um eine neue Schlacht beginnen zu können, so gab der Admiral das Signal, die Prisen in Sicherheit zu bringen. Jetzt that die spanische Flotte, was sie schon vorher hätte thun sollen: sie formierte eine Linie; und wir verloren keine Zeit, dasselbe zu thun: gefochten aber hatten wir beide lange genug.«

»Sind Sie übrigens der Ansicht, Swinburne, daß die Spanier sich gut schlugen?«

»Sie würden sich noch besser geschlagen haben, wenn sie es nur besser verstanden hätten. Es fehlt den Dons nicht an Mut, Herr Simpel, aber sie unterstützen sich gegenseitig nicht gehörig. Nehmen Sie jetzt nur 'mal an, wie Troubridge uns unterstützte. Bei Gott, Herr Simpel, das war der rechte Kamerad! und Nelson wußte dies wohl. Er war Nelsons rechte Hand; aber Sie wissen ja, für zwei Nelsons war nicht Platz. Diejenigen ihrer Schiffe, die zum Gefecht kamen, hielten sich gut, das muß man ihm lassen; aber warum waren sie nicht alle am gehörigen Platze? Wenn sie geschlossene Linie gehalten und sich alle so mutig gewehrt hätten, als gerade die, welche genommen wurden, so wäre es für fünfzehn Schiffe keine Kleinigkeit gewesen, über sechsundzwanzig den Sieg davonzutragen. Denn das ist eine große Überlegenheit, selbst wenn englische Matrosen den Kampf bestehen.«

»Ganz richtig, aber auf welche Weise trennten sich die Flotten?«

»Am nächsten Morgen hatten die Spanier den Vorteil des Windes und somit die Wahl, ob sie das Gefecht erneuern wollten oder nicht. Einmal schienen sie auch das erstere halb im Sinne zu haben, denn sie steuerten auf uns zu; sogleich holten wir unseren Wind, um ihnen zu zeigen, daß wir zum Kampfe ganz gerüstet seien; dann besannen sie sich eines Besseren und kehrten wieder um. Auf diese Art nun, da sie nicht fechten wollten, und wir nicht zu fechten wünschten, trennten wir uns in der Nacht, und zwei Tage später ankerten wir mit unseren vier Prisen in der Lagos Bay. Da haben Sie nun die ganze Geschichte, Herr Simpel, und ich hab' mich dabei völlig heiser gesprochen. Haben Sie nicht vielleicht noch einen Tropfen von dem Steifen übrig, um mir die Gurgel zu spülen? Es würde in der That ein wahres Werk der Barmherzigkeit sein.«

»Ich denke wohl, Swinburne, und da Sie es verdienen, so will ich hinabgehen und Ihnen den Steifen holen.«

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