Victor Hugo
Victor Hugo's sämmtliche poetische Werke. Zweiter Band
Victor Hugo

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XXXVI.

Traum.

Lo giorno se n'andava, e l'aer bruno
Toglieva gli animai che sono 'n terra
Dalle fatiche loro.

Dante.

Laßt mich allein! – Es ist die stille Dämmerstunde,
Wo Duft den Horizont umhüllt im Hintergrunde,
Die Zeit, wo purpurroth der Stern des Tages flieht,
Und nur das gelbe Laub vergoldet noch die Wände
Des Bergs, die Zeit, wo schon der Herbst sich neigt zum Ende
Und Sonn' und Regen wie mit Rost den Wald umzieht.

Indeß am Fenster hier mich Träume hold umflüstern,
Und schon den Corridor die Schatten tief verdüstern,
Mag eine Maurenstadt erstehn, die glänzt und gleißt
Im Grunde dort und spielt in zauberhaften Farben,
Die, der Rakete gleich, aussprühend Feuergarben,
Mit Thürmen, golden, spitz, das Nebelmeer zerreißt.

Durchhauchen mag ihr Glanz mein Lied mit sanftem Feuer,
Wie sich der Himmel hüllt im Herbst in lichte Schleier,
Und Wohlklang leih' er ihm und süßen Hauch und Takt,
Und lange, wenn im Thal verstummt des Tages Stimmen,
Mit Feenschlössern mag die Zauberstadt noch glimmen,
Am blauen Horizont, mit Thürmen, goldgezackt.

September, 1828.


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