Hermann Kurz
Der Sonnenwirt
Hermann Kurz

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»Ich will's selber sagen«, nahm der Gefangene das Wort. »Ich hab ja gleich mit rausrücken wollen, sobald ich meinen Vetter gesehen hab. Also, wie sich's um das Strafgeld für meine Christine gehandelt hat, und der Herr Amtmann hat mir die Höll heiß gemacht und all die Unehr und Schmach fürgestellt, die über sie hätt ergehen sollen, da hab ich nicht gewußt, wo hinaus und wo hinein, und weil der Herr Amtmann mit dem Geld sehr pressiert hat, so bin ich noch in der nämlichen Nacht gen Hattenhofen gesprungen und hab bei meinem Vetter da einen Besuch gemacht.«

»Und ist der Vetter bei dem Besuch auch selbst zugegen gewesen?« fragte der Amtmann, immer aufmerksamer werdend, den Vetter von Hattenhofen.

»Neinle, neinle, Herr Amtmann, ich bin nicht dabeigewesen«, antwortete dieser mit seinem verlegenen Lächeln.

»Das ist aber ein Galgenvogel!« schrie der Richter auf. »Also noch so ein Stück! Wenn man dem die Schublad aufmacht, so springen lauter Einbrüch raus!«

»Still!« befahl der Amtmann. »Kann Er behaupten, daß Sein Vetter Ihn eingeladen oder aufgenommen habe, und was hat Er bei Nacht in dem fremden Haus getan?«

»Es ist mir kein fremdes Haus gewesen, Herr Amtmann«, sagte der Gefangene, »und wenn mich auch mein Vetter selbigsmal nicht hat einladen können, weil er just zu der Zeit geschlafen hat, so hab ich doch von früher gewußt, daß er sein Haus nicht vor mir verschließt.«

»Ja, freile, freile!« sagte der Mann von Hattenhofen eifrig bekräftigend, »mir ist ja die »Sonne« auch nicht verschlossen, und ein Ehr ist der andern wert.«

»Und was hat Er in dem Haus getan?« wiederholte der Amtmann.

»Die Straf für meine Christine geholt, wie ich ja schon von Anfang an hab sagen wollen!« antwortete der Gefangene etwas gereizt.

»Also hat er Ihm Geld genommen?« fragte der Amtmann den Mann vom Lande.

»Beileib net, Herr Amtmann, b'hüt uns Gott!« sagte dieser, »bloß e bissele Zwetschgen und e bissele Trilch und e bissele Garn und e bissele Flachs, und aber über alles das hat er mir eine Quittung geben.«

»Hat Er die Quittung da?«

»Ha freile, Herr Amtmann«, rief der Nichtkläger, dem die Freude, sein Anliegen so geschickt anbringen zu können, aus den Augen blinzelte, und reichte die Quittung mit weit vorgebeugtem Leib und ausgestrecktem Arm dem Amtmann hin.

»Hat Er die Quittung in jener Nacht zurückgelassen?« fragte der Amtmann den Gefangenen.

»Nein, Herr Amtmann, damals hat mir's zu arg pressiert. Ich hab dann gleich den Tag darauf das Sach verhandelt und das Geld meiner Christine gebracht, damit's mit der Straf in Richtigkeit kommen soll. In etlichen Tagen hernach bin ich aber wieder hinaus und bin meinem Vetter abermals ins Haus kommen und hab ihm die Quittung ehrlich und redlich auf den Tisch gelegt, er kann's selber nicht anders sagen. Und wiewohl ich rechtschaffen Hunger gehabt hab, so hab ich doch für mich nichts angerührt.«

»Ja, der Frieder ist recht, das muß man ihm lassen«, sagte der Vetter unter fortwährendem leisem Gelächter der beiden Gerichtsbeisitzer. »Ich wär auch zufrieden gewesen mit der Quittung, denn sein Wort ist mir so lieb wie bar Geld, trag ihm auch gar nichts nach, und aber nur, weil ich gestern nacht gehört hab, daß er in Ungelegenheit kommen sei, so hab ich gemeint, ich müss doch sehen, daß ich wieder zu mei'm Sächle komm, eh jemand anders die Hand drauf deckt.«

Der Amtmann selbst konnte das Lachen kaum verbeißen. »Hat Er denn nach dem ersten Besuch Sein Haus nicht besser verwahrt, daß Ihm der ungeladene Gast noch einmal hat hineinkommen können?« fragte er.

»Freile«, antwortete der Vetter vom Lande. »Aber wo der 'nein will, da hilft kein Verwahren nichts. Dem ist nichts zu hoch und nichts zu tief, er kommt ebenhin.«

»Ein schönes Prädikat«, bemerkte der Amtmann. Drauf fragte er beide, ob sie mit der Quittung und der darin enthaltenen Schätzung der auf so ungewöhnliche Weise entlehnten Gegenstände einverstanden seien. Friedrich erwiderte, er habe mehr angesetzt, als er bei dem Verkaufe, mit dem es geeilt, erlöst habe. Auch der Vetter ließ sich die Preise sehr gerne gefallen und erklärte: »Wenn mir's der Frieder abkauft hätt, ich hätt's ihm grad so geben. Wir sind ja immer ein Kuch und ein Muß gewesen, gelt du, Friederle?«

»Es will mir auch so vorkommen«, sagte der Amtmann mit einer gewissen Strenge. »Er sucht mir da Seinem Konsorten behilflich zu sein und dem Streich den Nimbus eines freiwilligen Anlehens zu geben. Weiß Er, daß ich Ihn beim Essen behalten und etwan in puncto stellionatus prozessieren könnte?«

Der Mann von Hattenhofen erschrak ins Herz hinein; er glaubte, seine Sache unübertrefflich gut gemacht zu haben, und sah sich jetzt dennoch in der Gefahr, von einem der vielen Rädchen der Justizmaschine, dem er vielleicht zu nahe gekommen, erfaßt zu werden. Doch nahm er sich zusammen und erwiderte: »Wenn's der Herr Amtmann nicht ungütig nehmen will, mein Herz weiß nichts davon, und ich versteh auch kein Wörtle, warum ich gestraft werden soll.«

»Dafür«, sagte der Amtmann, »daß Er Schleichereien macht und die Leute, ja selbst die Obrigkeit irreführen hilft.«

»Mit Verlaub, Herr Amtmann«, hob der vormundschaftliche Gerichtsbeisitzer an, der einen Stein im Brett zu haben glaubte, während der Beamte ihm vielmehr die Zurücksendung seiner Geldsorten nachtragen mochte. »Wenn man fragen darf, woher hat denn das Ding seinen Namen? Das Wort lautet so gar kurios und kommt einem oft so vor. Ich hab schon etlichemal fragen wollen.«

Der Amtmann wurde etwas rot. »Ich kann's Ihm schwarz auf weiß zeigen, wenn Er zweifelt«, sagte er und ging brummend nach einem Aktenständer, auf welchem mehrere seinen Inzipienten gehörige Bücher aufgestellt waren.

»Ich hab ja kein Zweifel, gewiß nicht!« rief der Gerichtsbeisitzer. »Ich glaub ja alles aufs Wort, wie mir's der Herr Amtmann sagt.«

Dieser aber, dem mit solcher Bereitwilligkeit im vorliegenden Falle nicht sehr gedient sein mochte, zog ein Buch heraus und blätterte schnell darin. »Bestie!« fluchte er halblaut, da er das Gewünschte nicht fand, stieß das Buch wieder hinein, riß ein dickeres heraus, schlug es auf, zeigte mit dem Finger auf die Stelle und sagte beruhigt: »Da steht's, da kann Er selber sehen! Stellio, eine Art Eidechse, welches ein sehr listiges und ränkevolles Tier, daher stellionatus, das Verbrechen, wo einer ränkevoll handelt, sonderlich mit Schleiereien in Geldsachen, und das Verbrechen doch keinen Namen hat, daher extra ordinem und secundum arbitrium zu bestrafen ist. Da übrigens Inquisit geständig ist«, wandte er sich an den bange harrenden Vetter, »und da Er mehr eine Art Gerechtmacherei als einen eigentlichen Vorteil bezweckt hat, so will ich nicht den strengsten Maßstab anlegen, sondern die Sache für diesesmal hingehen lassen! Merk Er sich's aber für die Zukunft, damit Er gewitzigt ist.«

Der Amtmann, dem eine stille Ahnung sagen mochte, daß er mit seiner Gesetzesanwendung denn doch bei den eigentlichen Juristen durchfallen könnte, protokollierte nun ein langes und ein breites, ließ dann den von Hattenhofen unterschreiben und schickte ihn fort. Da dieser aus Respekt das Türschloß nicht in die Klinke fallen zu lassen wagte, so hörte man, wie er draußen im Weggehen leise vor sich hin pfiff. Denn dies ist die Art des Landbewohners: wenn er zu einer Verhandlung mit Herren oder sonst zu einem wichtigen Handel kommt, so räuspert er sich, als ob er einen Stein vom Herzen weghusten müßte, und wenn er fortgeht, so pfeift oder summt er bald mehr, bald minder zufrieden, entweder weil es nach seinem oft sehr schlauen Kopfe gegangen ist oder weil er denkt, es habe doch wenigstens den Kopf nicht gekostet und hätte ja noch schlimmer gehen können, als es gegangen sei.

»Wir kommen nun auf das vorige Kapitel zurück«, begann der Amtmann wieder. »Er ist also geständig, außer dem hier verhandelten, bei Seinem Vater einen Diebstahl, den er auf zweiundzwanzig Gulden anschlägt, begangen zu haben?«

»Herr Amtmann«, sagte der Gefangene, »ich kann mir's nicht gefallen lassen, daß man das einen Diebstahl heißt. Ich bin in meinem Eigenen gewesen und hab ja meinem Vater gleich angeboten, daß ich's ihm aus meinem Mütterlichen wieder ersetzen will.«

»Davon nachher«, erwiderte der Amtmann. »Wer sind Seine Helfershelfer gewesen, und wo hat er das Geld hingebracht?«

»Ich hab die Frucht ganz allein auf meines Vaters Bühne geholt, es ist kein Mensch mit mir droben gewesen«, antwortete der Gefangene, den Sinn der Frage durch den Wortlaut seiner Aussage umgehend.

»Man hat Verdacht, daß Seine Person und einer ihrer Brüder Ihm dabei behilflich gewesen sein werden«, inquirierte der Amtmann.

Friedrich wiederholte seine Versicherung und erbot sich, einen Eid zu schwören, daß keines von den beiden auf seines Vaters Speicher gekommen sei. Der Amtmann belehrte ihn, daß ein Angeklagter nicht zum Eide zugelassen werden könne, und hielt ihm dann jenen bei dem Müller begangenen Bienendiebstahl vor, dessen sich der eine seiner angeblichen Schwäger mehr als verdächtig gemacht habe; es sei beinahe so gut wie erwiesen, daß er selbst bei jenem Vergehen mit im Komplott gewesen sei, und man müsse jenen mit allzu großer Nachsicht beiseite gesetzten Fall jetzt hervorziehen, weil er auch auf den neueren Vorgang ein Licht zu werfen scheine. Friedrich war nicht wenig froh, den Verdacht von seinem Lieblingsschwager auf dessen für die Familie unbedeutenderen Bruder abgelenkt zu sehen, beteuerte jedoch, er habe demselben an dem Abend, an welchem er den Diebstahl begangen zu haben beschuldigt sei, unwissentlich und zufällig auf der Brücke gepfiffen und sich lediglich hierdurch verdächtig gemacht. Der Amtmann setzte ihm scharf mit Kreuz-und-quer-Fragen zu, brachte aber nichts aus ihm heraus, was einen Anhalt zum Einschreiten gegen seinen Mitbeschuldigten darbieten konnte. Ebensowenig war ihm über das aus der Frucht erlöste Geld ein Geständnis abzupressen. Da er weder den dritten Genossen verraten noch sich einer Hilfe, die seinem Mädchen in der Not zustatten kommen konnte, entschlagen wollte, so blieb er beharrlich dabei, er habe das Geld vollständig ausgegeben, und sein Vater solle es eben an seinem eigenen Vermögen abziehen.

»Wie hat Er das Geld verwendet?« fragte der Amtmann, immer schärfer in ihn dringend.

»Ich hab's vertan«, antwortete er, um der Untersuchung jeden Weg abzuschneiden.

»Wie hat Er's vertan?« rief der Amtmann wild.

»Versoffen!« antwortete er trotzig.

»Du Hallunk!« schrie sein Vormund, während der Amtmann erschöpft in den Sessel zurücksank.

Der Amtmann war im ganzen nicht unzufrieden mit dem Ergebnis der Untersuchung, das ihm ziemlich ausgiebig erschien. Er hielt, nachdem er etwas Atem geschöpft hatte, dem Gefangenen nochmals seine Hauptvergehen vor und ging schließlich in den Ton der Rüge und Ermahnung über. »Hat Er denn ganz vergessen«, rief er, »was ich Ihm damals so eindringlich gesagt habe, als Er das erstemal auf seinen bösen Wegen betreten wurde, und was ich Ihm dann wieder gepredigt habe, als Er von Seiner ersten Strafe zurückkam?«

»Nein, Herr Amtmann, ich weiß es noch«, antwortete der Gefangene, »Sie haben gesagt, das Zuchthaus sei eine Schule des Lasters, und ich solle mich wohl in Obacht nehmen, daß ich nicht wieder hineinkomme.«

»Und was hat Er von sich selbst denken müssen, daß Er doch wieder hineingekommen ist, und was muß Er heute von sich denken, daß Er abermals, und zwar tertia vice bei solcher Jugend, reif dafür geworden ist?«

»Ich hab gedacht und denk, für einen jungen Menschen, an dem noch nicht alles verloren sein kann, sei es doch hart, wenn er in die Schule des Lasters getan wird, wie Sie's ja selber nennen.«

»So?« rief der Amtmann zornig, »wenn Ihm das Zuchthaus nicht gut genug ist, so kann man ihn ja für Seine Mord- und Diebstaten auf die Schandbühne und von da auf die Galeere bringen, vermittelst des Vertrags, den Gnädigste Herrschaft mit der Republik Venedig geschlossen hat!«

Den Gefangenen überlief es, daß seine Kette klirrte. »Ich muß freilich ausessen, was man mir kochen will«, sagte er, »ich bin ja schon mehr dabeigewesen und weiß jetzt, wie man's macht, aber ich hab weder eine Mordtat noch einen Diebstahl begangen.«

»Diebstahl mit nächtlichem Einbruch!« rief der Amtmann, mit der Spitze des Fingers auf das Protokoll klopfend.

»Da drinnen steht's vielleicht so«, entgegnete Friedrich, »aber in meinem Herzen heißt's anders, wenn ich Weib und Kind mit dem, was mir mein Vater schon als Vater schuldig wär, vom Hungertod erretten muß.«

Der Amtmann milderte seinen Ton etwas. »Wenn Er mit dieser Auslegung durchzudringen hofft, so gratulier ich Ihm dazu«, sagte er. »Bei Gericht aber nimmt man die Dinge nicht nach der Auslegung, sondern wie sie sind. Angenommen, es habe einer einen Prozeß mit einem andern, und es sei auch das Recht ganz auf seiner Seite, so darf er darum doch nicht in seiner eigenen Sache den Exekutor machen oder den Erretter, wie Er's heißt, und sich selbst am Hab und Gut des andern regressieren.«

»Dawider will ich nicht streiten, Herr Amtmann«, erwiderte Friedrich, »'s hat alles Händ und Füß, was Sie sagen. Aber, nicht wahr, wenn ich meinen Vater bei Ihnen verklagt hätt, daß er meiner Christine nichts zu ihrem Unterhalt gibt, so hätt sie lang verhungern können, bis ich hätt Recht bei Ihnen gefunden.«

»Halt Er Sein Maul, Er ewiger Rechthaber!« schrie der Amtmann entrüstet. »Er steht als Angeklagter hier und nicht als Advokat!«

Er griff wieder zu der Feder und schrieb eifrig und zornig fort. Friedrich sah ihm eine Weile zu. »Ich seh wohl, was Sie schreiben«, sagte er dann: »Unerachtet seiner äußersten Bosheit will er immer noch recht haben.«

Der Amtmann fuhr zurück, daß ein Teil der Akten zu Boden fiel. »Ist der Kerl vom Teufel besessen?« murmelte er vor sich hin. Die Gerichtsbeisitzer sahen ihn erschrocken an. Friedrich lächelte: »Ich kann mir's nämlich denken«, fügte er hinzu, da er die Worte von der Kirchenkonventsverhandlung her im Gedächtnis behalten hatte.

»Heb Er mir die Akten auf«, befahl der Amtmann dem einen Gerichtsbeisitzer. »Den Schützen!« rief er dem anderen zu. – »Er führt den Arrestanten vorläufig in sein Loch zurück und holt mir den Johannes Müller!« wies er den eintretenden Schützen an. – »Wo der Teufel nicht hinkommt, schickt er die Obrigkeit«, murrte der Gefangene halblaut, während er abgeführt wurde. – »Wird gleichfalls zu Protokoll genommen!« rief der Amtmann ihm nach.

Das auf Grund der Akten von dem Vogt zu Göppingen eingeleitete Verfahren war bald abgetan und endigte damit, daß eine eingeholte hochfürstliche Resolution dem jugendlichen Übertreter der Gesetze wegen seiner verschiedenen Verbrechen – puncto diversorum criminum, hieß es in der amtlichen Anzeige – eine anderthalbjährige Zuchthausstrafe gnädigst zuerkannte, wobei er allerdings die Wahl hatte, ob er sich unter dem Zentnergewicht der Anschuldigungen für die gnädige Strafe bedanken oder in dieser eine Verurteilung der Anklage erblicken wollte. Zugleich mit ihm wurde der ältere Bruder Christinens nach dem Zuchthause gebracht, bei welchem der halberwiesene Verdacht des Bienendiebstahls und der unerwiesene Verdacht der Teilnahme an dem Fruchtdiebstahl zu einer Strafe von einigen Wochen hingereicht hatte.

Als sie in Ludwigsburg einzogen und sich dem Zuchthause näherten, fanden sie den Weg durch eine große Menschenmenge gesperrt. Ein Leichenzug kam daher, umgeben von zahlreichen Zuschauern und Zuschauerinnen, die beinahe mehr Trauer als Neugierde blicken ließen. Hinter dem Sarge ging zunächst eine Schar von Waisenkindern in ihrer grauen Tracht; ihnen folgte eine lange Begleitung von Männern, geistliche und weltliche Beamte an ihrer Spitze; nach einem größeren Zwischenraume kam ein Zug Strafgefangener in der Zuchthauskleidung, von Aufsehern bewacht. Alle hatten die Haltung von Leidtragenden, und selbst in den Reihen dieser vom Leben halb ausgestoßenen Männer sah man nasse Augen.

»Wen begräbt man hier?« fragte der Führer der beiden einzuliefernden Sträflinge eine sich herzudrängende Frau.

»Den alten Waisenpfarrer«, war die Antwort.

Friedrich drückte die Hände gegen die Brust. So manch Mal, wenn es ihm in der Welt weh und bange war, hatte er sich nach dieser Heimat, die man in der Welt eine Schule des Lasters nannte, zurückgesehnt, und nun war der gute Geist, der darin wartete, auf immer dahin. Die Welt schien ihm ausgestorben. Er kehrte sich ab und weinte bitterlich. Niemand sah diesen Schmerz, welchen er bei seinem Einzug in das Zuchthaus, obgleich ihn der Gedanke an sein Weib und sein Kind beinahe zu Boden drückte, hinter einer dumpfen Gleichgültigkeit verbarg.


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