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XVI.

Die Vergnügungsreisenden am Theetisch fingen an, über Falks und Ullas Ausbleiben unruhig zu werden. Man ging hinaus, um sie zu suchen, in der Meinung, sie könnten sich auf dem Rückweg vom Aussichtsberge verirrt haben, oder Falks Bein möchte so schlimm geworden sein, daß er nicht weiter gehen könnte. Nur Eglantine schlug den Weg hinab nach der Brücke ein.

Ihre Ahnung hatte sie nicht betrogen. Das Boot war fort. Sie stieß einen Schrei aus, der die andern herbei lockte.

Sie waren fortgesegelt. Trotz des Sturmes! Und so spät am Abend. Und ohne es jemand zu sagen.

»Nun, das konnte man nur von Falk und Ulla erwarten,« sagte Nelly. »Eine neue Heldenthat! Nach Utschär zurück kommen und erzählen können, daß kein anderer außer ihm das gewagt hätte. Und Fräulein Rosenhane ist immer dabei, wenn es gilt, etwas Ungewöhnliches und Aufsehen Erweckendes zu unternehmen.«

»Nun verstehe ich auch, warum es Herrn Falk so darum zu thun war, seinen Speisevorrat für sich zu haben,« sagte Eveline. »Er hatte ganz gewiß schon bei der Abfahrt an so etwas gedacht.«

Ein neuer Ausruf Eglantinens, die sich bückte, um etwas von der Brücke aufzuheben.

Es war ihre Reisetasche und ihr Plaid, die mit Ullas Sachen im Boot geblieben waren und die Falk auf die Brücke heraus geworfen hatte, als er das Seil losmachte.

Da wußte Eglantine, daß sie nicht nach Utschär zurück segelten, aber sie äußerte gegen niemand etwas von dem, was sie dachte. Doch kam die Nacht kein Schlummer in ihre Augen. Sie saß in ihrem Schaukelstuhl in der kleinen Wohnstube des Lotsen, in der sie nun allein war und schaukelte ruhelos auf und nieder. Kleine rote Flecke brannten auf ihren Wangen und ihre Augen glänzten fieberhaft.

Das also war es, was ihre Ahnung bedeutet hatte. Sie sollte ihn auf noch grausamere Art als durch den Tod des Ertrinkens verlieren.

Erst gegen Morgen verstummte die unruhige Bewegung des Schaukelstuhls, welche die anderen im Nebenzimmer am Schlafen verhindert hatte. Sie glaubten, Eglantine sei endlich eingeschlafen. Sie aber lag auf den Knieen am Sofa und betete unter strömenden Thränen – betete für Falks und Ullas irdisches Glück. Sie hatte sich zur Ergebung durchgerungen und überließ ihn Ulla ohne Bitterkeit – für dieses Leben! Sie wußte ja doch, daß ihr das bessere Los beschieden war, sie wußte, daß sie die ihm wirklich bestimmte Frau war, und daß sie in einer andern Welt vereinigt werden würden, wo nichts sie wieder trennen konnte.



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