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VIII.

Sie segelten den langen Christianiafjord hinauf und landeten zeitig am Nachmittag in der Bucht von Philippstad. Als sie durch die Stadt nach dem Hotel Royal auf dem Bahnhofsplatz gingen, wo Falk immer einzukehren pflegte, kam jemand hinter ihnen her. Er erreichte sie, ging an ihnen vorbei, musterte Ulla von allen Seiten und ging endlich auf sie zu.

»Ja, das ist wirklich Ulla Rosenhane. Das ist ja lustig.«

»Lewi!« rief Ulla, ließ Falks Arm los, ergriff beide Hände des Fremden und schüttelte sie herzlich, während sie vor Freude über diese Begegnung rot wurde und lachte. »Ich sah in den Zeitungen, daß Du bei der Eröffnung der Kunstausstellung hier warst – dachte aber, Du würdest längst wieder abgereist sein. Sind auch noch welche von den anderen hier?«

»Ja, Nicke ist auch hier. Nein, höre, das ist wirklich nett von Dir, hierher zu kommen. Aber willst Du mich nicht Deinem Manne vorstellen, sonst denkt er am Ende gar, ich hätte keine Lebensart.«

»Das ist Lewison – oder Lewi, wie er für gewöhnlich genannt wird. Du hast es gewiß schon erraten, Rolf.«

»Nein, wie hübsch trifft sich das. Meine Frau hat oft von Ihnen erzählt. Sie waren ja dort in Rom ihr besonderer Freund.«

»Ach ja, zuweilen – zwischen durch aber versuchte sie mich mit kaltem Blute hinzumorden – langsam am Feuer zu braten – ja, es war für jeden von uns da unten eine wahre Erleichterung, als wir hörten, daß Du Dich verheiratet hättest, versichere ich Dir. Sie richtete so viel Verwirrung an,« sagte er und schüttelte sein großes Haupt, während ein sanftes, zärtliches, etwas schlaffes Lächeln seine Lippen umspielte.

»Kümmere Dich nicht um alle die Dummheiten, die er schwatzt,« sagte Ulla ganz aufgemuntert zu Falk.

»Du kannst Dich jetzt schon ein bißchen ordentlich betragen, Lewi,« fuhr sie scherzend fort. »Denke daran, daß mein Mann nicht an den Ton gewöhnt ist, den ihr da unten anzuschlagen liebt. Er ist ein ›anständiger‹ Mann, mußt Du wissen.«

»Nein, was Du sagst – Du hast Dich mit einem anständigen Mann verheiratet. Das hätte ich nie von Dir geglaubt, Ullachen. Nun, wir haben ja auch gehört wie es zuging,« fuhr Lewi fort, während er ihnen in das Hotel folgte und sich gleich in den einzigen bequemen Stuhl niederwarf, der im Zimmer stand, seine dicken Beine weit ausstreckte und in halb liegender Stellung sitzen blieb.

Ulla öffnete den Koffer, der schon vor ihnen angekommen war, kramte ihre Sachen aus und gab Falk die seinen zum Ordnen, während sie dem Geplauder des Malers zuhörte.

»Nun, wie ging es denn zu? Es wird ja amüsant zu hören, was bis zu euch gedrungen ist.«

»Er nahm Dich, setzte Dich in ein Boot und fuhr mit Dir hinaus auf das atlantische Meer. Da erhob sich ein furchtbarer Sturm, und als ihr so weit draußen wart, daß man nirgends mehr Land sehen konnte, sagte er: ›Entweder bist Du mein oder Du siehst das Land nicht wieder.‹ Und da natürlich – denn feig war unser Ullachen immer …«

»Ach, Du solltest Dich schämen,« sagte sie und kniff ihn in die Schulter, während sie an ihm vorbei nach dem Bureaukasten ging.

Er schrie auf. »Au – sie hat ihre Kunstgriffe nicht vergessen – dasselbe Kneipen wie früher. Nein, einen solchen infernalischen Griff wie sie in ihren schmalen Fingerspitzen hat! Kneipt sie oft?« fragte er Falk in sanftem, untergebenem Ton.

»Sitz hier nicht so im Wege, Mensch!« sagte Ulla, die kaum vorbei kommen konnte und ihn auf die Seite zu schieben suchte, ohne daß er sich von der Stelle rührte.

Das reizte Falk, der sich längst über die übermütige Vertraulichkeit des andern seiner Frau gegenüber geärgert hatte und nun froh war, eine Veranlassung zum Auffahren zu haben.

»Können Sie nicht etwas auf die Seite rücken, wenn Sie sehen, daß Sie im Wege sind!« sagte er.

Lewison schlug seine müden, sanften, braunen Sammetaugen mit schmerzlichem Ausdruck zu ihm auf, erhob sich darauf mit dem Ausdruck komischer Resignation, schob seinen Stuhl in eine entfernte Ecke und ließ sich wieder darauf nieder.

»Man kann auf Lewi nicht böse sein,« sagte Ulla zu Falk. »Etwas unerzogen ist er allerdings, aber so sind die meisten Farbenkleckser. Du mußt wissen, Lewi, daß mein Mann eine ritterliche Natur ist. Freilich weißt Du gar nicht, was das ist.«

»Ritterlich,« rief Lewi mit einem Seufzer aus und blickte gen Himmel. »Das muß sehr anstrengend sein.«

»Uebrigens hättest Du dabei sein sollen,« fuhr er fort, »als uns die Nachricht da unten in Rom erreichte – daß er Dich auf eine so pfiffige Weise gewonnen hatte – mit Sturm, wie man zu sagen pflegt – ja, dabei ist nichts zu witzeln. Ein entsetztes Schweigen entstand unter uns – wir waren gerade alle in unserem Klub versammelt – endlich erhob der kleine Nicke seine Stimme und sagte: ›Ja, wenn man doch darauf verfallen wäre – in einem Boot hätte man sie haben sollen‹ – und dabei schnalzte er mit der Zunge und kaute, wie er es ja immer macht, Du weißt doch, er hat ja auch deshalb den Spitznamen ›der Wiederkäuer‹ bekommen.«

»Ich finde nicht, daß die Aeußerung besonders witzig war,« sagte Falk, während er sich mit einem Lineal, das er zu fassen gekriegt hatte, an das Bein schlug.

»Sei nicht philisterhaft, Vater,« sagte Ulla mit so gut nachgemachtem nordischem Accent, daß Lewi in Lachen ausbrach. Sie nahm Falk das Lineal ab und küßte ihn.

»O,« stöhnte der Maler und machte Miene, aufzustehen. »Ich dachte, die Flitterwochen wären längst vorüber.«

»Das kommt daher, daß Du Dich nicht auf die Liebe und dergleichen verstehst,« erklärte Ulla, die eine solche Freiheit und Frische in ihrem ganzen Wesen bekommen hatte, daß es Falk neu und befremdend erschien. »Und mir ging es nicht besser, als ich noch mit Dir zusammen war. Aber Du kannst mir's glauben, ich habe seitdem viel gelernt.«

»Ja, es scheint mir so. Du bist drei Zoll dicker in der Taille geworden und sprichst mit so norwegischem Accent – sonst bist Du im Aeußeren noch ziemlich dieselbe. Nein, wie lustig ist das doch!«

»Lustig? Was denn?«

»Daß Du verheiratet bist.«

»Ich muß jetzt in die Stadt,« unterbrach Falk das Gespräch. »Du bleibst vielleicht lieber hier und unterhältst Dich mit Deinem Freund, bis ich wieder komme,« wandte er sich an Ulla.

»Ja, wenn der einmal einen solchen Stuhl hat, dann bring' ich ihn den halben Tag nicht wieder in die Höhe,« erwiderte sie.

»Nein – wir wollen in die Ausstellung. Aber Dein Mann verachtet wohl dergleichen?«

»Ich halte sehr viel von der Kunst,« sagte Falk. »Dann treffen wir uns in der Ausstellung, Ulla.«

Sein Ton klang etwas streng. Ulla reichte ihm die Hand. »Gib mir einen Kuß, ehe Du gehst,« sagte sie.

Sie wollte nicht, daß die Wiederaufnahme alter Beziehungen störend in ihr gegenseitiges Verhältnis eingriff und fürchtete außerdem, Lewison könnte eine falsche Auffassung ihres Verhältnisses zu einander bekommen.

Aber Falk küßte ihr ganz kalt und konventionell die Hand, verbeugte sich vor Lewison und sagte im Weggehen: »Auf Wiedersehen!«

»Hör 'mal, sag mir eines aufrichtig,« sagte der Maler, der ihm mit aufmerksamen Blicken gefolgt war. »Dein Mann ist ja ein verteufelt hübscher Kerl. Etwas so Prächtiges wie die Haltung dieses Kopfes und die Form dieser Schultern habe ich nicht oft gesehen – er paßte herrlich zum Modell eines zürnenden Asathor, wenn er die Augen so zusammenzieht – das war es also?«

»Das? Was?«

»So langsam geht es jetzt mit dem Fassungsvermögen – das, was Dich packte, natürlich? Denn etwas blau warst Du ja immer – das heißt blaustrumpfig meine ich nicht – nein, die blaue Blume der Romantik, Du weißt schon,« sagte er und machte eine Bewegung mit der umgekehrten Hand – »stieg Dir ihr Duft zu Kopf?«

»Ja, ich habe immer alles geliebt, was schön war, darin hast Du recht. Ich bin keine solche Verehrerin des Häßlichen und Trivialen wie ihr anderen. Aber es war viel mehr als sein Aeußeres, was mich anzog.«

»Geistreich? Wie?« fragte Lewison und legte behaglich seine Beine in eine andere Stellung, während er eine Cigarre herauszog und sie anzündete.

Ulla warf den Kopf zurück an die Sofalehne und faltete ihre Hände im Nacken zusammen.

»Es ist gräßlich, wie das schaukelt,« sagte sie.

»Was zum Teufel schaukelt denn?«

»Weißt Du, alter Junge, es ist beinah erfrischend, alle Deine häßlichen Worte wieder zu hören,« rief sie aus, beugte sich vor über die Seitenlehne des Sofas und gab ihm die Hand. »Kannst Du nicht begreifen, daß es schaukelt, wenn man mehrere Tage und Nächte in einem Segelboot zugebracht hat?«

»Seid ihr hierher gesegelt? Nein, ist das wirklich wahr? Ach so, er setzt seine Taktik fort – er setzt Dich ins Boot, wenn Du zu ungeberdig wirst. Aber warum kneipst Du ihn dann nicht?« fragte er in seinem sanftesten Ton.

»Du fragst, was es war, was mich an ihn fesselte,« nahm sie, ernst geworden, das Gespräch wieder auf und machte ihre Hand los, während sie sich gerade setzte. »Das will ich Dir gern sagen. Nein, geistreich ist er nicht. Er ist eine reiche Natur, sowohl klar wie phantasievoll, in der Beziehung fehlt ihm absolut nichts – im Gegenteil – als Redner ist er sogar hervorragend. Aber er hat keine tiefere Originalität – das heißt, originell ist er schon, sehr sogar seiner Natur nach, aber nicht eigentlich in seiner Intelligenz – aber er hat etwas, das ich noch hoher schätze als Genie, er ist ein Charakter.«

Lewi zog die Augenbrauen in die Höhe und machte eine abweisende Bewegung mit den Händen.

»Ein Charakter! Soll das heißen ein moralischer Mensch – einer mit Prinzipien – ein sogenannter edler Mann?« fragte er mit erschrockenem Gesicht.

»Ja, das klingt banal, aber ich kann mir nicht helfen – ein edler Mann, gerade das ist er. Höre, Lewi, aufrichtig gesagt, Du bist ja ein wirklich geistreicher – in allen Recensionen heißt es wenigstens so – Du wirst ja immer ›der geistreiche Maler‹ genannt, seit dem Du über das ›vielversprechende‹ und ›talentvolle‹ Stadium hinaus bist. Kannst Du Dir aber vorstellen, unter uns gesagt, daß ich mich je in Dich hätte verlieben können?«

»Hm – wie Asathor sehe ich allerdings nicht aus.«

»Aber auch abgesehen davon? Denn Du siehst gar nicht übel aus, obgleich Du eine kleine klumpige Figur hast. Dein Gesicht ist sogar schön – besonders die Augen – und es gibt viele, die sich in Dich verlieben. Ich aber – von der Du sagst, daß ich etwas blau wäre, wenn ich mich einmal wirklich verlieben sollte, konnte es nur in einen solchen Mann wie Rolf Falk sein. Ihr Künstler – ihr Genies – wie kleinlich seid ihr nicht alle zusammen – aufrichtig gesagt, Lewi – neidisch – ja, entsetzlich neidisch. Du bist noch lange nicht einer der Schlimmsten, aber das kommt nur daher, weil Du eben so großen Erfolg in den letzten Jahren gehabt hast. Und wie nervös seid ihr nicht alle! Wie eine arme Frau auf den Fußspitzen um euch her, wie die Katze um den heißen Brei gehen muß, wenn ihr geruht, schlechte Laune zu haben, weil euer letztes Bild nicht nach Gebühr gewürdigt worden ist. Und wie seid ihr von euch selbst erfüllt! Ja, gewiß, habt ihr vielleicht andere Interessen? Kümmert ihr euch um Politik, um soziale Fragen? Kümmert ihr euch darum, daß die Menschen um euch her unglücklich sind, wollt ihr etwas zur Verbesserung ihres Loses thun? Für euch besteht die Menschheit nur aus zwei Kategorien, aus Künstlern und Kunstliebhabern – ach ja, auch noch aus Modellen – Aber was kümmern euch alle anderen? Das möchte ich doch wissen, die ich so viele Jahre unter euch gelebt habe. Ihr seid angenehme Freunde im Verkehr – ich habe ein reizendes Leben unter euch gehabt – aber einen von euch zu lieben – nicht nur vorübergehend, das war schon möglich – nein, tief und unwiderruflich –«

Lewison pustete und zog mit beiden Händen an seinem gestärkten Kragen, als ob er darin ersticken müßte.

»Was sind denn das für merkwürdige Eigenschaften, die er – Asathor –« er schlug mit der Hand aus und sank in seinen Stuhl zurück mit einer komischen Geberde der Ermattung.

»Das sind viele,« sagte Ulla, ohne sich irre machen zu lassen. »Wenn es nicht gar zu altmodisch wäre, würde ich sagen, er ist ein Mann, und das ist keiner von euch. Ja, Du brauchst Dich nicht so anzustrengen und mit den Armen herum zu fuchteln, ich weiß es schon, daß das banal ist; ich werde Dir aber gleich erklären, wie ich es meine. Wenn ich sage, daß er ein Mann ist, so meine ich damit, daß er alle die Eigenschaften hat, die man sich gewöhnt hat, als spezifisch männliche anzusehen, obgleich keine einzige darunter ist, die ich nicht auch einer Frau wünschte. Außerdem hat er aber auch noch verschiedene, die man sich gewöhnt hat, als spezifisch weibliche anzusehen.«

»Warum sagst Du dann nicht lieber gleich, daß er eine Frau ist?« fragte Lewi mit seiner matten Stimme und fuhr fort, an seinem steifen Kragen herum zu zerren.

»Deine Witzeleien kümmern mich nicht im geringsten,« sagte Ulla, sprang auf und stellte sich gerade vor ihm hin, die Hände hinter sich auf die Sofalehne stützend, halb daran zurück gelehnt. »Du sollst und mußt es hören. Und Du sollst den anderen sagen, daß sie ihre Spöttereien künftig bleiben lassen sollen über das, was sie meinen Abfall oder sonst wie nennen, denn es ist Ernst. In erster Linie ist er selbstlos – ich fange mit seinen weiblichen Eigenschaften an – er kann sich völlig aufopfern und nicht nur für die, welche er liebt – auch für andere. Welches Leben führt er nicht, vergessen in einem Winkel, er, der jeden Augenblick die beste Carrière machen könnte, wenn er nur wollte. Du kannst es mir glauben, Norwegen hat nicht viele solche Männer, wie er einer ist, und er hat schon mehr als einmal glänzende Anerbietungen gehabt, wenn er nur in das politische Leben eintreten wollte. Aber er hat seine Lebensaufgabe, der ihn niemand abwendig machen kann, und die so unbemerkt und wenig beachtet wie nur möglich ist.«

»Bauernköpfen Vernunft einzubläuen?« sagte Lewi fragend.

»Ja – ich möchte einen von euch sehen, der im stande wäre, seine ganze Zeit einer Arbeit zu widmen, die niemals Ehre oder irgend welche Auszeichnung bringen kann.«

»Aber sie bezahlen ihn wohl gut, die Bauernbursche?«

»Für seine Arbeit – nein, durchaus nicht. Der ganze Unterricht ist frei. Und dieser glühende Enthusiasmus, mit dem er die Sache treibt – wie selten ist der in unserer Zeit. Er hat eine Seele, die beständig lodert – entweder vor Freude über das, was er schön und gut findet, oder vor Empörung über das, was er für schlecht hält. Ich bin nicht so – ganz und gar nicht – aber es hat etwas Erfrischendes und Stärkendes mit einem solchen Mann zusammen zu leben – er ist wie ein frischer Seewind.«

»Ja, der Sturm scheint jetzt Deine Spezialität geworden zu sein.«

»Und wie gut und hingebend ist er …«

»Da wäre ich auch dabei,« warf Lewi mit einem hinschmelzenden Blick ein, erhob sich halb und ergriff ihre Hand.

»Ich meine nicht sowohl mir gegenüber,« fuhr sie fort, »sondern gegen alle …«

»Ach so – auf die Art. Das muß aber doch ungemütlich sein.«

»Gegen alle, die unglücklich sind oder der Hilfe bedürfen.«

Es wurde an die Thüre geklopft und herein trat ein blonder, verwachsener, kleiner Mann, den Ulla mit einem Ausruf begrüßte.

»Nicke – Du auch! Wie hast Du mich denn schon gefunden?«

»Das Gerücht ging,« antwortete er trocken, und mit komisch wütendem Blick sich zu Lewi wendend; »Konnte ich mir's doch denken, daß der schon auf Deinem besten Stuhl fest sitzen würde.«

»Puh!« sagte Lewi. »Du machst Dir keine Vorstellung – halb tot hat sie mich schon gemacht. Denke Dir, ich habe hier stundenlang sitzen müssen, ohne überhaupt Mensch sein zu können, ohne ein vernünftiges Wort von ihr zu hören.«

»Gepredigt?« fragte der andere.

»Ja, über alle guten Eigenschaften ihres Mannes. Sie ist rein verrückt auf ihn, rein verrückt.«

Er erhob sich langsam und gemächlich, zog seine Weste herunter, die sich in die Höhe geschoben hatte, und sagte, sie wollten nun in die Ausstellung gehen.

»Aber höre,« unterbrach er sich sanft und sah sie mit dem guten, zärtlichen Blick an, der ihm eigen war. »Ich habe Dir ja noch gar nicht zu Deiner Verheiratung gratulirt. Das möchte ich doch gerne thun. Darf ich Dich küssen?«

»Sei so gut,« erwiderte sie und reichte ihm ihre Hand hin.

»Nein, pfui, das ist altmodisch,« rief er und schob sie beiseite. »Das ist Schauspielerei. Nein, ich will Dich französisch küssen.«

Er legte seine Hand leicht auf die Schulter und küßte sie ganz brüderlich auf beide Wangen.

»Für mich war es ein wirklicher Schlag, daß Du verschwandest,« sagte er sanft und traurig. »Ich habe seitdem nichts Ordentliches gemacht.«

»Nichts! Deine Gemälde hier auf der Ausstellung?«

»Ja, sie denken, es wäre gut, weil sie sich nicht darauf verstehen. Aber unter uns ist es nur Unsinn. Du wirst ja selbst sehen. Laß uns nun gehen.«

»Ich kann doch nicht in meinem Bootskostüm gehen,« wandte sie ein. »Wartet unten auf mich, ich komme gleich nach.«



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