Jean Paul
Auswahl aus des Teufels Papieren
Jean Paul

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III.

Warum ich kein Jesuit geworden

Kein Mensch weis warum ich vor etlichen Tagen gar ein Jesuit werden wollte? freilich wurd' ich nach einigen Minuten leicht wieder anders Sinnes; allein ich hatte doch einen gewaltigen Kampf, und ihn hier in lauter Metaphern abzuschildern ist wol meine Pflicht. Ich sas nämlich vorgestern auf meinem Reitstul und bewegte mich und meine Hypochondrie darauf nach Gefallen, ohne einen schlimmen Gedanken zu haben: als sich auf einmal ein heftiger Religionskrieg zwischen meinen Leidenschaften und meiner Vernunft entspann der vielleicht viele Augenblicke währte und erst nach Einer Minute ausgieng. Die Leidenschaften verlangten, ich sollte ein Jesuit werden, die Vernunft fragte, wienach sie so etwas zugeben könnte. Die ganze stehende Armee meiner Neigungen wurde gehend und faßte die Waffen. Der Körper war der Waffenträger derselben – überhaupt ist mein Körper in allen Stücken ein schlimmer Geselle: meine Seele nahm ihn zwar zum Gesellschaftskavalier und zum Zizesbeo an, er sollte oft ihr bester Repräsentant und gar ihr curator absentis sein, da sie nicht immer bei sich ist; allein es ist auffallend, wie ers meistens treibt und ich will hiemit den Leser besonders angesprochen haben, daß er ihm, sollt' er auf ihn treffen, es mag sein wo es will, in meinem Namen einen tapfern Stos versetze. – Die Wollust kam, damit ich ein Jesuit würde, mit scharfem Untergewehr, wiewol auch der Körper sich im Hintertreffen mit einer alten Streitkolbe und einem langen Streitflegel sehen lies. Der Zorn verlies sich ganz auf das Feuergewehr, der Stolz schoß aus einer erträglichen Windbüchse. Der Teufel hielt es für nichts anders als für seine Schuldigkeit, den Büchsenspanner und Stückgiesser bei den Leidenschaften abzugeben. Der Aberglaube war bekanntlich auch da, und drohte mit einer harten Eselskinbakke vom alten Simson. Auf der feindlichen Seite war ich und meine Vernunft. Da ich eigentlich die bewafnete Neutralität vorstellte: so konnt ich die Potentaten mit Nutzen nachahmen und unter dem Dekmantel der Neutralität mich ganz für Eine Parthei erklären. Die Vernunft saß, wenn man mir glauben darf, auf dem Wagen der Psyche wie auf einem Streitwagen; die streitende Kirche versagte ihr (und mich dünkt, ganz natürlich) das Reichskontingent nicht. An den vier Kardinaltugenden hatte sie eine Quadrupelalliance, die den Jesuiten mehr Schaden brachte als die sieben Todsünden Nutzen. Antonin und Rousseau waren die Gewehr- und Munizionslivranten und blieben doch dabei (man wird es nicht glauben wollen) ganz ehrliche Leute. Seneka stand nicht weit davon, aber im Grunde mehr zum Spaße, er lies eine elektrische Batterie auf die Leidenschaften spielen und trug einen angenehmen Sommerdegen. Er sagte, seine Sache wär' es allemal gewesen, der Vernunft die passauische Kunst beizubringen und sie ganz fest zu machen. Die Vernunft hielt kurz vor der Schlacht eine auswendig gelernte Rede an alle meine Vorsätze (denn die besten Feldherrn im Livius tadeln solche gute Reden nicht) und bewies ihnen auf iede Art, es wäre ihr Nutzen, wenn sie sich gut hielten. Allein es half nicht das mindeste; der Phalanx der Leidenschaften übermannte uns alle durch eine fatale Verstärkung aus einem Hinterhalte, wo ganze Ameisenhaufen dunkler Ideen seit vielen Jahren gestanden waren, und meine besten Grundsätze kamen in Gefangenschaft. Zum Glück rückten Biester und Nikolai ohne Furcht vor meinen Leidenschaften an. Ohne sie wären nicht einmal Friedensunterhandlungen auf das Tapet gekommen, noch weniger ein ewiger Friede zwischen meiner Vernunft und meinen Leidenschaften abgeschlossen worden. Zu meiner Sicherheit halt' ich das Friedensinstrument in Händen und will mich damit decken, wenn man wiederum zu mir sagte, ich müste nothwendig ein Jesuit werden.

Es ist schlecht, daß die Menschen ihre Kriegsexpedizionen dieser Art selten öffentlich bekannt machen, und ich bin der erste.


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