Anastasius Grün
Gedichte
Anastasius Grün

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Vogel und Wanderer.

        Bas' und Vetter tafeln im Frein
Unterm Lindenbaum;
Sitzt auch ein singendes Vögelein
In dem schattigen Raum.

Und es meinen zu verstehn
Solches Wort die zwei:
»Wie ist Gottes Welt so schön,
Schön und groß und frei!«

Vettern griff des Vogels Sang
Tief wohl in die Brust,
Daß vom Rasensitz er sprang
Voll von Wanderlust!

»Bäschen, meinen Stab hervor!
Schnell mein Bündel geschnallt!
Häng mir um mein Kugelrohr
Gegen die Bären im Wald!

Meinen Sonntagsstaat umschling'
Einer Bluse Flor,
Draus entpuppt der Schmetterling
Fliegt verjüngt hervor!

Tubus, komm, mir doppelt nütz,
Fernen ziehst du heran;
Räuber, dich haltend für Geschütz,
Hältst du fern im Bann!

Bäschen, Pfeif' und Knaster auch!
Wenn zu klar die Luft,
Hüll' ich die Landschaft leis in Rauch,
Da ich sie lieb' im Duft.

Einen Blitzableiter mir pflanz'
Auf den Regenschirm,
Daß ich so gesichert ganz,
Ob es regn' oder stürm'!

Flaschenkeller, Triumph und Sieg
Menschlichen Geistes du!
Daß noch Haus und Hof ich trüg',
Schnecken gleich, dazu!

Lebe wohl, und das Weinen laß!
Ziehn jetzt kann ich getrost!
Wenn ich etwa vergessen was,
Sende mir's nach per Post.«

Als der Vetter so zum Gehn
Sich hat angeschickt,
Da begab sich's, daß das Gehn
Ihm gar nicht mehr glückt.

Vöglein von dem Baum entweicht,
Singt ins Blau hinein:
»Federleicht, ja federleicht
Muß der Wandrer sein!«


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